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Die Inszenierung der Popliteratur im Literaturbetrieb der Gegenwart

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Zeitgeist entwickelt. <strong>Die</strong> Orientierung an <strong>der</strong> Populärkultur hat zu Folge, dass <strong>Popliteratur</strong><br />

nicht von Dauer sein kann und will, da sie den Zeitgeist repräsentiert. 86<br />

<strong>Die</strong> Ursprünge <strong>der</strong> Popbewegung, die in den 60er Jahren des 20. Jh. ausgehend von<br />

<strong>der</strong> bildenden Kunst auch an<strong>der</strong>e Kunst- und Lebensbereiche beeinflusst hat, entwickelte<br />

sich in den USA als Protestbewegung gegen die etablierte Opposition von Massen- zu<br />

Hochkultur. Marshall Mc Luhan und vorrangig Leslie Fiedler gelten als geistige Väter<br />

<strong>der</strong> Begriffe Postmo<strong>der</strong>ne und <strong>Popliteratur</strong>. In den 60er Jahren for<strong>der</strong>te Fiedler in seinem<br />

Aufsatz mit dem Originaltitel „Cross the bor<strong>der</strong>, close the gap“ (1968) die Überquerung<br />

des Grabens zwischen elitärer und Unterhaltungsliteratur durch eine allgemeinverständliche<br />

inhaltlich wie formal am breiten Publikum orientierte Literatur. 87 <strong>Die</strong> Wortneuschöpfung<br />

<strong>Popliteratur</strong> entstand aus einem Spiel mit den Begriffen ‚popular culture’ und<br />

‚Pop-Art’. „Anspielend auf ‚Pop’ als Derivat von ‚populär’ sowie lautmalerisch auf das<br />

dem englischen entstammende ‚to pop’ (knallen, platzen) verschmilzt hier die rebellisch-<br />

subversive D<strong>im</strong>ension <strong>der</strong> antibürgerlichen Gegenkultur <strong>der</strong> US-amerikanischen popular<br />

culture mit dem explosiv-revolutionären Gestus einer gegen den Status Quo auftrumpfenden<br />

Generation.“ 88<br />

32<br />

In <strong>der</strong> Ära <strong>der</strong> Beatles und Rolling Stones wurde vor allem Westdeutschland von <strong>der</strong><br />

US-amerikanischen Populärkultur, <strong>der</strong> Beatmusik und <strong>der</strong> Pop-Art beeinflusst. 89 <strong>Die</strong><br />

Popkultur hatte als Sozialisationshintergrund <strong>der</strong> Autoren großen Einfluss auf <strong>der</strong>en<br />

Texte und wurde in diesen verarbeitet. Obwohl auch Autoren wie beispielsweise Peter<br />

Handke die US-amerikanische Popkultur bereits in Form von Zitaten in ihre Texte<br />

einbanden, gilt Rolf <strong>Die</strong>ter Brinkmann als <strong>der</strong> Importeur <strong>der</strong> am US-amerikanischen<br />

Vorbild angelehnten <strong>Popliteratur</strong>. Er übersetzte unter an<strong>der</strong>em Texte von Fiedler, Burroughs,<br />

Warhol und Bukowski und begründete durch die Veröffentlichung dieser Texte<br />

in Zusammenhang mit Comics und Collagen eine eigene deutsche Subkultur. Vergleichbar<br />

mit <strong>der</strong> Absicht <strong>der</strong> Autoren des Dada, zielte Brinkmanns Arbeitsweise darauf, „in<br />

<strong>der</strong> Zertrümmerung von Sprachklischees, von Scheinwelten <strong>der</strong> Werbe- und Medienin-<br />

85<br />

Vgl. Jung, T. (Hg.): Alles nur Pop? Anmerkungen zur populären und Pop-Literatur seit 1990. Frankfurt/M.<br />

2002, S. 11.<br />

86<br />

Moritz Baßler verweist dagegen auf die Archivfunktion, die die <strong>Popliteratur</strong> innehat. Seiner Meinung<br />

nach unterscheiden sich die Popautoren von an<strong>der</strong>en Literaten vor allem in dem Punkt, dass sie den<br />

Archivismus seit etwa 1990 in die Literatur zurückkehren lassen. Vgl. Baßler, M.: Der deutsche Pop-<br />

Roman. <strong>Die</strong> neuen Archivisten. München 2002.<br />

87<br />

Vgl. Fiedler, L.: Überquert die Grenze, schließt den Graben! In: Wittstock, U. (Hg.): Roman o<strong>der</strong><br />

Leben. Postmo<strong>der</strong>ne in <strong>der</strong> deutschen Literatur. Leipzig 1994, S. 14-40.<br />

88<br />

Jung, T.: Vom Pop international zur Tristesse Royal. In: Jung, T. (Hg.): Alles nur Pop? Anmerkungen<br />

zur populären und Pop-Literatur seit 1990. Frankfurt/M. 2002, S. 36.<br />

89<br />

Vgl. Ebd.

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