zekazin 1/2012 - zeka, Zentren körperbehinderte Aargau

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22 Seitenwechsel zeka-Lehrpersonen bilden sich weiter Die Lehrpersonen der Mittel- und Oberstufe sowie der Berufswahlschule bereiten Jahr für Jahr zahlreiche Schülerinnen und Schüler aufs Berufsleben vor. Im vergangenen Jahr wechselten die Lehrkräfte im Rahmen einer Weiterbildung für drei bis fünf Stunden die Seite und schnupperten in Betrieben des ersten Arbeitsmarktes. Sie gewannen dabei Einblicke in die Arbeits- und Berufskultur von Gewerbe und Dienstleistungsbetrieben und machten persönliche Arbeitserfahrungen. Beziehungen zu Malern, Bäckern, Gärtnern, Detailhandelsangestellten, Köchen, Schreinern, Mechanikern, Lehrmeistern und Lernenden wurden aufgebaut und deren Alltag und Probleme nachempfunden. Was haben die Lehrpersonen dabei erfahren und welche rückschlüsse in bezug auf ihren Unterricht haben sie gezogen? Alle Lehrkräfte haben ihre Erlebnisse und Gedanken in einem schriftlichen Bericht zusammengefasst und während einer folgenden Weiterbildungssequenz den Kolleginnen und Kollegen vorgestellt. Anschliessend haben sie in Gruppen die wichtigsten Fazits und Rückschlüsse für die Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf ihr späteres Berufsleben zusammengefasst. Einige daraus resultierende Förderziele seien hier erwähnt: • Pünktlichkeit und Pflichtbewusstsein • Exaktes und sorgfältiges Arbeiten • Durchhaltewillen, auch ohne Motivationsschub • Gepflegtes Auftreten, Umgangsformen und Kundenfreundlichkeit • Selbstorganisation und Selbstständigkeit • Hierarchie akzeptieren lernen • Tempo, kein Schonraum • Organisation des Arbeitsplatzes • Planung der Arbeiten, gleichzeitig verschiedene Aufträge bewältigen • Schnuppern möglichst früh beginnen Text und Fotos: Monika Speich, Fachverantwortliche Schulische Heilpädagogik Mittel-/Oberstufe Die ausführlichen Berichte finden Sie mit nebenstehendem QR-Code oder per Hyperlink auf der Webseite von zeka (http://www.zeka-ag.ch/seitenwechsel- mitarbeitende-der-oberstufe-bilden-sich-weiter.html)
Wenn das Auge nicht mitisst! Kaum hatten sich die Mitarbeiterinnen der kaufmännischen berufe begrüsst, standen sie bereits in einer Polonaise! Und das ohne fröhliche Ländler- oder Schlagermusik, ohne Schunkeln auf den bänken und ohne eins über den Durst getrunken zu haben. Franka serviert uns in Kürze das Essen. Vorher führt sie die Polonaise ins stockdunkle Restaurant. An unserem Tisch angekommen, nimmt sie nacheinander unsere Hände und führt diese zu den Stuhllehnen. Nach der ersten Hilflosigkeit in der absoluten Dunkelheit waren wohl alle froh, sich vorerst in der vermeintlichen Sicherheit eines Stuhles zu fühlen! Ich bin überzeugt, dass wir alle das Essen, Sein und Diskutieren im Restaurant blindekuh anders empfunden haben. Für mich persönlich waren zwei Erlebnisse besonders prägend. Kaum am Tisch angekommen, nimmt Franka die Getränkebestellung auf. Sie arbeitet seit 7 Jahren hier und hat ein Sehvermögen von 30 %. Sie hört sich unsere Bestellung an. Während ich noch immer vorwiegend mit mir selber beschäftigt bin, bringt sie bereits die Getränke, stellt sie kommentarlos (!) auf den Tisch und füllt unsere Gläser. Ob da wirklich meine Cola vor mir steht? Ich taste mich vorsichtig zu meinem Glas, trinke, Volltreffer. Auch meine Kolleginnen haben exakt ihre bestellten Getränke erhalten. Wir sind beeindruckt! Im Gegensatz zu Gemüse mag ich Salat sehr. Ich bestelle also einen Frisésalat mit Speck und Croûtons. Beim gemischten Salat ist mir das Risiko von Bohnen oder Ähnlichem zu gross. Natürlich sehe ich nicht, was da auf meinem Teller liegt. Die ersten paar Gabeln schmecken aber nach Grünem. Wo wohl der Speck liegt? Die Croûtons? Plötzlich landet da etwas im Mund, das meine Geschmacksnerven arg strapaziert! Ob ich Franka fragen soll, ob sie mir wirklich einen Frisésalat serviert hat? Sie sieht es ja auch nicht! Also esse ich weiter, sicher, dass ich den gemischten Salat erwischt habe. Bei jedem Bissen bin ich ab jetzt gespannt wie ein Pfeilbogen, wie mein Geschmack reagiert… Es hat also durchaus Vorteile, wenn das Auge mitisst! Trotzdem, wir waren uns einig: Der Besuch war ein sehr positives, bleibendes und eindrückliches Erlebnis! Petra Bolfing, Leiterin Marketing, PR und Fundraising 1/2012 Wir haben aus der Gruppe ein paar Stimmen eingefangen: «Grosse Vorfreude – gemischte Gefühle beim Hinsetzen in der totalen Dunkelheit – andere Sinne wie Gehör und Geschmackssinn werden sofort aktiv – ein einmaliges Gruppen-, aber auch Einzelerlebnis, welches doch ein wenig Mut braucht!» Conny Thut, Fachverantwortliche kaufm. Berufe «Neue Erfahrung, sehr eindrücklich, eine ganz andere ‹Welt›, andersartig, nachhaltig prägend – so habe ich den Eintritt in etwas für mich völlig Neues erlebt.» Karin Kurz «Ein tolles Erlebnis. Sehr beeindruckt hat mich, wie sich die Servierfrauen zurechtfinden und nach den Stimmen orientieren können. Am Anfang war der Lärmpegel sehr hoch. Ich habe gemerkt, dass ich besser höre, wenn ich nichts sehe. Erstaunt hat mich, wie es mir leicht fiel, mein Essen mit den Händen zu ertasten und halt teilweise auch mit den Händen zu essen. Ich habe das geradezu genossen, weil ja niemand zusehen konnte. Christine Egger «Ich war erstaunt, wie schnell sich der ganze Körper an die Dunkelheit anpassen konnte. Auch ohne Licht entstand eine sehr angenehme Atmosphäre im Raum und untereinander, und ich fühlte mich behütet. Unwahrscheinlich interessant für mich war, dass ich vor allem feinste Gerüche wahrnahm und versuchte, mir ein Bild von den französisch sprechenden Nachbarn zu machen. Unangenehm für mich war der Moment, wo wir per Polonaise durch den Vorhang gingen und wieder ans Tageslicht kamen. Die Sonne, die am Anfang durch das schöne farbige Tiffany-Glasfenster beim Empfang schien, hat plötzlich so sehr geblendet. Mir war ein kurzer Moment richtig schwindlig. Ein wirklich prägendes Erlebnis. Vielen Dank! Rosmarie Indermühle Kompetenz für Menschen mit Körperbehinderung 23
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