Spieltriebe - Burgtheater

Weitere Magazine

Empfehlungen

Info

Yasmina Reza des Zoologen. Oder, wenn ich es tue, so ist das eine Perspektive von innen. In diesem Fall bin ich alle vier auf einmal, ich verstehe sie bis ins Innerste und ich würde sogar sagen, dass es sich bei meiner Darstellung dieser Figuren um eine Fragmentierung meiner Person handelt. Und dennoch ist es in diesem Stück weniger Véronique, die Intellektuelle und Mutter des Opfers, als Alain, der Rechtsanwalt und Vater des Angreifers, der ständig an seinem Handy klebt, den man als Ihnen am nächsten empfindet. Jener Alain glaubt »an den Gott des Gemetzels. Das ist der einzige Gott, der seit Anbeginn der Zeiten uneingeschränkt herrscht.« Ich mag die Idee nicht, eine Figur sei Träger von Parolen. Im Übrigen, der Gedanke, ich will sagen, die Ideen über die Welt, die Meinungen sind oft das am wenigsten Interessante an einem Menschen. Ja, es gibt bestimmte Sätze von Alain, die ich mir unter Umständen aneignen würde. Er ist der einzige, der, indem er kühlen Kopf bewahrt, das Geschehene zu relativieren versucht. Wenn er zu Véronique sagt: »Wir Saison 2007/2008 alle möchten gern daran glauben, dass es besser werden könnte. Gibt es das?« oder: »Sie schreiben ein Buch über Darfur, um sich selbst zu retten«, – das sind auch meine Gedanken. Aber es gibt auch bei den anderen Reaktionen, Gefühle, die mir nahe sind. Selbst bei Véronique, die am entferntesten scheint. Als Sie das Stück zu schreiben begannen, wussten Sie da, dass es in einem Gemetzel enden wird? Ich wusste zwei Dinge: dass es in »Echtzeit« ablaufen würde und in einem Gemetzel endet. Aber die Art des Verlaufs kannte ich natürlich nicht. Ab einem bestimmten Augenblick folgen die Charaktere ihren eigenen Gesetzen, ich kann sie nicht mehr ziehen, wohin ich will. Ich denke nicht, dass ich noch einmal ein Stück in »Echtzeit« schreiben würde. Die Zwänge der »Echtzeit« sind schrecklich. Sie verpflichten dazu, eine Spannung zu halten, die nicht künstlich sein soll. Das lässt wenig Atem. Das ist ebenso schwierig, als wollte man Pferde anhalten, die gerade im vollen Galopp durchgehen. Burgtheater Es ist das erste Mal, dass Sie selbst eines Ihrer Stücke inszenieren. Warum? Bis heute habe ich, in Frankreich wie im Ausland, meine Stücke von anderen inszenieren lassen, denn ich glaubte an die Überlegenheit des »Blickes von außen« auf meine Texte. Und dennoch haben mich die Regisseure, aber auch die Schauspieler oft gebeten, dass ich mich in ihre Arbeit einschalte, was ich immer mit Vergnügen und Interesse getan habe. Als ich in meinen eigenen Stücken gespielt habe [»Drei Mal Leben«, »Im Schlitten Arthur Schopenhauers«], habe ich bemerkt, dass ich Lust hatte, in meiner Darstellung das, was ich selbst geschrieben hatte, umzuformen. Ich habe innerlich die Schauspielerin von der Schriftstellerin getrennt. Bei »Der Gott des Gemetzels« schien mir die Zeit gekommen, den neuen Schritt zu wagen – mit dem Team meiner Wahl –, über das Bühnenbild zu entscheiden, die Kostüme, das Licht und vor allem über die Besetzung. Sind Sie streng, wenn Sie Regie führen? Man muss die Spieler fordern. Streng? Nein, das glaube ich nicht. Genauer gesagt: doch … Möchten Sie weitere Stücke inszenieren? Ja. Jetzt möchte ich das Werk eines anderen Autors inszenieren. Ich habe festgestellt, dass Regieführen eine andere Art des Schreibens ist. Jérôme Garcin im Exklusiv-Interview mit Yasmina Reza vom 14.02.2008 Der Gott des Gemetzels von Yasmina Reza Deutsch von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel Regie: Dieter Giesing Bühne: Karl-Ernst Herrmann Kostüme: Janina Audick Musik: Jörg Gollasch Mit Maria Happel, Christiane von Poelnitz; Roland Koch, Joachim Meyerhoff H Premiere / Österreichische Erstaufführung am 29. März 2008 im BURGTHEATER 7
Burgtheater 8 »Frühmorgens, abends oder nachts« Yasmina Reza präsentiert im Burgtheater ihr faszinierendes Buch über Sarkozy Anlässlich der Premiere von »Der Gott des Gemetzels« sowie der deutschen Übersetzung ihres Buchs über Nicolas Sarkozy kommt die französische Autorin Yasmina Reza zu einem ihrer äußert seltenen öffentlichen Auftritte ins Burgtheater. Yasima Reza anlässlich der Uraufführung von »Drei Mal Leben« mit Luc Bondy Oktober 2000 Ob sie ihn auf seiner Wahlkampftour begleiten dürfe, hat Yasmina Reza im Frühjahr 2006 den damaligen französischen Innenminister Nicolas Sarkozy gefragt, und er hat sofort zugestimmt: Ein Jahr ist sie Sarkozy gefolgt, von Paris bis in die tiefste Provinz, nach New York, London und Berlin, in Stahlfabriken, Schulen und Krankenhäuser und zu internen Besprechungen. Sie erlebt den heutigen Präsidenten aus nächster Nähe. Scharfsichtig, distanziert und bisweilen ironisch erzählt sie vom Leben Sarkozys, vom Pathos und der Monotonie des politischen Alltags. Die Autorin beschreibt die Politik als suggestive Inszenierung. Rezas Wahlkampf Tagebuch ist voller brillanter Beobachtungen und Details – eine Begegnung von Literatur und Politik auf höchstem Niveau. »Eine minutiöse, faszinierend zu lesende Schilderung, wie es einem ehrgeizigen, selbstverliebten und hochbegabten politischen Schauspieler gelang, die Mehrheit seiner Landsleute für sich einzunehmen und den Wahlsieg und die Macht in der Republik zu erlangen.« Die Welt Am 15. Mai 2008 im BURGTHEATER Sonntagsspaziergang fürs Hirn Kommen Sie am Nachmittag ins Theater! Die Möglichkeit für einen Theaterbesuch am Sonntagnachmittag erleichtert unseren Gästen aus den Bundesländern die Reiseorganisation. Junge Eltern und ältere Menschen sind am Abend wieder zu Hause. Mehr Information unter www. burgtheater.at oder Tel. 01/ 514 44-4178 BURGTHEATER www.burgtheater.at ABO 2008/09
Seite 1 und 2: vorspiel Das Magazin Des wiener Bur
Seite 3 und 4: Leitartikel 4 Wurzeln sind ein Hind
Seite 5: Burgtheater 6 Ich bin alle meine Fi
Seite 9 und 10: Akademietheater 10 Der Wunsch, Zaub
Seite 11 und 12: Kasino 12 Ich habe King Kong zum We
Seite 13 und 14: Das Lächeln am Fuße der Leiter An
Seite 15 und 16: Spieltriebe 28 Lichtscheu von Steph
Seite 17 und 18: man den Drang, sich hervorzutun ode
Seite 19 und 20: Henning Mankell Ö1 Zeitgenossen im
Seite 21 und 22: Rund um die Uhr 24 Das Burgtheater
Seite 23 und 24: ALLE TOTEN FLIEGEN HOCH TEIL 3: DIE
Seite 25 und 26: SUCHERS LEIDENSCHAFTEN Thomas Mann

Spieltriebe - Burgtheater

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Template löschen?

Als Template speichern?