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Ausstellungen<br />
Nadav Kander<br />
»Yangtze – The Long<br />
River«<br />
Mit der Serie »Yangtze - The Long River«<br />
dokumentiert Nadav Kander die tief greifenden<br />
Veränderungen der Uferlandschaften<br />
des drittgrößten Flusses der<br />
Welt infolge der ungezügelten Modernisierung<br />
Chinas. Zwischen 2005 und<br />
2007 bereiste der Fotograf mehrmals<br />
den Jangtsekiang, immer stromaufwärts,<br />
von dessen Mündung im Ostchinesischen<br />
Meer bis zur Quelle im Qinghai-Plateau<br />
von Tibet.<br />
Kanders Aufnahmen zeigen nebliggraue<br />
Landschaften, die ihr Gesicht<br />
durch den massiven Eingriff des Menschen<br />
im Namen des Fortschritts so<br />
schnell ändern, dass sie heute bereits<br />
Geschichte sind. Großprojekte wie der<br />
Drei-Schluchten-Staudamm und das<br />
Süd-Nord-Wassertransfersystem, gigantische<br />
Brücken und Wohnblöcke westlicher<br />
Bauart oder Schutt- und Müllberge<br />
nehmen der Landschaft Schönheit und<br />
Idylle. Die sonnenlose Natur wirkt leer<br />
und distanziert.<br />
Tradition und Moderne stehen am<br />
»Großen Fluss«, der im Bewusstsein<br />
der Chinesen sowohl historisch als<br />
auch spirituell immer schon eine Identität<br />
stiftende Rolle spielte, unversöhnlich<br />
nebeneinander. Die am Flussufer lebenden<br />
Menschen stehen der hemmungslosen<br />
und einschneidenden Umgestaltung<br />
ihrer Umgebung klein und verloren<br />
gegenüber. Ohne Einfluss auf die Entwicklung<br />
nehmen zu können, müssen<br />
sie sich mit dem Wandel arrangieren<br />
und sich damit abfinden, dass es ein<br />
Wiedersehen mit einer Landschaft aus<br />
Kindheitstagen für sie nicht mehr gibt. In<br />
der Landschaft eine Konstante zu finden<br />
ist ihnen fremd geworden.<br />
Der Jangtsekiang ist in Nadav Kanders<br />
Fotografien das Sinnbild eines unnatürlich<br />
schnellen und oft genug inhumanen<br />
Fortschritts. Sein Werk ist eine ins Bild<br />
gesetzte sehr persönliche Reflexion über<br />
die sozialen und ökologischen Konsequenzen<br />
der wirtschaftlichen Entwicklung<br />
des modernen China. In »Yangtze<br />
- The Long River« gelingt es Kander, die<br />
48 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />
© Nadav Kander, »Chongqing I«, Chongqing Municipalty, 2006<br />
© Nadav Kander, »Blue Trucks«, Mouth Shanghai<br />
gewaltsamen Umwälzungen ebenso<br />
wie die Erhabenheit und Größe der<br />
Natur in einem ungelösten Spannungsverhältnis<br />
zu verbinden. Dabei »sprechen<br />
diese paradoxerweise schönen<br />
Fotografien«, wie es Kofi A. Annan in<br />
der Einleitung zum Buch treffend formuliert,<br />
»eine darüber hinausgehende<br />
Wahrheit an. Die Fotografien erinnern<br />
uns an die Fragilität unserer Welt und an<br />
den Schaden, den wir angerichtet haben<br />
– Schaden, der über die Grenzen nationaler<br />
Staaten hinausgeht«.<br />
Versammelt findet sich die komplette<br />
Werkserie in dem von Hatje Cantz<br />
veröffentlichten gleichnamigen Fotobuch,<br />
das mit einem Vorwort von Kofi<br />
Annan versehen ist und 2009 mit dem<br />
renommierten Prix Pictet ausgezeichnet<br />
wurde.<br />
Der 1961 in Israel geborene und im südafrikanischen<br />
Johannesburg aufgewachsene<br />
Nadav Kander zählt zu den renommiertesten<br />
Fotografen der Gegenwart.<br />
Die fotografische Bandbreite umfasst<br />
künstlerische, redaktionelle und werbliche<br />
Arbeiten, die in Büchern und zahlreichen<br />
Magazinen wie dem Sunday<br />
Times Magazine, Rolling Stone, Another<br />
Man und Dazed & Confused erschienen<br />
sind. 2009 widmete das New York<br />
Times Magazine eine ganze Ausgabe<br />
mit Kanders »Obama’s People«, einer<br />
Porträtserie des gesamten Ministerstabs<br />
und der engsten Mitarbeiter Obamas.<br />
Kander erhielt zahlreiche Auszeichnungen<br />
und wurde 2009 im Rahmen der<br />
Annual Lucie Awards zum International<br />
Photographer of the Year ernannt. Seit<br />
1986 lebt der Fotograf mit seiner Familie<br />
in London. Seine Arbeiten sind Teil<br />
der Sammlungen der National Portrait<br />
Gallery sowie des Victoria und Albert<br />
Museums in London.<br />
10. April bis 22. Mai <strong>2011</strong><br />
Forum für Fotografie<br />
Schönhauser Straße 8<br />
50968 Köln<br />
Mi – Fr 14 – 18 Uhr<br />
Sa 12–18 Uhr, So 12–16 Uhr