Genossenschaftsblatt 2/2010 - RWGV
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Fotos: Martin Meissner<br />
<strong>RWGV</strong> intern<br />
Wunschzettel an die nordrhein-westfälische<br />
Politik aus?<br />
Andreas Rottke: Die neue Landesregierung<br />
soll sich mit aller Kraft dafür einsetzen,<br />
dass es dem Mittelstand gut geht. Das heißt,<br />
dass bürokratische Hemmnisse abgebaut<br />
werden, dass eine vernünftige Steuerpolitik<br />
betrieben wird, dass man das freie mittelständische<br />
Unternehmertum generell fördert<br />
und arbeiten lässt. Allein der Umsatz der gewerblichen<br />
Genossenschaften im <strong>RWGV</strong> mit<br />
einem Volumen von über sieben Milliarden<br />
Euro unterstreicht die Bedeutung meines<br />
Wunsches an die Politik. Aktuell beschäftigen<br />
die 246 Mitgliedsbetriebe immerhin<br />
7.300 Menschen. Nicht vergessen darf man<br />
die 39.000 Mitglieder, die zu diesen Genossenschaften<br />
gehören. Das ist für jede Politik<br />
ein Dreh- und Angelpunkt.<br />
Gerade unter den Mitgliedern des <strong>RWGV</strong>s<br />
sind zahlreiche Genossenschaften, die bundesweit<br />
arbeiten. Haben Sie den Eindruck,<br />
dass der Landespolitik dieser Schatz immer<br />
ausreichend bewusst ist?<br />
Andreas Rottke: Ich sage ganz off en: Aus<br />
meiner Erfahrung ist es nicht so, dass alle das<br />
wissen. Wenn ich hier im Bonner Raum die<br />
Genossenschaft Deutscher Brunnen sehe,<br />
dann wissen einige, dass wir bundesweit<br />
arbeiten, aber sicherlich nicht alle. Dies zu<br />
erklären ist eine ureigene Aufgabe der Genossenschaft<br />
und auch des <strong>RWGV</strong>s. Einen<br />
guten Eindruck hat der Genossenschaftstag<br />
gemacht. Ich erinnere mich gern an den Paderborner<br />
Tag, wo sich jedermann davon<br />
überzeugen konnte, was die jeweiligen Genossenschaften<br />
mit welcher Breitenwirkung<br />
tun.<br />
Sie haben bürokratische Hemmnisse für Genossenschaften<br />
angesprochen. Wo müsste<br />
man anpacken?<br />
Andreas Rottke: Bürokratische Hemmnisse<br />
sind im Planungsrecht zu sehen, auch im<br />
Baurecht. Was mich stört – und das möchte<br />
ich für den Mittelstand generell sagen – sind<br />
die langen Laufzeiten, so auch zum Beispiel<br />
bei Warenzeicheneintragungen oder bei Patentanmeldungen<br />
und Geschmacksmusterrechten.<br />
Das sind Abläufe, die man verkürzen<br />
könnte. So hilft man den Betrieben, die<br />
in den Markt gehen wollen. Föderale Vielfalt<br />
ist da auch nicht immer ein Segen. Allein<br />
wenn man länderübergreifend die Verfahren<br />
vereinheitlichen würde, hätten viele Unternehmen<br />
schon einen Zeitgewinn. Ich sehe<br />
das immer wieder auch bei wasserrechtlichen<br />
Genehmigungen. Das dauert Wochen<br />
und Monate. Stellen Sie sich da mal einen<br />
jungen Betrieb vor, der anfangen will. Der<br />
Unternehmer kann doch nicht ein halbes<br />
Jahr mit seinen Investitionen warten, bis die<br />
letzten Untersuchungen abgeschlossen sind.<br />
Das kann man zügiger machen, weil die Betriebe<br />
ja schon von sich aus die qualitativen<br />
Voraussetzungen in den Antragsunterlagen<br />
vorweisen müssen. Also: Die Beschleunigung<br />
von vielen amtlichen Anerkennungs-<br />
und Prüfverfahren wäre ganz wichtig.<br />
Gibt es auch positive politische Entwicklungen?<br />
Andreas Rottke: Oh ja! Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz<br />
hat Erleichterungen<br />
für kleinere Genossenschaften geschaff en,<br />
aber auch für mehr Klarheit in der Handelsbilanz<br />
gesorgt. So kann auch der wirtschaftliche<br />
Wert einer Genossenschaft stärker<br />
kommuniziert werden, natürlich auch mit<br />
dem Ziel, die Banken zu überzeugen, damit<br />
Kredite gegeben werden können. Das ist ja<br />
für viele eine ganz wesentliche Grundlage,<br />
überhaupt wirtschaftlich tätig werden zu<br />
können. Deshalb begrüße ich es sehr, dass<br />
es das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz<br />
erlaubt, Entwicklungskosten frühzeitig in die<br />
Handelsbilanz aufzunehmen. Das gilt bei<br />
neu entwickelten Software-Programmen, das<br />
gilt bei Patentrechten und Geschmacksmusterrechten<br />
sowie für sonstiges Know-How,<br />
das man entwickelt hat. Das alles ist sehr<br />
zu begrüßen. Ich kann nur alle Mitglieder<br />
aufrufen, sich engstens mit den jeweiligen<br />
Fachleuten beim Rheinisch-Westfälischen<br />
Genossenschaftsverband zu beraten. Denn<br />
am Ende kann eine günstigere wirtschaftliche<br />
Darstellung der Genossenschaft stehen.<br />
Im vergangenen Jahr sind 44 neu gegründete<br />
Genossenschaften Mitglied beim <strong>RWGV</strong><br />
geworden, im diesem Jahr könnten es vielleicht<br />
sogar über 50 werden. Wie können diese<br />
jungen Genossenschaften von der Arbeit der<br />
Fachvereinigung profi tieren – und wie können<br />
Sie diese neuen Genossenschaften an die<br />
Verbandsarbeit heranführen und ihr Interesse<br />
wecken?<br />
Andreas Rottke: Junge Genossenschaften<br />
haben eine Unterstützung von Anfang an<br />
durch das so genannte Gründungscoaching.<br />
Das Gründungscoaching ist dann natürlich<br />
mit der Gründung zu Ende, aber die Begleitung,<br />
die Betreuung dieser neuen Genossenschaften<br />
hört ja nicht auf. Und in einem Kreis<br />
aufgenommen zu sein wie in der Fachvereinigung<br />
bedeutet, von Anfang an auch einen<br />
Meinungsaustausch mit anderen Genossenschaften<br />
führen zu können. Ich würde mich<br />
freuen, wenn wir künftig – vielleicht bei Verbandstagen<br />
– die Vorstellung neuer Unternehmen<br />
einbinden.<br />
Andreas Rottke: „Die Vorteile einer Verbundgruppe in der Rechtsform der Genossenschaft liegen auf der<br />
Hand.“ Welche Vorteile sehen Sie für gewerbliche Ver- ><br />
10 GENOSSENSCHAFTSBLATT 2 | <strong>2010</strong>