brennpunkt 2-2011 .indd - Edition dibue
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Amin El Dib<br />
Autonome Bilder<br />
Amin El Dib macht Kunst mit Photographie,<br />
und das ist wörtlich zu nehmen:<br />
Das Medium ist ihm nicht mehr und<br />
nicht weniger als das Material, dessen<br />
Erforschung sein Œuvre bestimmt. Mit<br />
den Künstlern aller Zeiten und Medien<br />
eint ihn die Radikalität seines Ansatzes;<br />
aus grundsätzlichen Erwägungen zur<br />
Materialität und Medialität der Photographie<br />
heraus bestimmt er die Grenzen,<br />
die er überschreitet – vor allem<br />
um zu wissen wo sie sind. Wo ist die<br />
Schönheit von Schnittblumen im Verfall,<br />
wo die Wiedererkennbarkeit eines<br />
Menschen im Portrait, wo die Integrität<br />
eines Bildes im Prozess des Zerreißens?<br />
Hinter jeder neuen Fragestellung<br />
steht die Überlegung, was das Bildermachen<br />
an sich zu bedeuten hat, wieweit<br />
es Selbstzweck ist und wo die Autonomie<br />
einer jeden Kunst die Grenze der<br />
Vermittelbarkeit überschreitet – und das<br />
im etabliertesten technischen Medium<br />
der Neuzeit.<br />
Amin El Dib arbeitet in größeren Werkgruppen,<br />
die ihn oft jahrelang beschäftigen,<br />
die sein Leben begleiten und<br />
bestimmen. Umgekehrt wirken einzelne<br />
Momente dieses Lebens auf die<br />
Ausformung mancher Arbeitsweisen<br />
und damit die Art der Bilder zurück;<br />
das reicht von Spaziergängen mit dem<br />
Hund über familiäre Reisen nach Ägypten<br />
bis zu erotischen Obsessionen. Oft<br />
genug jedoch definieren die Arbeitsprozesse<br />
der Photographie selbst seine<br />
Arbeit: Was im Negativdruck geschieht,<br />
ist genau so spannend wie die Frage<br />
nach der Größe, dem Ausschnitt, dem<br />
Seitenverhältnis und der Grauwertverteilung<br />
von Bildern. Ein guter Teil seiner<br />
Radikalität des Œuvres verdankt Amin<br />
El Dib dem Umstand, dass er jeden Parameter<br />
seiner photographischen Arbeit<br />
gleich ernst nimmt – nichts ist zu klein,<br />
als dass es nicht die Wirkung seiner<br />
Bilder verändern könnte.<br />
Bei alledem ist Amin El Dib ein Künstler,<br />
den das Endprodukt seiner Arbeit<br />
brennend interessiert: Er schafft Bilder.<br />
© Amin El Dib<br />
© Amin El Dib © Amin El Dib<br />
Jedes dieser Bilder steht – ungeachtet<br />
der Tatsache, dass es im Kontext einer<br />
Serie entstand – für sich allein da, repräsentiert<br />
ihn als Künstler und sein Werk<br />
als Œuvre. Klassische Kompositionsregeln<br />
haben in diesem Prozess der Bildwerdung<br />
ebenso viel Bedeutung wie<br />
die Verfahrenstechniken der Photographie.<br />
Das Beharren auf dem Bildermachen<br />
befreit den Künstler Amin El Dib im<br />
übrigen von lästigen Fragen nach dem<br />
Fotoszene<br />
Ursprung seiner Bildideen: Sie sind einfach<br />
da, genau so wie die Bilder einfach<br />
da sind. Als Bild jedoch muss jedes Einzelne<br />
von ihnen entschlüsselt werden,<br />
eine ebenso wunderbare wie lohnende<br />
Arbeit – für die Bildbetrachter.<br />
Rolf Sachsse<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />
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