Rundbrief Nr. 75 - Albert-Schweitzer-Komitee eV Weimar-Startseite
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sichtlich eine übliche Aktion bei Telekom.<br />
Desweiteren wird notiert, man habe „für Tschechen Sachen hingestellt“, „Klamotten<br />
mit nach Rumänien gegeben“ oder „Spielsachen an das Kinderheim gegeben“.<br />
Gut, das ist schon etwas, denke ich, aber Dinge, die man nicht mehr<br />
braucht wegzugeben, ist nicht wirklich eine bemerkenswerte Sache. Ähnlich<br />
verhält es sich damit, dass bei Mc Donald’s oder Deichmann ein bisschen Wechselgeld<br />
„für arme Kinder gespendet“ wurde oder „Pennern eine Zigarette gegeben“<br />
wurde.<br />
Schon mit mehr Nachdenken und mehr Aufwand verbunden waren diese Aktivitäten:<br />
„Organisation eines Kuchenbasars“, „Spende für die Opfer einer Umweltkatastrophe<br />
in Südostasien“, „im Tierheim gearbeitet und mehrfach Futter<br />
gespendet“ oder sogar „unentgeltliches Arbeiten im Restaurant für<br />
Obdachlose“. Ohne Einzelheiten zu kennen, meine ich, dass keiner verallgemeinernd<br />
behaupten sollte, junge Leute seien nur auf das eigene Wohlergehen bedacht.<br />
Ein bisschen schmunzeln musste ich bei den Tierpatenschaften im Leipziger<br />
Zoo: „Patenschaft für ein Erdmännchen, nächstes Jahr Patenschaft für einen<br />
Pinguin“.<br />
Manche junge Leute – und das scheint mir besonders in <strong>Schweitzer</strong>s Sinne zu<br />
sein – denken gar nicht vordergründig an Geld- und Sachspenden, sondern daran,<br />
sich ihren Mitmenschen hinzuwenden. Ich lese: „der Oma helfen“ oder „Ich<br />
finde jedes Mal mein Lambarene, wenn ich jemandem eine Freude mache und<br />
die Person sich freut.“<br />
Soweit könnte man zufrieden sein – wenn die anderen Notizen nicht wären:<br />
„Bis jetzt ist noch nichts weiter geplant.“, „Ich habe noch nicht darüber nachgedacht.“<br />
(bei 5 von 21 Azubis!) oder sogar recht arrogant: „Ich denke darüber<br />
bei Gelegenheit nach.“<br />
Dass es nicht reicht, nur einmal über <strong>Albert</strong> <strong>Schweitzer</strong> und die seinem Leben<br />
zugrunde liegende Haltung zu reden, dass immer wieder Wertediskussionen nötig<br />
sind - das ist nicht nur die Erfahrung einer engagierten Ethiklehrerin, sondern<br />
das wird auch jeder Leser dieser Zeilen so empfinden. Gleichzeitig wird<br />
klar, dass diese Werteerziehung nicht allein Aufgabe der Schule sein kann, sondern<br />
dass jedes Elternhaus ebenso wie jede Freizeiteinrichtung dabei gefragt<br />
ist.<br />
Aber Petra Wunderlich verweist auch auf eine andere problematische Argumentation<br />
junger Leute: „Wenn ich genug Geld habe, werde ich auf jeden Fall für<br />
die Dritte Welt spenden.“ Humanitäre Hilfe ist für viele gleichbedeutend mit Hilfe<br />
für Afrika. Darüber, dass Armut und soziale Ungerechtigkeit aber gleich vor<br />
unserer Haustür anfangen, haben viele noch nicht nachgedacht. Und welche<br />
Rolle dabei die Medien spielen, wird deutlich, wenn ein Azubi als Hilfsmöglichkeit<br />
anführt: „Ein Kasten Bier = 1 Cent für den Regenwald“.<br />
In einer anderen Klasse, bei künftigen Werbekaufleuten, war die Spanne der<br />
Antworten sogar noch größer: Zwei von 17 ließen den ihnen ausgegebenen<br />
Zettel gleich ganz unbeschrieben, drei weitere schrieben „Ich habe keine Vorstellung!!!“,<br />
„Ich weiß es noch nicht.“ bzw. „Keine Ahnung, was in 10 Jahren ist<br />
...“. Bei soviel Planlosigkeit der eigenen Zukunft gegenüber ist wohl kein Kommentar<br />
nötig ...<br />
Auf mehreren weiteren Zetteln lesen wir, was man v i e l l e i c h t und<br />
s p ä t e r tun k ö n n t e: „Kindertagesstätte oder Kindergarten aufbauen“,<br />
„als Vorbild für meine Kinder agieren, sodass auch sie das Leben zu schätzen<br />
wissen“, „auf soziale Ungerechtigkeiten aufmerksam machen“, „eventuell beim<br />
THW“ oder „später mal als Fotograf die Probleme armer Länder der Welt zeigen“.<br />
Hier hat man wenigstens schon einmal nachgedacht. Und ganz real ist<br />
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