PR 46 PariserCommune
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300.000 Prole tarier/innen<br />
unter Waffen umfasste, sah<br />
sie für sich nicht den nötigen<br />
Handlungsspielraum,<br />
um der Nationalgarde offen<br />
entgegenzutreten. Die<br />
Bourgeoisie war sich da rüber<br />
klar, dass dieses ArbeiterInnenheer<br />
im eigenen<br />
Hinterland eine Gefahr<br />
darstellte, gleichzeitig aber<br />
auch darüber, dass eine offene<br />
Konfrontation zur Eskalation<br />
führen würde. Um<br />
in dieser Situation die Zügel<br />
in der Hand zu behalten<br />
und die Natio nal garde für<br />
größere Kampfeinsätze unfähig<br />
zu machen, beschloss<br />
sie, ihr durch Agenten<br />
zumin dest die Geschütze zu<br />
stehlen. Die Agenten der<br />
Bour geoisie wurden jedoch<br />
entdeckt, der Versuch scheiterte<br />
und für die ArbeiterInnen<br />
in der Natio nal garde<br />
war nun endgültig klar,<br />
dass sie sich von der „eigenen“<br />
Bourgeoisie nichts zu<br />
erwarten brau che.<br />
Die Empörung war groß<br />
und heizte die ohnehin<br />
schon aufgeladene (und<br />
von mehreren vorgegangenen<br />
Emeuten und Aufständen<br />
gekennzeichnete)<br />
Stimmung weiter an – die<br />
bewaffneten Arbeiter/innen<br />
wagten den Aufstand<br />
und fegten die Herr schenden<br />
am 18. März 1871, vor<br />
140 Jahren, aus Paris hinaus.<br />
Während die Bourgeoisie<br />
aus Paris hinaus gejagt<br />
wurde, übernahmen schon<br />
die Arbei ter/innen selbst<br />
die Macht; in einer historischen<br />
Pioniertat schufen sie<br />
als erstes eine Regie rungsform<br />
der unumschränkten<br />
Herrschaft der Arbeiter/innenklasse,<br />
die als „Diktatur<br />
des Proleta riats“ bezeichnet<br />
wird.<br />
Manch eineR mag bei dem<br />
Wort Diktatur in „heilsamen<br />
Schrecken“ geraten,<br />
doch sehen wir uns diese<br />
Diktatur des Proletariats<br />
an, so erkennen wir rasch,<br />
dass es sich um die Diktatur<br />
über die Ver hält nisse der<br />
kapitalistischen Ausbeutung<br />
der Mas sen handelt<br />
– es sich aber viel mehr um<br />
eine Form der Organisation<br />
handelt, die dazu bestimmt<br />
ist, die Befreiung der Arbeiter/innenklasse<br />
und ihrer<br />
Bündnispartner voranzutreiben<br />
und den Weg zu<br />
einer klassen- und staatenlosen<br />
Gesellschaft zu ebenen.<br />
Die ersten, umgehend<br />
getroffenen Maß nahmen<br />
der Commune, waren in<br />
der bisherigen Geschichte<br />
beispiellos: Sie beschloss die<br />
jeder zeitige Abwählbarkeit<br />
von politischen Repräsentanten,<br />
Beamten,… wenn<br />
diese über ihre Tätigkeit<br />
nicht immer Rechenschaft<br />
im Sinne des Proleta riats<br />
ablegen können. Bürgerliche<br />
Gerichte wurden durch<br />
Volksgerichte ersetzt, in denen<br />
das Prole ta riat selbst<br />
Recht sprach. Der Lohn von<br />
Abgeord ne ten durfte den<br />
eines durchschnittlich qualifi<br />
zierten Arbeiters nicht<br />
übersteigen, das stehende<br />
Heer der Bourgeoisie wurde<br />
aufgelöst und durch<br />
allgemeine Volksbewaffnung<br />
ersetzt – ein Schritt<br />
der deutlich zeigt, dass die<br />
Commune die Herrschaft<br />
der Arbeiter/innenklasse<br />
selbst war und sich deshalb<br />
nicht davor zu fürchten<br />
brauchte, dass das Volk<br />
von Paris nun bewaffnet<br />
war. Diese und viele andere<br />
Maßnahmen brachten<br />
der Pariser Commune viel<br />
Ansehen im internationalen<br />
Proletariat und eine<br />
feste Verankerung in Paris<br />
selbst. Dennoch dauerte<br />
sie nur 72 Tage (!) an. Die<br />
Maßnahmen der Com mune<br />
mögen zwar, bedenkt man<br />
die kurze Zeit die sie hatte,<br />
in diesem Kontext noch viel<br />
beeindru cken der wirken,<br />
doch um tat sächlich Lehren<br />
zie hen zu können, müssen<br />
wir auch danach fragen,<br />
warum sie nur so kurz Bestand<br />
hatte?!<br />
„Die Waffe der Kritik kann<br />
allerdings die Kritik der<br />
Waffen nicht ersetzen, die<br />
materielle Gewalt muss<br />
gestürzt werden durch materielle<br />
Gewalt, allein auch<br />
die Theorie wird zur materiellen<br />
Ge walt, sobald sie<br />
die Massen ergreift (…)“<br />
(Karl Marx)<br />
Erstens hatte die Commune<br />
keine geeinte proleta rischrevolutionäre<br />
Führung. In<br />
der Nationalver samm lung<br />
(dem Ersatz des Parlaments)<br />
saßen ne ben konsequenten<br />
Revolutionär/innen auch<br />
viele Vertreter verschiedener<br />
kleinbürgerlicher Strömun<br />
gen und Gruppen. Sie<br />
sabotierten teilweise offen<br />
die Beschlüsse der Com mune<br />
und gaben Manifeste<br />
heraus, in denen sie die<br />
revolutionäre Linie angriffen.<br />
So ermöglichten diese<br />
Strömungen innerhalb<br />
der Commune es den offenen<br />
bürgerlichen Kräften<br />
außerhalb von Paris, die<br />
Schwächen der Com mune<br />
in ihrem Sinne auszunutzen<br />
und Macht der Ar beiterInnen<br />
niederzuschlagen.<br />
Das Fehlen einer wirk lichen<br />
Kom mu nistischen Partei<br />
und der falsch geführte<br />
Linien kampf innerhalb der<br />
Commune sind bittere Lehren,<br />
die jede revolutionäre<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
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