PR 46 PariserCommune
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den Produktionsmitteln,<br />
in der Herrschaft des Kollektivwillens<br />
der Werktätigen<br />
über den ganzen Sowjetmechanismus<br />
zum Ausdruck,<br />
keinesfalls aber in<br />
der Form der Verwaltung<br />
der einzelnen Wirtschaftsunternehmen.“Keineswegs<br />
ist das so. Die Rätedemokratie<br />
muss in eine<br />
zentralisierte proletarische<br />
Staatsmacht eingebettet<br />
sein, aber sie beginnt<br />
sehr wohl „unten“, in der<br />
Fabrik oder im Wohnviertel.<br />
Keinesfalls darf es so<br />
sein, dass der Proletarier<br />
sich „nach oben“ hin seine<br />
Räte wählt, aber „unten“,<br />
in seinem ureigensten Arbeits-<br />
und Lebensraum<br />
nichts mehr zu reden hat.<br />
Zur Commune: Trotzki kritisiert<br />
die Entscheidung, in<br />
Paris am 26.3.1871 Wahlen<br />
zur Commune abzuhalten<br />
und anschließend<br />
seitens der Nationalgarde<br />
die Macht an die Commune<br />
abzugeben, aber nicht<br />
unter dem taktischen Gesichtspunkt<br />
von Marx, dass<br />
man die Zeit in dieser Lage<br />
für etwas anderes besser<br />
verwenden und Versailles<br />
angreifen hätte sollen,<br />
sondern prinzipiell: „Nach<br />
Marx hätte ein reines<br />
Kampforgan, der Mittelpunkt<br />
des Aufstandes und<br />
der Kriegshandlungen gegen<br />
die Versailler, auf den<br />
ersten Platz treten müssen,<br />
nicht aber eine Organisation<br />
der Selbstverwaltung<br />
der Arbeiterdemokratie.<br />
Letztere sollte erst später<br />
an die Reihe kommen.“<br />
Es geht ihm also nicht um<br />
eine taktische Frage, sondern<br />
eher um eine prinzipielle.<br />
Das ist falsch. Natürlich<br />
musste in diesem<br />
Moment die militärische<br />
Führung jederzeit gewährleistet<br />
sein, natürlich stand<br />
zu einem bestimmten Zeitpunkt<br />
rein praktisch der<br />
militärische Kampf im Mittelpunkt,<br />
natürlich muss<br />
man nicht im feindlichen<br />
Gewehr- und Artilleriefeuer<br />
die Zeit (10 Tage vom 18.<br />
bis 28.3.!) mit Wahlen vergurken,<br />
natürlich war die<br />
sofortige Machtübergabe<br />
des ZK der Nationalgarde<br />
an die gewählte Commune<br />
eine falsche Entscheidung.<br />
Aber das war kein<br />
grundsätzlicher Fehler,<br />
sondern ein taktischer. Die<br />
Commune reduzierte sich<br />
ja nicht auf die „Kriegshandlungen“,<br />
sondern<br />
setzte auch eine Reihe von<br />
sozialen und politischen<br />
Maßnahmen, sie hatte sich<br />
um die Verbindungen zur<br />
Provinz zu kümmern, sie<br />
musste die Bauernfrage<br />
behandeln usw. Sie musste<br />
sich rasch ein rätedemokratisches<br />
Organ schaffen.<br />
Vielleicht war der Zeitpunkt<br />
der Wahlen nicht<br />
der Beste, vielleicht erfolgte<br />
die Übergabe des Oberkommandos<br />
von der Nationalgarde<br />
zur Commune<br />
zur Unzeit, sicher war die<br />
darauf folgende Parallelherrschaft<br />
(z.B. der nicht<br />
mit der Commune koordinierte<br />
Ausfallsversuch der<br />
Nationalgarde vom 3.4.)<br />
, die sich aus dem Zögern<br />
der Commune ergab, verhängnisvoll.<br />
Aber dass der<br />
Angriff auf die Versailler<br />
nicht erfolgte, lag nicht<br />
am „Demokratismus“ und<br />
an den Wahlen, sondern<br />
an der generellen politischen<br />
Unklarheit und Unsicherheit.<br />
Dieses Problem<br />
wäre auch dadurch nicht<br />
gelöst worden, dass das<br />
ZK der Nationalgarde die<br />
Macht nicht an die Com-<br />
mune übergeben hätte.<br />
Auch kann man nicht die<br />
Auffassung vertreten, dass<br />
- gegenüber den militärischen<br />
Strukturen - die Arbeiterdemokratie<br />
erst irgendwann<br />
in der Zukunft<br />
„später an die Reihe“<br />
käme.<br />
In den „Lehren der Commune“<br />
bringt Trotzki zum<br />
Ausdruck, dass die - seiner<br />
Meinung nach übertriebenen<br />
- rätedemokratischen<br />
Ambitionen der<br />
Commune nur Ausdruck<br />
von Passivität und Unentschlossenheit,<br />
eigentlich<br />
ein Zeichen der Schwäche<br />
waren. Überhaupt sei Demokratie<br />
nur ein Mittel<br />
zum Zweck und nur eins<br />
unter vielen Mitteln. Das<br />
stimmt, die proletarische<br />
Demokratie ist nur Mittel<br />
zum Zweck der sozialen<br />
Revolution, aber sie ist<br />
ein unabdingbares Mittel.<br />
Ohne sie geht’s nicht. Die<br />
Volksmassen müssen sich<br />
politisch organisieren und<br />
das geht eben nur in Form<br />
der proletarischen Demokratie.<br />
Alles andere führt<br />
rasch zur Bürokratisierung<br />
und zum „Embourgeoisement“<br />
der Gesellschaft.<br />
Trotzki sagt gegen Kautsky<br />
über Marx: „Nirgends<br />
und mit keinem einzigen<br />
Worte hebt er das Prinzip<br />
der Demokratie hervor<br />
als ein Prinzip, das über<br />
dem Klassenkampf steht.“<br />
Völlig richtig, aber ohne<br />
proletarische Demokratie<br />
kann die Arbeiterklasse<br />
ihre politische Macht<br />
nicht organisieren. Trotzki<br />
vermischt die formale<br />
bürgerliche Demokratie<br />
mit der revolutionären<br />
proletarischen Demokratie.<br />
Er spricht auch immer<br />
nur von „Demokratie“<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
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