Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären ... - GRH e. V.
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- sie Dopingmittel erhielten, aber nie eingenommen haben.<br />
Man kann das Verhalten dieser Sportler unter Beachtung der möglichen Konsequenzen, die<br />
auf sie zukommen konnten, nachvollziehen, aber damit waren die Ärzte, Trainer <strong>und</strong><br />
Funktionäre die allein Schuldigen.<br />
Kristin Otto, unsere sechsfache Schwimm-Olympiasiegerin von Soul 1988, äußerte sich im<br />
Sportstudio des ZDF am 18.Oktober 1997 wie folgt:“ Ich habe bis heute keine Anhaltspunkte<br />
dafür, dass ich vermuten kann, Medikamente bekommen zu haben, die meinen Körper<br />
geschadet haben“. Und auf die Frage, haben Sie gedopt oder wurden Sie möglicherweise<br />
gedopt, antwortete sie:“ Für mich gibt es keine Anhaltspunkte, diese Fragen zu bejahen“.<br />
Schließlich fühle sie sich absolut ges<strong>und</strong> <strong>und</strong> glaubt deshalb nicht daran, mit unerlaubten<br />
Mitteln in ihrer sportlichen Leistungsfähigkeit gefördert worden zu sein“.<br />
Mir ist aus meiner Tätigkeit im Leistungssport nicht bekannt, dass ein Trainer oder ein<br />
Sportler von oben angewiesen wurde, Doping zu verwenden. Daher ist es auch vollkommen<br />
falsch, dass diejenigen Sportler, die es ablehnten, unerlaubte Mittel zu verwenden, aus dem<br />
Kader geflogen wären. Es ist auch denen gegenüber äußerst ungerecht, die nie Dopingmittel<br />
einnahmen. Kann man überhaupt einen Sportler, einen Arzt oder Trainer zum Doping<br />
zwingen? Nach meiner eigenen Erfahrung als Sportler <strong>und</strong> Trainer ist Zwang keine Basis für<br />
Bestleistungen. Das Verhältnis von Sportler <strong>und</strong> Trainer kann nur dann zu Erfolgen führen,<br />
wenn es auf Vertrauen <strong>und</strong> gegenseitiger Achtung beruht, nicht auf Zwang. Nur wer sich<br />
freiwillig dem Leistungssport verschreibt, kann Erfolge erreichen.<br />
Ich selbst <strong>und</strong> da spreche ich sogar für all meine Sportkameraden, hatte während meiner<br />
aktiven Laufbahn, obwohl seit den 60ziger Jahren nachgewiesenermaßen bereits international<br />
angewendet, mit Doping gar nichts zu tun. Uns hat dieses Thema nicht interessiert <strong>und</strong> wir<br />
haben uns auch nicht bemüht, darüber etwas zu erfahren. Ich wog zu meinen aktiven Zeiten<br />
nie über 70 kg <strong>und</strong> hätte gern noch ein paar Kilo benötigt, um auf Bahnen mit langen Geraden<br />
<strong>und</strong> großen Kurvenradien mitzuhalten. Auf die Idee, außer durch natürliche, ges<strong>und</strong>e<br />
Nahrungszunahme ein höheres Gewicht zu erreichen, kamen wir zu dieser Zeit nicht.<br />
Auch später als Trainer konnte ich mir den Nutzen der Einnahme unterstützender Mittel für<br />
Schlittensportler nicht vorstellen. Falls beim Startabzug dadurch ein Kraftvorteil erreicht<br />
werden könnte, wäre er während der Fahrt durch die eingeschränkte Koordinationsfähigkeit<br />
wieder aufgebraucht. Als während meiner Trainertätigkeit an unsere Damen, wie zum<br />
Beispiel an Ute Rührold, Margit Schumann oder Eva-Maria Wernicke das Angebot von<br />
Medikamenten für eine Gewichtszunahme herangetragen wurde, gab es vehement Protest,<br />
denn sie wollten zwar schnell sein, aber nicht das geringste Risiko eingehen, ihre sportlichen<br />
Figuren zu verlieren.<br />
Nach der neuerlichen Geschichtsschreibung hätten sie alle aus dem Kader fliegen müssen.<br />
Ihre erfolgreichen langjährigen Karrieren belegen, dass dies nicht der Fall war.<br />
Auf Gr<strong>und</strong> fehlender zentraler Richtlinien in Dopingfragen erfolgte die Bestrafung von DDR-<br />
Sportlern, bei denen bei nationalen Kontrollen positive Bef<strong>und</strong>e ermittelt wurden, zwar unter<br />
Verantwortung der Sportleitung, aber durch die jeweiligen Fachverbände selbst. Wir haben<br />
derartige Vergehen immer nur intern ausgewertet <strong>und</strong> nicht an die Öffentlichkeit getragen.<br />
Trotzdem haben diese Kontrollen auch namhafte Sportler überführt. 1987 gab es DDR-intern<br />
neun solcher Fälle, 1988, im Jahr der Olympischen Spiele gab es 14 <strong>und</strong> 1989 traten 13 Fälle<br />
auf. Die Konsequenz waren zumeist Wettkampfsperren einschließlich für<br />
Weltmeisterschaften <strong>und</strong> Olympische Spiele.