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Rundbrief Nr. 75 - Albert-Schweitzer-Komitee eV Weimar-Startseite

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Aus der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen<br />

125 Jahre Förderschule „<strong>Albert</strong> <strong>Schweitzer</strong>“ in Halberstadt<br />

Grußwort von<br />

Prof. Dr. Hartmut Kegler<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren!<br />

Als ich diese denkwürdige, verdienstvolle und zu Recht angesehene Bildungseinrichtung,<br />

die seit fast einem halben Jahrhundert den ehrenvollen Namen „<strong>Albert</strong><br />

<strong>Schweitzer</strong>“ trägt, zum ersten Mal betrat, erschien es mir, als weilte ich in<br />

Lambarene. Es war der Geist des „Urwaldarztes“, der mich umgab: Das erste<br />

freundschaftliche und offenherzige Gespräch mit Pädagogen, die Fröhlichkeit<br />

und Höflichkeit der Schüler, die glückliche Vereinigung von Ausgelassenheit und<br />

Disziplin, von Freiheit und Verantwortung, der Wille, mit- und voneinander zu<br />

lernen. Da fielen mir auch Goethes Worte ein: „ … hier bin ich Mensch, hier darf<br />

ich’s sein!“<br />

Diese Schule erhielt vor 45 Jahren den Namen dessen, den man einst ein „Genie<br />

der Menschlichkeit“, aber auch „die bedeutendste Seele der Christenheit“<br />

genannt hat, was er für alle, die es mit der Bergpredigt ernst meinen, bis heute<br />

ist und in alle Zukunft bleiben wird. Schon früh ließ der erst sechsjährige <strong>Albert</strong><br />

erkennen, welch gütiges Herz in seinem Inneren schlägt. Beschloss er doch<br />

sein abendliches Gebet mit der Fürbitte: „Lieber Gott, schütze und segne alles,<br />

was Odem hat, und bewahre es vor allem Übel …“. Schon damals dachte er<br />

weiter als es üblich war: Nicht nur der Mensch, sondern alles Leben war und<br />

blieb ihm wert und heilig, auch die Vögel im Walde und die Blumen im Garten.<br />

Viele Jahre später, nachdem der bereits berühmte Hochschullehrer, Pfarrer und<br />

Orgelvirtuose alles aufgegeben hatte, um zu tun, was er zuvor gepredigt hatte,<br />

nämlich wahre Nächstenliebe zu üben, kam ihm an einem Septemberabend des<br />

Jahres 1915 auf dem Ogowefluss am Äquator – einer Offenbarung gleich – der<br />

Gedanke, der später um die Welt ging und Millionen Menschen zu humanistischem<br />

Handeln bewegte: Es war das Wort von der „Ehrfurcht vor dem Leben“.<br />

Ehrfurcht ist mehr als Achtung. Sie schließt Ergriffenheit und Demut ein. Sie<br />

bedeutet aber vor allem Verantwortung des Menschen gegenüber allem, was<br />

lebt. Deshalb betrachtete <strong>Schweitzer</strong> es als gut, Leben zu erhalten, zu fördern<br />

und auf seinen höchsten Wert zu bringen. Kein Zweifel: Was diese Schule auszeichnet<br />

und prägt, ist im <strong>Schweitzer</strong>schen Sinne gut, ist wahrhaft menschlich,<br />

ist gelehrter und praktizierter Humanismus. Schätzen wir es nicht gering und<br />

vor allem nicht als selbstverständlich, was in diesem Haus geschieht! Vielen<br />

Millionen Kindern unserer Erde wird das nicht zuteil, was Jungen und Mädchen<br />

hier geboten wird: Ihrem persönlichen Vermögen entsprechend zu lernen, Fürsorge<br />

zu erfahren, in Frieden aufwachsen zu dürfen und vor Gewalt beschützt<br />

zu sein.<br />

Mit der Ehrfurcht vor dem Leben wird den Schülern auch ein Ideal angeboten,<br />

dem zu folgen es sich lohnt. Und mit dem „Urwaldarzt“ wird ihnen jemand vorgestellt,<br />

der für sie ein Vorbild sein kann. Der junge Mensch braucht Vorbilder,<br />

die gütig und zugleich wahrhaftig, bei denen Wort und Tat nicht Gegensätze<br />

sind; die nicht den Mut verlieren, wenn es Schwierigkeiten gibt, die mit Enttäuschungen<br />

fertig werden und den Glauben an das Gute nicht verlieren. Ehrfurcht<br />

vor dem Leben bedeutet: Ich helfe dir, wenn du Hilfe brauchst; ich beschütze<br />

dich, wenn du in Gefahr bist; ich achte dich, ganz gleich, ob du weiße oder<br />

schwarze Haut hast, ob du gläubig oder nicht gläubig bist; Hauptsache, du bist<br />

menschlich!<br />

Ehrfurcht vor dem Leben heißt natürlich auch, dass ich kein Tier quäle oder ge­<br />

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