Spieltriebe - Burgtheater
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SUCHERS LEIDENSCHAFTEN<br />
Thomas Mann<br />
Thomas Mann (1875-1955) wurde berühmt durch seine Erzählungen<br />
und Romane, doch er schrieb auch Gedichte und<br />
ein Drama, das von den Bühnen längst verschwunden ist. Er<br />
versuchte sich in allen literarischen Gattungen; und er war ein<br />
fleißiger Briefeschreiber und führte akribisch Tagebuch. Hierin<br />
finden sich seine Sehnsüchte, seine Leidenschaften und seine<br />
Ängste – unverschlüsselt, offen. In seinen Werken chiffriert er<br />
sie. Aus erlebten Lieben werden verdichtete Leidenschaften. In<br />
vielen Figuren tritt der Autor auf, versteckt und zuweilen auch<br />
in Frauengestalten. Sein homosexuelles Begehren wird verwandelt<br />
in ein heterosexuelles. Wer indes genau liest, wird erkennen,<br />
wie stark das literarische Vermächtnis (auch) Lebensbericht<br />
ist: literarisierte Autobiographie.<br />
Am 17. April 2008 im KASINO<br />
Honoré de Balzac<br />
Honoré de Balzac hat ein Romanwerk hinterlassen, das<br />
größer und reicher ist als das von Dostojewski und Proust.<br />
In 91 Romanen zeichnet er die französische Gesellschaft<br />
der ersten Hälfte des 19.Jahhunderts: den Adel, die Bourgeoisie,<br />
die Bauern. Emporkömmlinge und Untergeher.<br />
Damen und Dirnen, Herren und Kerle. Er zeichnet diese<br />
Gesellschaft, er analysiert sie, er kommentiert sie. Seine<br />
»Comédie humaine«, die »Menschliche Komödie«, ist<br />
ein Zauberwerk. 2000 Personen treten darin auf – und<br />
593 von diesen Darstellern und Selbstdarstellern verbinden<br />
die einzelnen Werke, sodass ein Zyklus daraus wird.<br />
Einer, der es mit Shakespeares dramatischem Kosmos oder<br />
mit Dantes Welt aufnehmen kann. C. Bernd Sucher wird<br />
sich in seinem Balzac-Vortrag nicht allein mit diesem Werk<br />
beschäftigen, sondern auch mit Balzacs journalistischen<br />
Arbeiten. Und mit seinem Leben. Das heißt: mit Balzacs<br />
vielen Amouren und den vielen finanziellen und unternehmerischen<br />
Debakeln. Denn so genau er das Verhalten seiner<br />
Figuren erklären, beurteilen und verurteilen konnte,<br />
sein eigenes Verhalten konnte er nicht vernünftig regeln.<br />
Er verstand es nicht einmal.<br />
Am 15. Mai 2008 in der KASINOBar<br />
Saison 2007/2008<br />
WANDERER IN LOVE<br />
Die Brüder Wladigeroff präsentieren ihr Debüt-Album<br />
Magazin<br />
Seit 2004 firmieren die beiden in Wien lebenden Musiker Alexander und Konstantin<br />
Wladigeroff als »Wladigeroff Brothers & Band« und führen auf faszinierende Weise<br />
die musikalischen Welten der bulgarischen Folklore und des modernen Jazz zusammen.<br />
Dabei haben sie sich in die höchsten Ränge der nationalen wie internationalen Jazzszene<br />
hochgespielt.<br />
Ihr Debüt-Album, das die Brüder Wladigeroff zusammen mit ihrer Band präsentieren<br />
werden, verbindet Spielfreude und Virtuosität auf mitreißende Art. Dazu wird der Maler<br />
Iskren Iliev, seit langem ein Weg gefährte der Brüder, ihre Musik in Bildern visualisieren.<br />
»Wanderer in Love ist auch eine Balkan-Jazz-CD. Man hüte sich allerdings davor,<br />
Alexander und Konstantin Wladigeroff auf dieses Etikett zu beschränken. Denn da sind<br />
auch andere Seiten zu hören: Die der Jazzmusiker, die ohne Bezug auf osteuro-<br />
päische Traditionen auskommen. Und die der cinema tografisch inspirierten, kammermusikalischen<br />
Stimmungsmaler. Wanderer in Love deutet vielfältige Entwicklungs-<br />
möglichkeiten und Zukunftsperspektiven für zwei hochtalentierte junge Musiker an.«<br />
Andreas Felber, ORF<br />
Am 9. April 2008 im KASINO<br />
UNSER KAMPF 1968 -<br />
EIN IRRITIERTER BLICK ZURÜCK<br />
Götz Aly liest aus seinem neuen Buch<br />
Der Historiker und Zeitzeuge<br />
Götz Aly zieht in seinem neuen<br />
Buch »Unser Kampf 1968«<br />
Analogien zwischen den 33er<br />
und 68er Studentenprotesten.<br />
Götz Aly wirft einen irritierten<br />
und irritierenden Blick auf die<br />
Bewegung zurück, deren Teil er<br />
selbst war. Neben Utopismus<br />
und Revolutionsgeist verweist<br />
Aly aber auch auf Gemeinsamkeiten<br />
mit der Generation der<br />
Väter, von denen die 68er sich<br />
gerade absetzen wollten. Wie<br />
sehr ist der emanzipatorische<br />
Gestus der tabula rasa auch von totalitären Zügen unterwandert gewesen?<br />
– diese Frage sucht Aly in seinem neuen Buch zu beantworten.<br />
Es wurde über 68 bereits sehr viel Papier produziert, mit dem die einstigen<br />
Akteure sich selbst bespiegeln. Zudem veröffentlichten die 68er in ihrer<br />
aktiven Zeit ständig Broschüren, Zeitungen und Bücher, weil der Offsetdruck<br />
gerade billig geworden war. Aber diese Texte bieten immer dasselbe,<br />
sie sind langweilig und in einem hypertrophen Ton gehalten, den heute<br />
niemand mehr hören will. Ich bin dann einfach ins Bundesarchiv gegangen<br />
und habe mir die Akten der Bundesregierung durchgesehen, um in den von<br />
den Veteranen elend flach gemalten Historienschinken »Wir, die Helden<br />
von 1968« mehr Tiefenperspektive hineinzubekommen. Dabei bin ich auf<br />
recht erstaunliche Dinge gestoßen.<br />
Götz Aly im Standard<br />
Götz Aly lebt als freier Autor (»Die Endlösung, Völkerverschiebung und<br />
der Mord an den eropäischen Juden«, »Hitlers Volksstaat, Raub, Rassenkrieg<br />
und nationaler Sozialismus«) und Forscher in Berlin. 2002 erhielt er<br />
den Heinrich Mann-Preis für Essayistik, 2003 den Marion Samuel-Preis.<br />
Im Mai 2008 im KASINO<br />
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