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Bild: Nachlass Emil Zbinden<br />

■ Steigt man die Treppe im Stettlerbau des Kunstmuseums<br />

hinunter, rückt als Erstes eine grosse<br />

<strong>Druck</strong>erpresse ins Blickfeld: Den grafi schen Künsten<br />

verbunden, blieb Zbinden zeitlebens <strong>der</strong> <strong>Druck</strong>kunst<br />

treu, un<strong>bei</strong>rrt von <strong>der</strong> Kunstwelt, welche die Grafi k<br />

nach und nach in den Schatten <strong>der</strong> Malerei und <strong>der</strong><br />

Medienkunst stellte. Sinnbildlich steht die Presse<br />

auch für das sorgfältige Handwerk des Berners, <strong>der</strong><br />

sich mit seiner Buchkunst einen Namen gemacht hat.<br />

Und für seine Verbundenheit mit <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>terschaft:<br />

Jene Menschen, die er in seinem Werk zeichnete, für<br />

die er aber auch die Mehrheit seiner Illustrationsar<strong>bei</strong>ten<br />

gefertigt hat.<br />

Drei Blätter zum Ikarus-Motiv spannen das Spektrum<br />

<strong>der</strong> grafi schen Werke von Zbinden auf, verweisen<br />

in malerischen Anklängen darüber hinaus<br />

auf die kaum bekannten freien Ar<strong>bei</strong>ten, die in <strong>der</strong><br />

Retrospektive des Künstlers, <strong>der</strong> dieses Jahr 100<br />

geworden wäre, im Kunstmuseum nun erstmals zu<br />

sehen sind. Poetisch und scharf gestochen zeichnet<br />

sich die Figur des herabstürzenden Ikarus, in <strong>der</strong> Diagonale<br />

daneben in dokumentarischer Prägnanz eine<br />

Bohrinsel und ihre Ar<strong>bei</strong>ter. Blau erstreckt sich dazwischen<br />

das Meer in einer grossen Welle, in Schnitttechnik<br />

ins längsseitige Holz geschnitten, weicher<br />

in den Konturen und die natürliche Faserung des<br />

Holzes ins Bild integrierend. Der griechische Mythos<br />

erscheint hier ins 20. Jahrhun<strong>der</strong>t gesetzt. Befl ügelt<br />

von technischer Machbarkeit stieg Ikarus mit den<br />

selbst gebastelten Flügeln so hoch in den Himmel,<br />

bis seine Fe<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Sonne versengten.<br />

Das Buch als Kulturgut Die präzisen <strong>Druck</strong>e im<br />

Kleinformat, auf die harte Stirnseite des Holzes gestochen,<br />

bedingte die Ar<strong>bei</strong>t als Buchgestalter und<br />

Illustrator. Zum Markenzeichen von Zbinden sind<br />

Stiche geworden, wie sie etwa in den «Schönsten Sagen<br />

des Klassischen Altertums» von Gustav Schwab<br />

zu sehen sind, vor allem aber die Illustrationen <strong>der</strong><br />

sechzehnbändigen Gotthelf-Gesamtausgabe <strong>der</strong> Büchergilde<br />

Gutenberg. <strong>Druck</strong>erei, Verlag und Buchklub<br />

für Ar<strong>bei</strong>terinnen und Ar<strong>bei</strong>ter, zunächst im Deutsch-<br />

land <strong>der</strong> 20er-Jahre gegründet, während dem Krieg<br />

mit Ablegern in Zürich und Lausanne, später wie<strong>der</strong><br />

in Deutschland, war die Gilde Hauptauftraggeberin<br />

für den gelernten Setzer und Meister <strong>der</strong> Grafi schen<br />

Kunst. Für dieses gewerkschaftliche Unternehmen,<br />

aber auch für an<strong>der</strong>e Verlage war Zbinden über die<br />

Illustrationen hinaus für die umfassende Ausstattung<br />

<strong>der</strong> Bücher einschliesslich Rückentitel, Einband,<br />

Vorsatzpapier, Titelseite und Initialen besorgt.<br />

Das buchgestalterische Schaffen Emil Zbindens<br />

zeichnet die sorgfältig gestaltete Ausstellung in <strong>der</strong><br />

Zentralbibliothek nach. Nachvollziehbar wird hier,<br />

wie die hohen Aufl agen <strong>der</strong> Bücher Zbindens Vignetten<br />

<strong>bei</strong> einer breiten Bevölkerungsschicht bekannt<br />

machten. «Die Bücher bleiben», hatte <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Büchergilde, Bruno Dressler, dem jungen, suchenden<br />

Zbinden versichert.<br />

Das Wesen des Menschen Wie <strong>der</strong> künstlerische<br />

Fundus erscheint das im Kunstmuseum gezeigte<br />

freie Schaffen. Erkennbar wird hier, wie Zbinden in<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t seismografi sch seine Zeit festhielt, mit<br />

Stift, Stichel und Pinsel Bildreportagen fertigte, den<br />

künstlerischen Ausdruck suchte und Techniken ausprobierte<br />

– verschiedene Li<strong>nie</strong>n, die sich in Zbindens<br />

Werk kreuzen, verschlingen, aber auch mal in einer<br />

Sackgasse enden, so die Kuratorin Anna Schafroth.<br />

Engagierte Kunst spiegelt die Eindrücke, die den<br />

jungen Zbinden in <strong>der</strong> politisch und gesellschaftlich<br />

aufgewühlten Zeit <strong>der</strong> Weltwirtschaftskrise und des<br />

aufsteigenden Nationalsozialismus in seinen Ausbildungsjahren<br />

1928–31 in Berlin und Leipzig tief<br />

berührten. Nach seiner Rückkehr nach Bern hängt<br />

er in seiner Wohnung Porträts von zwei hingerichteten<br />

Künstlerfreunden auf. In Bern fertigt er einen<br />

<strong>Druck</strong> zu dem Schauprozess des Reichstagsbrandes<br />

und zeichnet den Hauptangeklagten Kommunisten<br />

Dimitroff als Ankläger des aufsteigenden Nationalsozialismus.<br />

Ein politisch engagiertes Anfangswerk,<br />

das den Künstler unter generellen Kommunistenverdacht<br />

stellte.<br />

Leben und Leute Die Optik, die im Kalten Krieg<br />

Magazin<br />

KULTUR & GESELLSCHAFT<br />

die zeit in holz und farbe gestanzt<br />

Von Anne-Sophie Scholl - Zum 100. Geburtstag des Berner Holzstechers, Illustrators und Künstlers Emil Zbinden<br />

die Welt zweiteilte, hat lange den Blick auf Zbindens<br />

Werk verzerrt. Seine Gotthelf-Illustrationen wurden<br />

in <strong>der</strong> Schweiz dem Kontext <strong>der</strong> Geistigen Landesverteidigung<br />

zugeordnet, umgekehrt wurde Zbinden<br />

in Leipzig als politischer Künstler gefeiert. Eher humanistischer<br />

Art ist Zbindens Interesse für den Menschen<br />

und sein Leben. Als «dauernde Beschäftigung<br />

mit dem Wesen des Menschen» erinnert <strong>der</strong> Sohn<br />

Karl Zbinden das Zeichnen des Vaters auf den vielen<br />

Recherchereisen, die diesen durch die Schweiz und<br />

darüber hinaus führten.<br />

Landschaftsbil<strong>der</strong> offenbaren die künstlerische<br />

Suche: Das Sujet eines Baumes wird zum Vorwand<br />

für Textur, Rhythmus und Komposition domi<strong>nie</strong>ren in<br />

einer städtischen Landschaft, das Nachspüren von<br />

Hodlers Handschrift wird erkennbar, vereinzelt fi ndet<br />

sich ein Aquarell. Die grossen Reportagebil<strong>der</strong>, die<br />

Zbinden von den Staumauern Oberaar, Lienne in <strong>der</strong><br />

Westschweiz o<strong>der</strong> Albigna im Bergell malt, bringen<br />

die Faszination für die Ästhetik <strong>der</strong> Industrie zum<br />

Ausdruck. Das künstlerisch erfasste Nebeneinan<strong>der</strong><br />

von Strukturen im Fels wie im gebauten Werk o<strong>der</strong> in<br />

den Baustellen hinterlässt hier einen etwas zwiespältigen<br />

Eindruck.<br />

Gesellschaftspolitische Themen tauchen im Spätwerk<br />

wie<strong>der</strong> verstärkt auf. Mit dem unfertigen Gesicht<br />

eines russischen Bergar<strong>bei</strong>ters, welches <strong>bei</strong>m<br />

Tod des Künstlers auf <strong>der</strong> Staffelei stand, schliesst<br />

sich das Schaufenster auf Menschen und Leben einer<br />

Zeit, <strong>der</strong>en einfühlsamer und künstlerisch sensibler<br />

Chronist Zbinden war.<br />

Ausstellung im Kunstmuseum Bern: «Emil Zbinden<br />

1908–1991. Für und wi<strong>der</strong> die Zeit». Bis 18.1.2009.<br />

Info: www.kunstmuseumbern.ch<br />

Katalog: Anna M. Schafroth. «Emil Zbinden. Für<br />

und wi<strong>der</strong> die Zeit». Benteli Verlag, 2008.<br />

Ausstellung in <strong>der</strong> Zentralbibliothek Bern: «Emil<br />

Zbinden und das Buch. Das buchgestalterische<br />

Werk <strong>der</strong> Berner Zeichners, Holzschnei<strong>der</strong>s und Typografen».<br />

Bis 28.2.2009. Info: www.ub.unibe.ch<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 70 | Oktober 08 43

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