2007-1 - NaturFreunde Deutschlands
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BUNDESGARTENSCHAU<br />
Das Wunder von Ronneburg<br />
Wo einst der Rohstoff für Atombomben abgebaut wurde, steht heute ein Blütenmeer<br />
bIn Ronneburg bei Gera geschieht am 27. April<br />
ein Wunder. An diesem Tag nämlich öffnen sich<br />
in der kleinen ostthüringer Gemeinde die Tore zur<br />
diesjährigen Bundesgartenschau. Dabei ist es noch<br />
gar nicht so lange her, dass dort, wo man ab Mai<br />
wahlweise in Rhododendren- oder Tulpenmeere<br />
eintauchen kann, nichts anderes als Abraumhalden<br />
wuchsen. In gigantischen Tagebauen grub sich die<br />
„Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft Wismut“<br />
in die Erde. Jeder Geigerzähler reagierte hier: Uran<br />
hieß der Schatz der Sowjets. Das weiche, silberweiße<br />
Metall ist der Stoff, aus dem Atombomben<br />
ihre Zerstörungskraft beziehen.<br />
Der Abwurf amerikanischer Atombomben auf<br />
Japan hatte die Sowjetunion 1945 in strategischen<br />
Zugzwang gebracht. Die Nazis hatten noch vor ihrem<br />
Krieg im Erzgebirge nach Uran schürfen lassen<br />
– und allerlei Lagerstätten lokalisiert. Mit unglaublicher<br />
Geschwindigkeit erkundeten nach dem Krieg<br />
die Sieger nun diese Hinterlassenschaften – zuerst<br />
im Erzgebirge, dann auch in der Sächsischen<br />
Schweiz und im Ronneburger Land. Die Such- und<br />
Erkundungsflächen wuchsen auf rund 50.000 Quadratkilometer.<br />
27 Uranlagerstätten wurden schließlich<br />
aufgefunden und ausgebeutet – ohne Rücksicht<br />
auf Mensch oder Umwelt.<br />
Am Anfang zwangsverpflichtet, später mit großzügigen<br />
Privilegien ausgestattet – fast ein halbes<br />
Jahrhundert lang holten Bergleute in den Gruben<br />
um Aue, Schlema und Ronneburg Uranerz aus der<br />
Erde. Nicht selten waren die Arbeiter im Glauben,<br />
dadurch das atomare Gleichgewicht zwischen der<br />
Sowjetunion und den USA aufrechtzuerhalten und<br />
so den Frieden zu schützen. Die Arbeit war extrem<br />
hart und gefährdete wegen der radioaktiven Strah-<br />
lung die Gesundheit der Kumpel. Bis 1990 gab es<br />
unter den Bergarbeitern 7.163 Tote allein durch Lungenkrebs<br />
– die Zahl steigt noch immer.<br />
Bis 1955 wurden die Strahlengefahren einfach<br />
geleugnet. Dabei wurden in den Wismut-Minen<br />
1955 im Schnitt 100.000 radioaktive Zerfälle pro<br />
Kubikmeter Luft und Sekunde gemessen. Spitzenwerte<br />
reichten gar bis 1,5 Millionen.<br />
Insgesamt 220.000 Tonnen Uran förderten so<br />
die Kumpel bis zur Auflösung der Wismut AG zum<br />
Jahresende 1991. Die Ronneburger Lagerstätten erwiesen<br />
sich dabei als die bedeutendsten. Bis 1990<br />
förderte die Wismut hier 113.000 Tonnen Uran. Dazu<br />
waren im Ronneburger Revier 2.926 Kilometer<br />
Strecken untertage notwendig; Schächte auf einer<br />
Gesamtfläche von 74 Quadratkilometern, Tagebaue,<br />
riesige Abraumhalden, die lange als Wahrzeichen<br />
der Region galten.<br />
Mit der Wende kam das bereits von der DDR<br />
geplante Ende des Uranerzabbaus. Nicht aber das<br />
Ende der Wismut: Als bundeseigene GmbH mit Sitz<br />
im Chemnitz ist sie für ein gigantisches Sanierungsprogramm<br />
verantwortlich. 6,2 Milliarden Euro werden<br />
die Hinterlassenschaften den Steuerzahler kosten:<br />
Es gilt unter anderem 311 Millionen Kubikmeter<br />
THEMA<br />
Haldenmaterial und 160 Millionen Kubikmeter radioaktive<br />
Schlämme zu beseitigen. Die Sanierung gilt<br />
als das größte Umweltprojekt, dass je in Deutschland<br />
realisiert wurde. Laut Bundeswirtschaftsministerium<br />
sind zwei Drittel der Arbeiten geschafft.<br />
Zum Beispiel die Abraumhalden in der ostthüringer<br />
Landschaft. Hier hatte die Wismut in sechs Bergwerken<br />
und mehreren Tagebauen radioaktives Material<br />
abgebaut – und den Abraum zu gigantischen<br />
Halden aufgetürmt. Diese sind verschwunden - eine<br />
„neue Landschaft“ ist entstanden.<br />
Und genau so heißt auch das Motto eines Teils<br />
der Bundesgartenschau <strong>2007</strong>: „Neue Landschaft<br />
Ronneburg“. Wer ein Wunder erleben möchte, der<br />
muss ins einstige Wismut-Land fahren.c N. REIMER<br />
I Teil 1 der BUGA: Hofwiesenpark in Gera. I Teil 2 der BUGA: Holzbrücke in Ronneburg.<br />
Bundesgartenschau <strong>2007</strong><br />
www.buga<strong>2007</strong>.de<br />
Der Hofwiesenpark Gera ist neben der<br />
„Neuen Landschaft Ronneburg“ der zweite<br />
Ausstellungsbereich der BUGA <strong>2007</strong>. Im<br />
Kontrast zur Weite in Ronneburg soll er<br />
Nähe zur Stadt und neue Möglichkeiten,<br />
Natur hautnah zu erleben, bieten. Durch<br />
die BUGA werden die ehemaligen Hofwiesen<br />
zu einem Stadtpark mit weiten Grünflächen<br />
und sanften Konturen am Ufer der<br />
Weißen Elster. 171 Tage – 27. April bis 14.<br />
Oktober – kann man dann auf dem Hofwiesenboulevard<br />
schlendern.<br />
Gesamtfläche: ca. 800 Hektar<br />
Ausstellungsfläche: ca. 90 Hektar<br />
Dauerkarten:<br />
80 Euro für Erwachsene,<br />
65 ermäßigt, 30 für Kinder<br />
1-<strong>2007</strong> NATURFREUNDiN SEITE 11<br />
SERVICE<br />
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