Verelendungstheorie – die hilflose Kapitalismuskritik
Verelendungstheorie – die hilflose Kapitalismuskritik
Verelendungstheorie – die hilflose Kapitalismuskritik
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
keit behinderte, ausgeschaltet und ein revolutionärer Aufschwung ohnegleichen müßte eintreten.<br />
So kam denn auch <strong>die</strong> Kommunistische Internationale noch im April 1933, also nach der Macht-<br />
ergreifung durch <strong>die</strong> NSDAP, zu einer von der <strong>Verelendungstheorie</strong> her gesehen ganz folgerich-<br />
tigen Einschätzung, <strong>die</strong> aber von der wirklichen Entwicklung der Verhältnisse im damaligen<br />
Deutschland kaum weiter entfernt hätten sein können:<br />
»Die augenblickliche Stille nach dem Siege des Faschismus ist nur eine vorübergehende Erschei-<br />
nung. (Der Rest des Absatzes ist im original hervorgehoben, W. W.) Der revolutionäre Auf-<br />
schwung in Deutschland wird trotz des faschistischen Terrors unvermeidlich ansteigen. Die Ab-<br />
wehr der Massen gegen den Faschismus wird zwangsläufig zunehmen. Die Errichtung der offe-<br />
nen faschistischen Diktatur, <strong>die</strong> alle demokratischen Illusionen in den Massen zunichte macht<br />
und <strong>die</strong> Massen aus dem Einfluß der Sozialdemokratie befreit, beschleunigt das Tempo der Ent-<br />
wicklung Deutschlands zur proletarischen Revolution.« 55<br />
Diese skandalöse Blindheit gegen <strong>die</strong> wirklichen Verhältnisse, in der Hitler zum Helfershelfer der<br />
Revolution dadurch wird, daß er <strong>die</strong> sozialdemokratische Führung zerschlägt, <strong>die</strong>se Ungeheuer-<br />
lichkeit wurde zwar durch das unbefragbare Dogma der <strong>Verelendungstheorie</strong> mit möglich ge-<br />
macht, denn es ließ <strong>die</strong> Sozialdemokratie als Hauptgegner erscheinen und lenkte <strong>die</strong> Aufmerk-<br />
samkeit von der faschistischen Bedrohung ab. Aber aus der <strong>Verelendungstheorie</strong> konnte keines-<br />
wegs gefolgert werden, daß es keinen wesentlichen Unterschied mehr gebe zwischen Faschisten,<br />
bürgerlichen Konservativen, bürgerlichen Demokraten und Sozialdemokraten. Das Leugnen <strong>die</strong>-<br />
ses Unterschiedes, das alle nicht-kommunistischen Parteien zu Spielarten des Faschismus erklär-<br />
te, <strong>die</strong>se Theorie der bürgerlichen Gesellschaft war der entscheidende Grund für <strong>die</strong> selbstmörde-<br />
rische Strategie der KPD: In den bereits oben zitierten Anweisungen des 11. Plenums des ECCI<br />
an <strong>die</strong> Sektionen der Komintern vom April 1931 wird <strong>die</strong>se Theorie ausführlich dargestellt. Die<br />
zentrale Stelle lautet:<br />
»Die Sozialdemokratie, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> Konstruierung eines Gegensatzes zwischen der �demokratischen� Form der<br />
Diktatur der Bourgeoisie und dem Faschismus <strong>die</strong> Wachsamkeit der Massen im Kampfe gegen <strong>die</strong> heraufziehende<br />
politische Reaktion und gegen den Faschismus einschläfert und <strong>die</strong> das konterrevolutionäre Wesen der bürgerlichen<br />
Demokratie als einer Form der Diktatur der Bourgeoisie verhüllt, ist der aktivste Faktor und Schrittmacher der Fa-<br />
schisierung des kapitalistischen Staates.<br />
Der erfolgreiche Kampf gegen den Faschismus fordert [ ... ] eine rasche und entschiedene Ausrichtung der Fehler,<br />
<strong>die</strong> in der Hauptsache auf <strong>die</strong> liberale Konstruierung eines Gegensatzes zwischen Faschismus und der bürgerlichen<br />
Demokratie, sowie zwischen den parlamentarischen Formen<br />
55 Die Lage in Deutschland - Resolution des Präsidiums des EKKI. zum Referat des Genossen Heckert - Angenom-<br />
men am 1. April 1933, in: Rundschau über Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegung, Basel, 2. lg., Nr. 9, April 1933,<br />
S. 230.<br />
41