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Musik<br />
cd-tipps<br />
von Antonio Suárez Varela<br />
Blues Traveler – North Hollywood Shootout<br />
■ Obwohl in den USA das Genrebewusstsein weitaus<br />
stärker ausgeprägt ist als in Europa, schaffen<br />
es jenseits des Atlantiks immer wie<strong>der</strong> Bands in den<br />
Mainstream, die ebendiese Grenzen überbrücken. Zu<br />
diesem Typ Band gehören Rockgruppen wie Dave<br />
Matthews Band o<strong>der</strong> Robert Randolph & The Family<br />
Band. Ihnen gemeinsam ist, dass sie es trotz grossem<br />
Erfolg, in Europa nicht geschafft haben. Ähnlich verhält<br />
es sich mit <strong>der</strong> seit zwanzig Jahren bestehenden<br />
Band Blues Traveler. Das von Frontmann John Popper<br />
(Gesang / Harmonika) 1987 in Princeton mitbegründetes<br />
Quintett vermischt gekonnt Blues mit Rock und<br />
Folk zu einem Mix, <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s <strong>bei</strong>m Live-Publikum<br />
ankommt. Die aus <strong>der</strong> Jam-Band-Szene entstandene<br />
Formation hat bisher acht Studio- und vier Live-Alben<br />
aufgenommen, wovon sechs Gold o<strong>der</strong> Platin erreicht<br />
haben. Nach diversen Schicksalsschlägen hat<br />
sich die Band wie<strong>der</strong> aufgefangen und ist bereit, Europa<br />
zu erobern. Ihr neues Album «North Hollywood<br />
Shootout» entstand in Zusammenar<strong>bei</strong>t mit dem<br />
Grammy-Gewinner David Bianco. Obwohl ihrem charakteristischen<br />
Blues-Rock mit jazzigen Untertönen<br />
verpfl ichtet, öffnet sich <strong>der</strong> Sound <strong>der</strong> neuen Platte<br />
dem Pop-Mainstream. «You, Me And Everything» sowie<br />
«Orange In The Sun» fügen sich noch am ehesten<br />
ins klassische Songrepertoire ein. Für die Überraschung<br />
sorgt <strong>der</strong> groovende Abschlusstrack mit<br />
einem Gastauftritt von Bruce Willis. Zu den grossen<br />
Leidenschaften des Helden von «Stirb Langsam» gehört<br />
ja bekanntlich die Musik.<br />
Info: Blues Traveler, «North Hollywood Shootout»<br />
(Verve / UMG) - www.bluestraveler.com<br />
Leon Ware – Moon Ride<br />
■ Sehr wahrscheinlich gibt es viel mehr Leute, die<br />
zwar seine Songs, nicht jedoch den Musiker kennen.<br />
Leon Ware ist längst eine lebende Legende. Der Songwriter,<br />
Produzent und Sänger aus Detroit ist in erster<br />
Li<strong>nie</strong> bekannt für das Album «I Want You» (1976), das<br />
er für Marvin Gaye geschrieben und produziert hat,<br />
obwohl das Material ursprünglich für eine eigene LP<br />
vorgesehen war. Die Liste seiner Zusammenar<strong>bei</strong>ten<br />
<strong>der</strong> letzten vier Jahrzehnte ist erdrückend. Nicht viele<br />
kämen auf den Gedanken, Songs wie «I Wanna Be<br />
Where You Are» (Michael Jackson), «Inside My Love»<br />
(Min<strong>nie</strong> Riperton), «Body Heat» (Quincy Jones) o<strong>der</strong><br />
«If I Ever Lose This Heaven» (Quincy Jones / Average<br />
White Band) mit Leon Ware in Verbindung zu setzen.<br />
Seine Ar<strong>bei</strong>t erstreckt sich aber auch auf die nächste<br />
Generation. So produzierte er u. a. für Maxwell, Omar,<br />
John Legend, Zhané o<strong>der</strong> Ice Cube. Die wohl beste<br />
Zeit als eigenständiger Künstler hatte <strong>der</strong> grosse<br />
Liebhaber brasilianischer Musik in <strong>der</strong> zweiten Hälfte<br />
<strong>der</strong> 70er und Anfang <strong>der</strong> 80er Jahre. «Musical Massage»<br />
von 1976 bleibt ein Meilenstein seines Schaffens.<br />
Seinem Stil ist <strong>der</strong> «Sensualist of Soul» über<br />
die Jahre treu geblieben. Seine geschmeidig-warme<br />
Bettfl üsterstimme und erotischen Liebesoden prägen<br />
sowohl seine frühen wie seine neueren Werke.<br />
Nach vier in Eigenregie produzierten Alben, gibt er<br />
nun mit «Moon Ride» sein Debüt auf dem neubelebten<br />
Stax-Label. Wenn von den zwölf Titeln überhaupt<br />
welche beson<strong>der</strong>s hervorzuheben sind, dann wohl am<br />
ehesten «Smoovin’» und «I Never Loved So Much».<br />
Nicht nur Kennern wärmstens zu empfehlen.<br />
Info: Leon Ware, «Moon Ride» (Stax Records / UMG)<br />
www.leonware.com<br />
Brooklyn Funk Essentials - Watcha Playin’<br />
■ Nach achtjähriger Pause feiert das Bandkollektiv<br />
Brooklyn Funk Essentials mit «Watcha Playin’» das<br />
lang ersehnte Comeback und gleichzeitig das 15-jährige<br />
Bestehen. Die neue Studioproduktion entstand<br />
unter <strong>der</strong> Leitung von Gründungsmitglied Lati Kronlund<br />
und baut auf dem klassischen Line-up auf. Neu<br />
dazu gestossen für das vierte Studioalbum sind <strong>der</strong><br />
türkische Klarinettist Hüsnu Senlendirici, die tunesische<br />
Rai-Diva Amina Annabi und <strong>der</strong> Gitarrist Masa<br />
Shimizu. Die in den frühen 90er Jahren in <strong>der</strong> New<br />
Yorker Hip-Hop-Jazz-Szene gegründete Formation<br />
entwarf die neuen Songs auf <strong>der</strong> Reunion-Tour von<br />
2007. Aufgenommen wurde in New York, Paris, Amsterdam,<br />
Stockholm und Istanbul. Der kosmopolitische<br />
Rahmen und das farbige Cover passen zum Sound.<br />
Die Band schlägt den Bogen von Balkan-Ska über jazzigen<br />
House zu Dub-Reggae und mischt Afrobeat mit<br />
orientalischen Melodiebögen. Der wilde Stilritt erinnert<br />
an das legendäre Debütalbum «Cool and Steady<br />
and Easy» von 1994, das vor allem dank <strong>der</strong> herrlichen<br />
Coverversion von Pharao San<strong>der</strong>s’ Klassiker<br />
«The Creater Has A Master Plan» in <strong>der</strong> Erinnerung<br />
haften geblieben ist. Das mit zwölf Songs aufwartende<br />
neue Album ist ein Groove-Feuerwerk erster Güte<br />
und macht Lust auf mehr. Die Band ist am 1. November<br />
am Zürcher JazzNoJazz zu Gast.<br />
Info: Brooklyn Funk Essentials, «Watcha Playin’» (Tropical<br />
Music / Sony BMG)<br />
www.brooklynfunkessentialsmusic.com<br />
Keziah Jones – Nigerian Wood<br />
■ Der Botschafter und Erfi n<strong>der</strong> des «Blufunk» — einer<br />
Mischung aus Funk und akustischem Blues — ist<br />
zurück mit einem neuen Album. «Nigerian Wood»<br />
ist, wie <strong>der</strong> Name schon andeutet, eine Hommage<br />
an sein Heimatland Nigeria. Keziah beschreibt sein<br />
neues Album als Afro-Soul mit politischer Sozialkritik.<br />
Es ist auch Ausdruck seines Stolzes, dem Volk <strong>der</strong><br />
Yoruba anzugehören. Der vor 17 Jahren in <strong>der</strong> Pariser<br />
Metro entdeckte Künstler frönt zwar weiterhin seiner<br />
gewohnten Melange aus Afro-Beat, Funk, Rock und<br />
Blues, diesmal aber ist <strong>der</strong> Sound «grooviger», vor allem<br />
weil Perkussion, Schlagzeug und Bläser verstärkt<br />
zum Einsatz gelangen. In «Blue Is The Mind» ist dies<br />
dank dem Baritonsaxophon und <strong>der</strong> Bassklarinette<br />
beson<strong>der</strong>s augenfällig. Für die Perkussion war Produzent<br />
Karriem Riggins aus dem Nu-Soul-Bereich verantwortlich.<br />
Das Resultat ist die Verschmelzung zweier<br />
Musiktraditionen: afrikanischer Avantgardismus<br />
und Black Music. Die teilweise völlig verschiedenen<br />
musikalischen Ingredienzien machen aus «Nigerian<br />
Wood» ein sehr spannendes und komplettes Werk.<br />
Aus dem starken Album heben sich «Beautifulblackbutterfl<br />
y», «My Kinda Girl», «Long Distance Love»<br />
o<strong>der</strong> «Lagos Vs. New York» ab. Auch lyrisch geht er<br />
verschiedene Wege. Liebestexte wechseln sich ab mit<br />
Songs wie «1973 (Jokers Reparation)», wo es um Globalisierungskritik<br />
geht und namentlich die Schweiz<br />
als internationale Bankdrehscheibe für Fluchtgel<strong>der</strong><br />
nicht gerade gut wegkommt. Der Einstieg in die hiesigen<br />
Charts war aber trotzdem vielversprechend.<br />
Info: Keziah Jones, «Nigerian Wood» (Because Music/<br />
Warner) - www.keziahjones.com<br />
Brown Sugar Presents: Funk Ain’t A Word<br />
■ Eine <strong>der</strong> besten Rare-Groove-Compilations <strong>der</strong><br />
letzten Jahre ist zweifelsohne die vom Brown-Sugar-<br />
Team zusammengestellte Reihe «The Manifesto Of<br />
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ensuite - kulturmagazin Nr. 70 | Oktober 08