Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären ... - GRH e. V.
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Unter Berücksichtigung von zwei Aspekten entschied sich die damalige Sportleitung der<br />
DDR unter bestimmten Voraussetzungen für eine sachgerechte, medizinisch kontrollierte<br />
Anwendung ausgewählter Dopingmittel.<br />
Der eine Aspekt war darin zu sehen, dass es zu dieser Zeit weder ein wirksames<br />
internationales Kontrollsystem gab, das alle Sportarten <strong>und</strong> Länder gleichermaßen erfasste.<br />
Der zweite Aspekt bestand darin, einen unkontrollierten, spontanen <strong>und</strong> daher medizinisch<br />
nicht zu verantwortenden Gebrauch zu verhindern. Dabei darf nicht unerwähnt bleiben, dass<br />
anabole Steroide erst 1976 auf die IOC-Verbotsliste gesetzt wurden.<br />
Wiederholt möchte ich bei der Beschreibung dieser Fakten darauf hinweisen, dass die<br />
Dopingprobleme dieser Jahre nur im Kontext <strong>zur</strong> internationalen Situation im Weltsport<br />
gesehen werden können.<br />
10<br />
Die Verantwortlichen des DDR-Sports haben sich die Entscheidung für den Einsatz von<br />
Dopingmitteln nicht leicht gemacht. So wurden strenge Kriterien festgelegt, auf die ich im<br />
Verlaufe meiner Darstellungen noch näher eingehen werde. Vor allem ging es darum, unter<br />
welchen Bedingungen die Nutzung von Dopingmitteln nicht nur vor den Sportlern vertreten,<br />
sondern mit ihnen gemeinsam getragen werden konnte.<br />
Die Sportleitung der DDR entschied sich im Sinne einer Doppelstrategie, gleichzeitig in zwei<br />
verschiedenen Richtungen vorzugehen:<br />
Auf der einen Seite nutzten wir sämtliche <strong>zur</strong> Verfügung stehenden Möglichkeiten, Ebenen,<br />
Gremien <strong>und</strong> Kongresse im Kampf gegen das Doping, um aktiv gegen Dopingmissbrauch<br />
aufzutreten. Sportärzte der DDR waren in medizinischen Kommissionen von 16<br />
internationalen bzw. europäischen Sportföderationen aktiv tätig, wobei Vertreter der DDR<br />
im Biathlon, Bob, Gewichtheben <strong>und</strong> Fußball sogar den Vorsitzenden stellten. Vor allem in<br />
den internationalen Förderationen der Leichtathletik, im Rudern <strong>und</strong> Kanu, im Ringen, Boxen<br />
<strong>und</strong> Gewichtheben, aber auch im Biathlon <strong>und</strong> Bobsport <strong>und</strong> im Fußball sind unsere<br />
Mitglieder in den Medizinischen Kommissionen mit konkreten Vorschlägen für verstärkte<br />
nationale <strong>und</strong> internationale Kontrollen, <strong>zur</strong> Erarbeitung juristischer Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> gegen<br />
die Eskalation sportschädlicher Einflüsse aufgetreten. Außerdem war die DDR in der<br />
Subkommission Doping der Medizinischen Kommission des IOC vertreten.<br />
Es gab keine internationale Anti-Dopingkonferenz, auf der nicht auch Vertreter der DDR<br />
gegen diese Geisel des modernen Sports auftraten <strong>und</strong> Vorschläge für ein weltweites<br />
Kontrollsystems unterbreiteten.<br />
Parallel dazu haben wir andererseits im Interesse der Chancengleichheit unserer Sportler<br />
unterstützende Mittel wissenschaftlich-medizinisch kontrolliert <strong>und</strong> unter Anwendung des<br />
Prinzips der Sicherung der Ges<strong>und</strong>heit bei gleichzeitiger Erhöhung der sportlichen<br />
Leistungsfähigkeit eingesetzt. Es gab zu dieser Zeit nicht die geringsten Anzeichen dafür, dass<br />
die Ursachen des Dopings in absehbarer Zeit beseitigt werden können. Das schleppend<br />
eingeführte internationale Kontrollsystem hatte wenig Effizienz. Auch das IOC zeigte sich<br />
nicht in der Lage, sichere Kontrollen zu gewährleisten.<br />
Voraussetzung für die Anwendung unterstützender Mittel war ein hoch entwickeltes System<br />
der sportmedizinischen Betreuung <strong>und</strong> Kontrolle <strong>und</strong> ein starkes Vertrauen in unsere<br />
Sportärzte.