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PR 46 PariserCommune

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Das Schulwesen ist gänzlich<br />

der Kirche ausgeliefert,<br />

die Presse steht unter<br />

strenger Zensur; Arbeiterstreiks<br />

und –koalitionen<br />

werden mit standrechtlicher<br />

Erschießung beantwortet.<br />

Die sogenannten<br />

„Wahlen zur gesetzgebenden<br />

Versammlung“,<br />

ein Scheinparlament, fi nden<br />

unter massiver Unterdrückung<br />

oppositioneller<br />

Strömungen und mithilfe<br />

„gekaufter“ Stimmabgaben<br />

statt. Trotz all dieser<br />

Machinationen tauchen<br />

1869 bei diesen „Farce“-<br />

Wahlen 3,5 Mio. Stimmen<br />

gegen die Regierung auf,<br />

bei 4,5 Mio. Stimmen „dafür“;<br />

das Ende des Kaiserreichs<br />

scheint unausweichlich.<br />

Die ideologische Situation<br />

ist allerdings verworren.<br />

Die Niederlage der Revolution<br />

von 1848 hat insbesondere<br />

in Frankreich dem<br />

Proletariat schwere Schläge<br />

zugefügt und seine Unterwerfung<br />

unter schärfste<br />

Reaktion zur Folge. Die<br />

tiefgreifende politische<br />

Desorientierung des Proletariats<br />

fi ndet ihren Ausdruck<br />

in der kleinbürgerlichen,<br />

dem Privateigentum<br />

verschriebenen Lehre von<br />

Proudhon, sie wird zur<br />

verbreiteten ideologischen<br />

Strömung. Erst die scharfe<br />

klassenkämpferische Auseinandersetzung<br />

damit,<br />

wie sie am III. Kongress<br />

der I. Internationale 1868<br />

in Brüssel stattfi ndet, hilft<br />

der französischen Arbeiter/innenklasse,<br />

sich von<br />

dieser das Privateigentum<br />

schützenden Ideologie<br />

wieder zu entfernen.<br />

Im Proudhonismus drückt<br />

sich einerseits die soziale<br />

Herkunft eines beträchtlichen<br />

Teils der Arbeiter/innenklasse<br />

aus, d.h. sie entstammt<br />

der immer weiter<br />

zunehmenden Masse von<br />

dem Ruin preisgegebenen<br />

Handwerkern, die ihre<br />

wirtschaftliche Unabhängigkeit<br />

wiedererlangen<br />

wollen, daher ist ihr Ziel<br />

und soziales Ideal die aus<br />

Kleinbesitzern als selbständige<br />

Warenproduzenten<br />

bestehende Gesellschaft,<br />

die von den „Übeln“ des<br />

Kapitalismus nicht betroffen<br />

ist. Nicht verwunderlich<br />

also, dass gesellschaftliches<br />

Staatseigentum an<br />

Produktionsmitteln für<br />

Proudhon eine „Tyrannei“<br />

darstellt, der Kommunismus<br />

für ihn eine „Sklavengesellschaft“.<br />

Was er dagegen<br />

fordert, sind Kleinkredite<br />

und „Volksbanken“,<br />

die Schaffung eines „nationalen<br />

Kreditsystems“<br />

(so u.a. auch nachzulesen<br />

im Forderungskatalog der<br />

proudhonistisch geprägten<br />

Resolution des 2.Kongresses<br />

der Internationale,<br />

1867 in Lausanne).<br />

Dass sich so große Teile<br />

der Arbeiter/innenklasse<br />

dieser Ideologie des Kleinbürgertums<br />

anschließen,<br />

ist neben den Wirkungen<br />

der brutalen Reaktion<br />

und der Auslöschung vieler<br />

bewusster Elemente<br />

mit Kampferfahrung im<br />

Klassenkampf seit 1848<br />

aber im besonderen auch<br />

der Zersplitterung der<br />

Arbeiter/innenklasse geschuldet:<br />

zwischen dem<br />

Lohnarbeiter und dem<br />

Handwerker bestehen in<br />

wichtigen Zweigen der<br />

Industrie wie der relativ<br />

bedeutenden Produktion<br />

von Luxusgegenständen,<br />

in der Kleider- und Mö-<br />

belfabrikation, noch keine<br />

festen Scheidelinien. Hinzu<br />

kommt, dass die Bourgeoise<br />

im napoleonischen<br />

Kaiserreich mit einer Politik<br />

von „Zuckerbrot und<br />

Peitsche“ versucht, die Arbeiter/innenklasse<br />

ruhig<br />

zu halten. Auf der einen<br />

Seite wird sie mittels brutaler<br />

Reaktion und Unterdrückung<br />

niedergehalten,<br />

auf der anderen versucht<br />

die Bourgeoisie, Teile der<br />

Arbeiter/innenklasse mit<br />

kleinen materiellen Zugeständnissen<br />

zum Verzicht<br />

auf den politischen Kampf<br />

zu bestechen.<br />

Es ist letztlich die unvermeidliche<br />

Tatsache und<br />

praktische Erfahrung des<br />

hartnäckig und beständig<br />

zu führenden Klassenkampfs,<br />

die die Arbeiter/<br />

innenklasse zur Erkenntnis<br />

der Untauglichkeit der<br />

proudhonistischen Konzepte<br />

führt. Dazu trägt<br />

auch 1868 der Zusammenbruch<br />

der proudhonistischen<br />

Bank (zur „gegenseitigen<br />

Unterstützung“<br />

und vor allem zu Schutz<br />

und Förderung des Kleineigentums<br />

gegen Großindustrie<br />

und Finanzkapital)<br />

bei, der den utopischen<br />

Charakter dieses untauglichen<br />

Kampfplans gegen<br />

den Kapitalismus entlarvt.<br />

Gegen Ende der 1860er<br />

Jahre steht ein Teil der<br />

Proudhonisten, die den<br />

politischen Kampf bisher<br />

abgelehnt hatten, nicht<br />

mehr auf dem Boden des<br />

friedlichen Ökonomismus<br />

und der Verteidigung des<br />

Privateigentums.<br />

Auf der anderen Seite der<br />

politischen Strömungen<br />

steht schon seit längerem<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

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