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© Max Scheler, »Jackie und John F. Kennedy erwarten Hassan II von Marokko«, Washington 1963<br />
© Max Scheler, »Atombunker zu verkaufen«, Los Angeles 1961<br />
des internationalen Jet-Set. Schelers<br />
Doppelporträt von Kennedy und seiner<br />
Frau im Profil, 1963 in Washington entstanden,<br />
wurde später zu einer Ikone im<br />
eigenen Werk. Auch die Wahlkämpfe<br />
im Jahr 1964, Barry Goldwater gegen<br />
Lyndon B. Johnson, und vier Jahre später,<br />
Richard Nixon gegen Hubert Humphrey,<br />
begleitete Scheler für den Stern<br />
mit seiner Kamera.<br />
Schelers Photographien blieben stets<br />
diskret, gelegentlich begleitet von einem<br />
melancholischen Unterton; sie zeigen<br />
die Zeitgenossen mit einer Mischung<br />
aus Zurückhaltung, Bewunderung und<br />
Respekt. Es sind anrührende, amüsante,<br />
überraschende und im besten Sinne<br />
unterhaltsame Geschichten. Doch auch<br />
um die Krisenregionen machte er keinen<br />
Bogen, ganz im Gegenteil: Scheler reiste<br />
bereits 1956 nach Ägypten während der<br />
Suez-Krise, wo sein enger Freund David<br />
»Chim« Seymour zeitgleich erschossen<br />
wurde. Im Jahr zuvor hatte er auch die<br />
Quemoy-Krise photographisch begleitet,<br />
insbesondere die Evakuierung der<br />
Inselbevölkerung durch amerikanische<br />
Kriegsschiffe. So waren es nicht nur<br />
gesellschaftliche, sondern auch politisch-brisante<br />
Themen, die sein viel-<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />
Galerien<br />
schichtiges Gesamtwerk prägen. Das<br />
Festland-China bereiste Scheler für den<br />
Stern 1967 – zu Beginn (und anlässlich)<br />
der so genannten Kulturrevolution.<br />
Auf dieser Reise ins »Reich der Mitte«<br />
wurden ihm »Aufpasser« an die Seite<br />
gestellt, die peinlich genau darauf achteten,<br />
dass der westliche Besucher nicht<br />
etwas aufnahm, das der chinesischen<br />
Propaganda widersprach. Doch Scheler<br />
war nicht offiziell als Photograph im<br />
Lande, sondern inoffiziell als Tourist;<br />
und so gelang es ihm, Bilder zu machen,<br />
die auch den ungeschönten Alltag zeigten:<br />
alte Männer in den Straßen oder<br />
vor Tempeln, spielende Kinder oder<br />
auch eine Gruppe von missgelaunten<br />
Frauen, die alle die gleiche Mao-Gipsbüste<br />
präsentieren. Scheler konnte sich<br />
und seinen Stil grundsätzlich der Situation<br />
und dem Auftrag anpassen, ohne<br />
sich von den herrschenden Regeln einengen<br />
zu lassen.<br />
Es waren die Photojournalisten, die<br />
den Menschen die Welt durch die<br />
Illustrierten bis ins Wohnzimmer<br />
brachten. Dieser aufklärerische und<br />
humanitäre Impuls war typisch für<br />
Scheler; und ab Mitte der Siebzigerjahre<br />
hat er als Bildchef zunächst von<br />
GEO, später von Merian der nächsten<br />
Photographen-Generation die Chance<br />
gegeben, im Auftrag der Magazine<br />
zu reisen. Schelers eigene Bilder<br />
erzählen von den großen menschlichen<br />
Emotionen, von Freunde und Trauer,<br />
Begeisterung und Verzweiflung; sie<br />
lassen das Damals lebendig werden.<br />
Was er in dem Vierteljahrhundert als<br />
aktiver Photograph geschaffen hat, ist<br />
einzigartig.<br />
Matthias Harder<br />
31. Mai bis 31. Juli <strong>2011</strong><br />
Willy-Brandt-Haus<br />
Stresemannstraße 28<br />
10963 Berlin-Kreuzberg<br />
Di – So 12 – 18 Uhr<br />
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