Verelendungstheorie – die hilflose Kapitalismuskritik
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tung gewann, als der Kapitalismus in den hochindustrialisierten Ländern -und insbesondere in<br />
dem für <strong>die</strong> DDR besonders wichtigen kapitalistischen Und, der BRD - in einer nie ,vorher er-<br />
reichten Konjunktur das Einkommen und den Lebensstandard auch der abhängig Beschäftigten<br />
deutlich steigerte. Um das verstehen zu können, ist es notwendig, <strong>die</strong> Entwicklung der Theorie-<br />
bildung über den westdeutschen Kapitalismus näher zu untersuchen.<br />
Die Dogmatisierung der <strong>Verelendungstheorie</strong> in der Zeit des Stalinismus<br />
Bis zum Tode Stalins gab es in der DDR kaum irgendwelche Stellungnahmen zur Entwicklung<br />
des Kapitalismus und zur Bewußtseinsentwicklung im Proletariat, <strong>die</strong> nicht mit der offiziellen<br />
stalinistischen Linie auf Punkt und Komma übereinstimmen. 70 Eine <strong>die</strong>ser Ausnahmen ist <strong>die</strong><br />
erste Auflage von Jürgen Kuczynskis Buch mit dem Titel >Die Theorie der Lage der ArbeiterDie Geschichte der Lage der Arbeiter unter dem Industriekapitalis-<br />
mus< 1948 herauskam. Im folgenden soll anhand der Reaktion auf <strong>die</strong>se Ausnahme und der da-<br />
rauf folgenden Veränderungen <strong>die</strong> stalinistische Konzeption der <strong>Verelendungstheorie</strong> exempla-<br />
risch herausgearbeitet werden:<br />
Das Fazit der 1. Auflage, <strong>die</strong> noch >ungereinigt< ist und nach kurzer Zeit durch <strong>die</strong> stalinisierte<br />
2. Auflage ersetzt wurde:<br />
»Aber wie auch <strong>die</strong> einzelnen Faktoren (<strong>die</strong> <strong>die</strong> Lage der Arbeiterklasse bestimmen, W. W.) sich bewegen: das Ge-<br />
samtresultat ist eine fortlaufende absolute Verelendung der Arbeiterklasse als Ganzes. Nur einzelne Schichten kön-<br />
nen <strong>die</strong>sem Schicksal für einige Zeit entgehen.« 71<br />
Wie schon David zu Zeiten der Weimarer Republik argumentierte dabei Kuczynski vor allem mit<br />
den Veränderungen im kapitalistischen Produktionsprozeß: steigende Intensität der Arbeit, <strong>die</strong><br />
durch <strong>die</strong> steigenden Reallöhne nicht mehr ausgeglichen werden können. Die häufigeren Unfälle,<br />
Krankheiten und Frühinvalidität wögen alle Einzelverbesserungen in<br />
70 Anfangs erschienen zu <strong>die</strong>ser Frage vor allem Cbersetzungen sowjetischer Arbeiten, <strong>die</strong> <strong>die</strong> offizielle Linie vorzeichne-<br />
ten. Ein besonders eindrückliches, weil in seinen statistischen Fälschungen besonders offensichtliches Beispiel aus der<br />
Vielzahl der Arbeiten kann stellvertretend zitiert werden:<br />
W. Tschermenski, Die Verelendung der Werktätigen in den kapitalistischen Ländern" in: Neue Zeit, Moskau 1950, Nr. 29,<br />
S. 6-11 und Nr. 33, S. 10-14. Er belegt <strong>die</strong> Verelendung durch Statistiken, <strong>die</strong> jeweils von 1929 bis 1939 und.1944 bis 1950<br />
reichen, also genau <strong>die</strong> Kriegskonjunktur, den Aufschwung bis 44 auslassen und so das ständige Sinken der Indexzahlen<br />
ermöglichen.<br />
71 Jürgen Kuczynski, Die Theorie der Lage der Arbeiter, Bd. VII von: Die Geschichte der Lage der Arbeiter unter dem In-<br />
dustriekapital, 1. Aufl., Berlin 1948, S. 288.<br />
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