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Rede anlässlich der Verleihung des Verdienstkreuzes<br />

am Bande des Verdienstordens<br />

der Bundesrepublik Deutschland<br />

an Herrn Dietmar Bührer am<br />

7. Februar <strong>2011</strong><br />

Sehr geehrter Herr Bührer, sehr geehrte<br />

Angehörige und Freunde von Herrn Bührer,<br />

es ist – auch für mich – ein besonderes<br />

Ereignis, ein Verdienstkreuz zu übergeben<br />

und so freue ich mich sehr, dass ich<br />

Ihnen, sehr geehrter Herr Bührer, heute<br />

im Auftrag des Herrn Bundespräsidenten<br />

das Verdienstkreuz am Bande des<br />

Verdienstordens der Bundesrepublik<br />

Deutschland überreichen darf.<br />

Von Konrad Adenauer stammt der Ausspruch:<br />

»Ehrungen – das ist, wenn die Gerechtigkeit<br />

ihren liebenswürdigen Tag hat«.<br />

Heute ist solch ein »liebenswürdiger« Tag.<br />

Der Bundespräsident hat Ihnen, sehr geehrter<br />

Herr Bührer, das Verdienstkreuz am Bande<br />

verliehen. Damit wird Ihr langjähriges<br />

soziales Engagement zu Recht öffentlich<br />

gewürdigt.<br />

Sehr geehrter Herr Bührer, Sie haben sich<br />

besondere Verdienste durch Ihren beruflichen,<br />

persönlichen und fotografischen<br />

Umgang mit Inhaftierten vor und hinter<br />

den Mauern der Justizvollzugsanstalt Tegel<br />

erworben. Lassen Sie mich daher Ihren<br />

beruflichen Werdegang in der JVA Tegel<br />

und Ihre fotografische Karriere in einigen<br />

Sätzen skizzieren:<br />

Ihre Laufbahn in der JVA Tegel begann am<br />

1. Januar 1990, als Sie als Industriemeister<br />

in der Fachrichtung Druck eingestellt<br />

wurden. Zwei Jahre später absolvierten Sie<br />

die Laufbahnprüfung für den Werkdienst<br />

und waren zunächst als Mitarbeiter und<br />

stellvertretender Leiter der Druckerei, seit<br />

2001 dann bis zu Ihrem Ausscheiden als<br />

Leiter der Druckerei tätig. Dort waren Sie<br />

im Schwerpunkt mit der Ausbildung und<br />

Anleitung der Inhaftierten betraut. Daneben<br />

übernahmen Sie vielfältige Sonderaufgaben<br />

und unterstützten die Anstaltsleitung<br />

umfangreich bei internen Projekten. So<br />

haben Sie zahlreiche öffentlichkeitsrelevante<br />

Unterlagen über den Organisationsentw<br />

icklungsprozess in den Jahren 1995 bis<br />

1999 erstellt und die Broschüren anlässlich<br />

des 100-jährigen Bestehens der JVA Tegel<br />

© Michael Gebur<br />

»Die Berliner Justizsenatorin,<br />

Frau Gisela von der Aue, überreicht Dietmar<br />

Bührer das Verdienstkreuz am Bande«, <strong>2011</strong><br />

durch eigene Fotografien, das Layout oder<br />

beim Druck maßgeblich mit gestaltet.<br />

Darüber hinaus haben Sie am Logo der<br />

Anstaltsbetriebe und der Erstellung von<br />

Produktmappen und Werbebroschüren für<br />

die Produkte der Anstaltsbetriebe im Rahmen<br />

des Projekts »Reorg« mitgearbeitet.<br />

Ihre fotografische Kariere begann indes<br />

schon 20 Jahre früher. Seit 1970 widmen<br />

Sie sich als Autodidakt der Fotografie. Seitdem<br />

haben Sie zahlreiche Einzelausstellungen<br />

durchgeführt und an vielen Gruppenausstellungen<br />

mitgewirkt. Seit 1984 –<br />

und damit seit über einem Vierteljahrhundert<br />

– geben Sie das Fotomagazin »<strong>brennpunkt</strong>«<br />

heraus und haben damit die Berliner<br />

Fotokunstszene bundes- und europaweit<br />

bekannt gemacht. Im selben Jahr – 1984 –<br />

wurden Sie auch in die Gesellschaft für<br />

Photographie berufen. Seit 1987 gehören<br />

Sie als Ehrenmitglied dem Deutschen Verband<br />

für Fotografie an. 4 Jahre später – im<br />

Jahr 1991 – erhielten Sie den Willy-Hengl-<br />

Preis. Zuletzt gewannen Sie beim Fotowettbewerb<br />

der Stiftung „Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus“<br />

mit dem Titel »Die Würde<br />

des Menschen ist unantastbar« den 1. Preis<br />

in der Kategorie »Menschenwürde«.<br />

Die letztgenannte Auszeichnung beweist,<br />

dass ein Foto für Sie mehr ist als nur die<br />

visuelle Nachbildung einer Situation. Sie<br />

zeigt, dass Sie die Fotografie als Kunst verstehen,<br />

mit der Inhalte transportiert werden<br />

können und sollen. Dies findet sich ein-<br />

In eigener Sache<br />

drucksvoll auch in der von Ihnen geschaffenen<br />

künstlerischen Verbindung von Vollzugsalltag<br />

und Fotografie wieder. Sie haben<br />

Ihre Liebe zur Fotografie in bemerkenswerter<br />

Weise mit den Eindrücken Ihres Arbeitsumfeldes<br />

und Ihren persönlichen Erfahrungen<br />

in der Vollzugsanstalt verbunden. Betrachtet<br />

man Ihre Fotografien vom Vollzugsalltag, so<br />

spürt man, dass Sie nicht einfach die fotografische<br />

Linse auf bestimmte Schauplätze<br />

gehalten haben. Vielmehr merkt man Ihren<br />

Bildern mit dankenswerter Klarheit an, dass<br />

Sie genau wissen, was Sie dort fotografiert<br />

haben. Es ist beeindruckend, wie Sie sich<br />

dem schwierigen Thema »Vollzug« aus fotografischer<br />

Perspektive mit großer Sensibilität<br />

gewidmet haben, ohne dass Ihre Bilder<br />

dabei an Realitätsnähe oder Ausdruckskraft<br />

verloren hätten. Besonders anschaulich<br />

wird dies in Ihren Büchern »Zeitgitter/Gitterzeit«,<br />

»Tegelzeit« »Seelsorge im Knast« und<br />

»Zellenstille – Knastgedichte«. Der zuletzt<br />

genannte Bildband enthält neben Fotos aus<br />

dem Vollzugsalltag mehrere Gedichte, die<br />

im Rahmen einer Literaturgruppe mit Inhaftierten,<br />

einer Sozialarbeiterin der JVA Tegel<br />

und Ihnen entstanden sind.<br />

Mit solchen Veröffentlichungen haben Sie<br />

den Justizvollzug auf künstlerische Art in die<br />

Öffentlichkeit gerückt. Im Jahr 2000 haben<br />

Sie zusammen mit anderen Bediensteten der<br />

JVA Tegel an einer Tagung der Evangelischen<br />

Akademie Loccum über künstlerische<br />

Projekte in Vollzugsanstalten teilgenommen<br />

und dabei aus Ihren Werken vorgelesen.<br />

Ihre Publikationen und Lesungen haben<br />

dazu beigetragen, in der Öffentlichkeit<br />

Verständnis für die Situation von Inhaftierten<br />

zu wecken.<br />

Mit Ihrer Arbeit mit Inhaftierten haben<br />

Sie den betreffenden Gefangenen darüber<br />

hinaus dabei geholfen, sich mit ihrer Situation<br />

bewusst auseinanderzusetzen, ihre<br />

Fähigkeiten auf einem bisher meist unbekannten<br />

Gebiet zu entdecken und positiv<br />

einzusetzen. Damit haben Sie für die Gefangenen<br />

eine neue Tür geöffnet und einen wertvollen<br />

Beitrag auf dem Gebiet der Resozialisierungsarbeit<br />

geleistet. Sehr geehrter Herr<br />

Bührer, Sie haben Mut bewiesen, mit Menschen<br />

zu arbeiten, die keine Lobby haben,<br />

und zwar in einem Maß, das über Ihre rein<br />

beruflichen Verpflichtungen weit hinausging.<br />

Hiefür möchte ich Ihnen heute meinen<br />

besonderen Dank und meine Anerkennung<br />

aussprechen.<br />

Gisela von der Aue<br />

Justizsenatorin<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

5

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