PR 46 PariserCommune

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Pariser Commune 8 Die Ausgangslage der Kommune Der Aufstand vom 18. März ist spontan erfolgt; revolutionäre Organisationen sind darauf in keiner Weise vorbereitet; in der Arbeiterbewegung herrschen vielfältige grundverschiedene Anschauungen vor (Proudhon, Blanqui, Bakunin), die aber alle nicht wirklich auf die Aufgaben vorbereitet sind, vor denen die Arbeiter/innenklasse historisch nun steht. Die “Föderation der Internationale“ kann sich noch nicht entschließen, sich in die Ereignisse einzumischen. Das ZK der Nationalgarde, in seiner Zusammensetzung proletarisch und sozialistisch, will die Macht nicht bei sich behalten, sondern möglichst zügig über „Wahlen zur Kommune“ die Verantwortung, d.h. alle Macht abgeben an ein „wirklich demokratisches“ Organ, das die gesamte Bevölkerung repräsentieren soll. Nach den Wahlen übernimmt am 28.März 1871 der „Rat der Kommune“ die Macht. Gleich von Beginn an bricht die Klassenfront unter den Mitgliedern der Kommune auf: da das ZK auf eine Verständigung mit der Konterrevolution in Versailles hofft, hat es der Bourgeoisie nicht das Wahlrecht entzogen; dafür grenzen sich 17 gewählte Bourgeois-Ratsmitglieder sogleich vom Proletariat ab und legen ihr Mandat nieder, nach Ersatzwahlen zählt die Kommune schließlich 77 Mitglieder. Die Zusammensetzung der Kommune Die soziale Zusammensetzung der Kommune refl ektiert 32% Arbeiter, 15% kleine Beamte, 15% kleine Geschäftsleute, 39% Angehörige der freien Berufe (Advokaten (Rechtsanwälte), Lehrer usw.). Sie stellt damit einen Aktionseinheitsblock der proletarischen Massen mit dem Kleinbürgertum dar, der während des Krieges auf dem Boden der Verteidigung von Paris gegen den preußischen Angriff zustandegekommen war. Politisch-ideologisch besteht die Mehrheit der Kommune aus Jakobinern und Blanquisten sowie einer proudhonistischen Minderheit. Die Jakobiner sind Vertreter eines radikalen Kleinbürgertums, sie halten sich für die Träger der Tradition der Grossen Französischen Revolution, sie sind keine Sozialisten, sie begreifen die historische Rolle der Arbeiter/ innenklasse nicht und wollen in der Kommune die demokratischen Ideale von 1793 verwirklichen, sehen also die neuen Aufgaben der neuen Epoche nicht. Die Proudhonisten sind in der Minderheit, aber vielfach uneins mit der Mehrheit; sie setzen auf ein „staatenloses Bündnis autonomer Kommunen“, sie sind Gegner der Staatsgewalt und diktatorischer Maßnahmen (die Minderheit tritt sogar einmal demonstrativ aus der Kommune aus, bezichtigt sie des „Diktatorentums“ und veröffentlicht ihren Pro- test in den Zeitungen, was in der Arbeiter/innenklasse in Paris beträchtliche Verwirrung stiftet). Schlussfolgerung: die Kommune hat kein klares Aktionsprogramm, weist keine einheitliche Führung auf, sondern sich gegenseitig bekämpfende Richtungen und muss das Proletariat in einer sehr schwierigen Lage führen. Die objektive Lage zur Zeit der Kommune Der bürgerliche Staatsapparat funktioniert nicht mehr, da hohe und mittlere Beamte nach Versailles gefl üchtet sind. Durch die Ereignisse selbst kann die Kommune also den bürgerlichen Staatsapparat nicht „übernehmen“, sondern muss ihren eigenen Staatsapparat vollständig neu gestalten. Sie löst diese historische Aufgabe, wenn auch nur langsam und teilweise, aber die von ihr durchgeführten Maßnahmen bringen eine radikale Änderung des Charakters des Staatsapparats mit sich, verwandeln ihn aus einem Werkzeug der Herrschaft der Bourgeoisie in den Staat der Arbeiter/innenklasse, der auf der Unterstützung der breiten Massen der Werktätigen basiert. Sie löst diese Aufgaben zudem in einer äußerst prekären Lage, nämlich der des Bürgerkriegs, die sie zu Methoden der Diktatur und Unterdrückung des Klassenfeinds und der Konterrevolution zwingt,
ohne dass aber die Kommune sich dessen bewusst ist, dass sie die Diktatur des Proletariats verwirklicht. (Zu den Maßnahmen siehe weiter unten) Demgegenüber sieht die Konterrevolution ihr Ziel ganz klar: THIERS und Konsorten haben von Anfang an beschlossen, die Kommune rücksichtslos niederzuschlagen, ihnen zu Hilfe kommt auch die preußische Regierung, die bis zu 130.000 (!) französische Kriegsgefangene zur Verstärkung der Versailler Konterrevolution freilässt und deren Truppen der Versailler Konterrevolution den Weg zum Zangenangriff auf Paris ebnen zwecks Niederschlagung der Kommune. Es geht um die Verteidigung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung gegen den Ansturm der revolutionären Arbeiter/innenklasse! Die militärische Lage ist prekär: Paris ist von allen Seiten umringt, von den Versaillern und den preußischen Truppen. Am 21.Mai 1871 dringen Versailler Landsknechte in Paris ein. Offener Verrat sowie auch teilweise militärische Fehler der Kommune begünstigen diesen Durchbruch durch die Verteidigungslinien. Heroisch widersetzen sich die Kommunarden 1 Woche lang, bis sie unter unglaublichen Verlusten am 28.5.1971 in der letzten Schlacht um den Friedhof Père Lachaise untergehen. Hier sterben allein am letzten Tag 6.000 Kämpfer; die Gesamtbilanz ist ein Blutbad: 30.000 gefallene Kommmunarden, 45.000 Inhaftierte, viele davon später ebenfalls hingerichtet bzw. nach Neu-Kaledonien (französische Kolonie östlich von Australien) deportiert und dort an Fieberanfällen durch tropische Krankheiten und Unterernährung gestorben; Tausende Emigranten (meist nach London); Gesamtverlust der Bevölkerung von Paris: ca. 100.000. 85% der Gefallenen und Hingerichteten sind nach offi zieller Statistik „ouvriers manuels“ (Handarbeiter). Unter den Gefallenen ist das Verhältnis der Kommunarden zu Versaillern 20:1: Die Konterrevolutionäre töten nämlich alle Kriegsgefangenen, Geiseln etc, massakrieren und morden mit MGs und durch Anzünden ganzer Häuser- und Straßenzüge, bei Versperren der Hausausgänge..... Die Kommune hat ihre politische Unklarheit, mangelnde Einheit und Führung, Unentschlossenheit und Zögerlichkeit im Ausmerzen der ideologischen Bindung an das Privateigentum bitter bezahlen müssen: - anstatt am 18. März unverzüglich gegen Versailles zu marschieren und die Feinde zu vernichten, zögert sie, in der Hoffnung, auf die Versailler Konterrevolution moralisch einwirken zu können - anstatt sofort die Bank von Frankreich zu verstaatlichen (sich so mit einem Schlag Werte von über 3 Mrd. Francs zu sichern) und die Bourgeoisie zu expropriieren, ist sie noch in der Ideologie des Schutzes des Privateigentums gefangen und ihre Maßnahmen rühren daher noch nicht wirklich an die Grundlagen der kapitalistischen Gesellschaftsordnung - anstatt sich mit den Provinzen zu verbinden – in etlichen Städten (Lyon, Marseille, St. Etienne, etc) kommt es zu Aufständen, die aber vereinzelt bleiben und leicht wieder unterdrückt werden können – versucht sie, allein auf sich gestellt Paris zu verteidigen - anstatt den militärischen Fragen der Aufstandsbewegung und ihrer Verteidigung für den Erhalt der Staatsmacht erste Bedeutung beizumessen, kümmert sie sich vorrangig um überstürzt beschleunigte Wahlen und entmachtet zu schnell das zentrale Instrument ihrer Macht, das ZK, das unabhängig von der Kommunalkörperschaft die Ereignisse zielgerichtet und zentralisiert hätte zu leiten vermocht, schließlich war die Kommune ja gezwungen, zu scharfen diktatorischen Maßnahmen gegen eine Konterrevolution zu greifen! Für ihr Scheitern ganz wichtig war auch der Fehler, dass die Kommune nicht versucht hat, sich bewusst und nachhaltig mit der Masse der Bauern zu verbünden. Bei all dem gilt es aber festzuhalten, dass es nicht das Versäumnis der Kom- Proletarische Revolution <strong>46</strong> 9
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