Nach der Landtagswahl KREISTEIL - CDU Kreisverband Rottweil
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<strong>Nach</strong> <strong>der</strong> <strong>Landtagswahl</strong> <strong>KREISTEIL</strong><br />
Erhard Pallesche - er schätzt unsere<br />
Demokratie, weil er die Diktatur erleiden musste<br />
Erhard Pallesche, umrahmt von seinem Farrenkopf vor dem Farrenstall in Dornhan und<br />
von Volker Kau<strong>der</strong>.<br />
Längst hat man jede Häuserwand<br />
Und jeden Ahorn-Baum<br />
Mit Wahlplakaten buntgeklebt -<br />
Man sieht die Rinde kaum<br />
Erhard Pallesche ist eine beeindruckende<br />
Persönlichkeit: schon äußerlich, durch seinen<br />
prägenden Bart zum Beispiel, mehr<br />
aber noch dann, wenn er seine Biografie<br />
erzählt und die seiner Frau.<br />
Geboren 1953 in Chemnitz (nicht in Karl-<br />
Marx-Stadt!) litten beide als Christen in<br />
dem atheistischen, kommunistischen<br />
Staat. Vor <strong>der</strong> deutschen Einheit noch ist<br />
die Familie Pallesche in den Westen geflüchtet,<br />
wo Erhard Pallesche als Bildhauer<br />
in Dornhan wirkt.<br />
Und nie müde wird, vor allem die jungen<br />
Leute dazu zu ermuntern, diese, ihre Demokratie<br />
zu gestalten, mitzuwirken an unserem<br />
Staatswesen. Alles auf dem Hintergrund<br />
dessen, was er wie seine Frau in <strong>der</strong><br />
DDR erleben musste. In <strong>der</strong> Diktatur, in<br />
<strong>der</strong> die Wahl eine Farce war und in einem<br />
sarkastischen, fast galligen Gedicht beschrieben<br />
wurde.<br />
Am 6. November 1976 schrieb Erhard Pallesche<br />
das Gedicht „Die Wahl“, das wir im<br />
Folgenden abdrucken. Mit freundlicher<br />
Genehmigung von Herrn Pallesche.<br />
Die Wahl<br />
Sie schrei’n dich an von überall<br />
Es dröhnt in Hirn und Ohr<br />
Sie spei’n auf dich herab, mein Freund,<br />
sag, wie kommst du dir vor?<br />
Genossen von <strong>der</strong> Einheitsfront,<br />
die oftmals keiner kennt,<br />
frisch aufgemotzt auf Glanzpapier -<br />
im ganzen Land präsent<br />
An Fensterscheiben, Litfass-Säulen,<br />
dem Kaninchenstall,<br />
des Kolchosbauern Scheunentor<br />
prangt ein Plakat zur Wahl<br />
Befindest du dich außerhalb<br />
Des Ortes - tief im Wald -<br />
Als Pilzesammler ... o<strong>der</strong> so -<br />
Dort hängen sie auch bald<br />
Ein jedes Herrchen seinem Hund<br />
Klebt sanft o<strong>der</strong> auch barsch<br />
Ein Wahlplakat <strong>der</strong> Einheitsfront<br />
Auf Schnauze o<strong>der</strong> Arsch<br />
Vielleicht kotzt dich das alles an -<br />
Vielleicht heißt du es gut,<br />
<strong>der</strong> Wahlaufruf gilt dir, mein Freund,<br />
tu was dein <strong>Nach</strong>bar tut<br />
Nun ist <strong>der</strong> Wahlsonntag heran<br />
Um sieben früh geht’s los<br />
Der erste bekommt Blumen - hei,<br />
ist da <strong>der</strong> Andrang groß!<br />
Sie schreiten feierlich daher<br />
Und Fahnen weh’n Spalier<br />
Der Schulchor und <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>garten<br />
Singen vor <strong>der</strong> Tür<br />
Man nimmt dir deinen Wahlschein ab,<br />
sagt freundlich: Bitte sehr!<br />
Reicht dir zwei Zettel, falte sie!<br />
Was willst du denn noch mehr?<br />
Beim Kasten, den man Urne nennt,<br />
hält man den Schlitz verdeckt<br />
und hat nicht eher Ruhe, bis<br />
auch dein Papier drin steckt<br />
Ich weiß nicht, geh’n sie nur aus Angst<br />
O<strong>der</strong> warum dorthin?<br />
Die ganze Wahl ist doch nur Farce,<br />
sie hat doch keinen Sinn<br />
Mit neunundneunzig komma neun<br />
Ist Erich schon gewählt,<br />
bevor auch ein Genosse nur<br />
die erste Stimme zählt<br />
Doch solltest du, ich glaub’ es kaum<br />
Dort zur Kabine geh’n,<br />
weit in <strong>der</strong> Ecke, fast versteckt,<br />
seh’ ich so eine steh’n -<br />
Dann hat man dich längst vorgemerkt,<br />
mit einem Kreuz verseh’n<br />
du bist ein Feind, ein Gegner, weil<br />
nur solche dort rein geh’n<br />
Gar einer sich in’s Fäustchen lacht:<br />
Die können mich doch mal<br />
Am Arsche lecken, kreuz und quer,<br />
mit ihrer Einheitswahl<br />
Zschadraß, am 6.11.1976 Kurz<br />
<strong>Nach</strong> eben dieser Wahl<br />
<strong>Rottweil</strong> 5/2011 >>> Seite 9