WPK Mag 1-08 - Wirtschaftsprüferkammer
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<strong>WPK</strong> <strong>Mag</strong>azin 1/20<strong>08</strong><br />
Interessenten auf Anforderung zur Verfügung gestellt wird<br />
und der Anleger das Gutachten auch tatsächlich vor seiner<br />
Anlageentscheidung erhält und zur Grundlage selbiger<br />
macht. Der Anspruch aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten<br />
Dritter kann auch dann bestehen, wenn dem Anleger<br />
ein in der Sache nicht gleichwertiger Prospekthaftungsanspruch<br />
gegen den Prospektherausgeber zusteht.<br />
2. Ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist<br />
nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen,<br />
sondern nach dem Gesamtbild zu beurteilen, dass er von<br />
den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt. Dabei<br />
darf eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospektes<br />
durch die Anleger vorausgesetzt werden.<br />
3. Ein Prospekt ist in diesem Sinne als unrichtig anzusehen,<br />
wenn er bei einem durchschnittlichen Anleger insgesamt<br />
den Eindruck erweckt, dass er mit seiner Beteiligung<br />
nur ein begrenztes wirtschaftliches Risiko eingehe, obwohl<br />
tatsächlich im Extremfall ein Totalverlustrisiko drohen<br />
kann. Es ist nicht ausreichend, das Totalverlustrisiko<br />
lediglich in einer Vorabdarstellung der Anlage zu erwähnen,<br />
in der zugleich Sicherungsvorkehrungen angesprochen<br />
werden, die geeignet sind, in der Zusammenschau<br />
beim Anleger den Eindruck zu erwecken, die Risiken zu<br />
mindern. Vielmehr ist überdies eine entsprechende Klarstellung<br />
zum Totalverlustrisiko bei der ausführlichen Darstellung<br />
der „Risiken der Beteiligung“ erforderlich.<br />
BGH, Urteil vom 14.6.2007 - III ZR 300/05<br />
Sachverhalt<br />
Der Kläger beteiligte sich im Jahre 2000 als Kommanditist an einem<br />
Filmfonds. Die Fondsgesellschaft geriet später in Insolvenz.<br />
Es stellte sich heraus, dass an die Produktionsdienstleisterin<br />
überwiesene Gelder nicht zurückzuerlangen und<br />
Erlösausfallversicherungen nicht abgeschlossen waren. Der<br />
Kläger nimmt die WPG als Prospektgutachterin in Anspruch,<br />
weil sie nicht die Unrichtigkeit des Prospektes dahingehend<br />
festgestellt habe, dass dieser die Anleger nicht vollständig über<br />
die Risiken der Beteiligung – insbesondere das Totalverlustrisiko<br />
– aufkläre. In dem Prospekt werde der Eindruck erweckt,<br />
der Anleger gehe aufgrund (noch) abzuschließender Erlösausfallversicherungen<br />
kein höheres Risiko ein, als 21,6% des von<br />
ihm gezahlten Einlagebetrages zu verlieren. Im Prospekt findet<br />
sich in einer Vorabdarstellung der Anlage zwar ein Hinweis auf<br />
ein mögliches Totalverlustrisiko, dort wird aber gleichzeitig<br />
das „Sicherheitsnetz“ der Anlage beschrieben und bei der Darstellung<br />
der Einzelrisiken fehlt eine entsprechende Klarstellung<br />
zu dem dennoch gegebenen Totalverlustrisiko. Zum Abschluss<br />
der nach dem Gesellschaftsvertrag vorgesehenen<br />
Erlösausfallversicherung, die den Rückfluss von mindest 75%<br />
der Nettoproduktionskosten absichern sollte, kam es jedoch<br />
nach der Beitrittsentscheidung des Klägers nicht.<br />
Aus der Rechtsprechung 49<br />
Wesentliche Entscheidungsgründe<br />
Der Prospekt war vorliegend zu beanstanden.<br />
Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätzen<br />
hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot<br />
den Anleger über alle Umstände, die für seine<br />
Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder<br />
sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten.<br />
Ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist<br />
nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen<br />
sondern nach dem vermittelten Gesamtbild zu beurteilen.<br />
Dabei darf jedoch von einer sorgfältigen und eingehenden<br />
Lektüre des Prospektes durch den Anleger ausgegangen<br />
werden.<br />
Der vorliegend zu beurteilende Prospekt vermittelt gegenüber<br />
einem durchschnittlichen Anleger den Gesamteindruck,<br />
dass er mit seiner Beteiligung lediglich ein begrenztes<br />
wirtschaftliches Risiko eingehe. In den Leitgedanken<br />
des Prospektes wird hervorgehoben, dass der Zeichner eines<br />
Medienfonds in eine faszinierende Welt mit einzigartigen<br />
Gewinnperspektiven einsteige und der Film nicht<br />
ohne Grund als das Öl des 21. Jahrhunderts bezeichnet<br />
werde, wobei der Vergleich allerdings üblicherweise auch<br />
für das Verlustrisiko gelte, jedoch nicht bei diesem Unternehmen,<br />
denn das Risiko werde durch ein Sicherheitsnetz<br />
begrenzt, das auf präzise definierten Kriterien und einem<br />
intelligenten Konzept von Versicherungen sowie einer<br />
breiten Risikostreuung bestehe. Die Risiken der Beteiligung<br />
werden vorab stichwortartig angesprochen und auch<br />
das Totalverlustrisiko erwähnt. Gleichzeitig wird aber die<br />
Absicherung der Risiken unter anderem durch eine Erlösausfallversicherung<br />
angeführt. Soweit dieser im Gesellschaftsvertrag<br />
vorgesehene Sicherungsmechanismus nach<br />
der Beitrittsentscheidung des Anlegers nicht beachtet worden<br />
ist, begründet dies allein noch keine Haftung. Unberührt<br />
davon bleibt jedoch der Eindruck, dass die<br />
abzuschließenden Erlösausfallversicherungen für sich genommen<br />
als ein zentrales Sicherungsmittel herausgestellt<br />
werden. Da das Totalverlustrisiko später bei der ausführlichen<br />
Darstellung der „Risiken der Beteiligung“ nicht<br />
nochmals klargestellt wird, ergibt sich auch bei einem kritischen<br />
Leser als vorherrschender Eindruck eine Risikobegrenzung.<br />
Eine Haftung der Prospektgutachterin kommt mithin<br />
wegen Verletzung des Gutachtenauftrags als Vertrag mit<br />
Schutzwirkung zugunsten Dritter in Betracht. Grundlage<br />
dieses Vertrages sind WFA 1/1987 sowie IDW ES 4 in der<br />
Fassung vom 24.2.2000. Aufgabe der Prospektbeurteilung<br />
ist danach vor allem eine nähere Prüfung und Darlegung,<br />
ob der Prospekt die aus der Sicht eines verständigen und<br />
durchschnittlich vorsichtigen Anlegers für eine Anlageentscheidung<br />
erheblichen Angabe mit hinreichender<br />
Sicherheit vollständig und richtig enthält und ob diese Angaben<br />
klar, eindeutig und verständlich gemacht werden.