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Rundbrief Nr. 75 - Albert-Schweitzer-Komitee eV Weimar-Startseite

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gesunden Knochen eingesetzt, geopfert und eingebüßt haben! Wenn einmal zugegeben<br />

wird, dass Menschen das Recht haben, ‚unproduktive’ Menschen zu töten<br />

– und wenn es zunächst auch nur arme, wehrlose Geisteskranke betrifft - ,<br />

dann ist grundsätzlich der Mord an allen ‚unproduktiven’ Menschen, also an den<br />

unheilbar Kranken, den Invaliden der Arbeit und des Krieges, dann ist der Mord<br />

an uns allen, wenn wir alt und altersschwach sind und damit ‚unproduktiv’ werden,<br />

freigegeben.“<br />

Aus zutiefst menschlichem und mitfühlendem Herzen kamen aber auch die<br />

Worte Helene Bresslaus, die sie als Krankenschwester in einem Brief an ihren<br />

späteren Ehemann <strong>Albert</strong> <strong>Schweitzer</strong> richtete und schrieb: „Manchmal kommen<br />

einem Gedanken, die man besser nicht denken sollte. Ich habe den Saal mit alten<br />

Frauen – den meisten von ihnen wünsche ich einen sanften Tod –, und ich<br />

finde es fast unmoralisch, ein Leben zu erhalten, das ihnen nur noch Leiden<br />

bringen kann.“<br />

Der Schriftsteller und Holocaust-Überlebende Ralph Giordano hat eingeräumt,<br />

dass seine Frau durch aktive Sterbehilfe zu Tode gekommen sei. Damit sei ihr<br />

„ein furchtbares Ende“ erspart geblieben. Fünf Jahre lang habe seine Frau gegen<br />

den Krebstod gekämpft. „Die Sache ist verjährt, und Namen werde ich<br />

nicht nennen“ sagte Giordano dem Magazin „Stern“. Gleichzeitig gratulierte er<br />

dem Hamburger Justizsenator Roger Kusch für dessen Mut, dieses „heiße<br />

Eisen“ anzufassen. Kusch hatte angeregt, den Paragraphen 216 des Strafgesetzbuches<br />

so zu ändern, dass Tötung auf Verlangen nicht mehr strafbar ist.<br />

Der besagte Paragraph 216 des Strafgesetzbuches lautet:<br />

„Tötung auf Verlangen.<br />

Ist jemand durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten zur<br />

Tötung bestimmt worden, so ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu<br />

fünf Jahren zu erkennen. Der Versuch ist strafbar.“<br />

Im Hinblick auf die Sterbehilfe unterscheidet man zwischen „aktiv“ und<br />

„passiv“.<br />

Bei der aktiven Sterbehilfe wird der Mensch durch die Behandlung eines Dritten<br />

getötet. Ist der Patient dazu in der Lage, kann er das entsprechende Mittel<br />

selbst einnehmen oder eingeben, welches ihm jener Dritte übergibt. Damit ist<br />

eindeutig gesichert, dass die Tötung selbst gewollt und nicht unter Zwang erfolgt<br />

ist. Die aktive Sterbehilfe ist zum Beispiel in den Niederlanden und in der<br />

Schweiz gestattet.<br />

In Deutschland erlaubt und unter Umständen geboten ist die aktive Tötung als<br />

so genannte indirekte Sterbehilfe. Sie liegt vor, wenn sicher oder nicht auszuschließen<br />

ist, dass die ärztlich gebotene schmerzlindernde oder das Bewusstsein<br />

dämpfende Medikation bei einem tödlich Kranken oder Sterbenden als<br />

unbeabsichtigte, aber unvermeidliche Nebenfolge den Tod beschleunigt.<br />

Zulässig ist in Deutschland die passive Sterbehilfe. Hierunter versteht man das<br />

Unterlassen einer Behandlung, wodurch das Weiterleben des Patienten verkürzt<br />

wird. Auf diese Weise kann bei einem tödlich Kranken die ärztliche Behandlung<br />

abgebrochen oder gar nicht erst begonnen werden.<br />

Umstritten ist dabei jedoch zum Beispiel, ob die Abschaltung eines Beatmungsgerätes<br />

bei einem Sterbenden als aktives Tun oder als Unterlassen angesehen<br />

wird.<br />

Deshalb schlug eine Expertenkommission eines deutschen Gesundheitsministeriums<br />

eine gesetzliche Ergänzung vor, die folgenden Wortlaut hat:<br />

„Nicht strafbar ist: 1.) Die Anwendung einer medizinisch angezeigten Leid mindernden<br />

Maßnahme, die das Leben als nicht beabsichtigte Nebenwirkung verkürzt.<br />

2.) Das Unterlassen oder Beenden einer lebenserhaltenden Maßnahme,<br />

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