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WPK Mag 1-08 - Wirtschaftsprüferkammer

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52 Aus der Rechtsprechung <strong>WPK</strong> <strong>Mag</strong>azin 1/20<strong>08</strong><br />

Sachverhalt<br />

Der Kläger war Geschäftsführer einer GmbH. Die Beklagte war<br />

seit Mitte der 80er Jahre für die GmbH als Abschlussprüferin<br />

und Steuerberaterin tätig. Ende 1989 beschlossen der Kläger<br />

und sein Mitgeschäftsführer, die Anteilsmehrheit an der GmbH<br />

zu übernehmen. Der Kläger erwarb Geschäftsanteile, die einer<br />

Beteiligung von 15,5% entsprachen. 1996 wurde die GmbH auf<br />

eine neue GmbH als übernehmender Rechtsträger verschmolzen,<br />

die neue GmbH sodann umfirmiert. 2001 veräußerte der<br />

Kläger seine Geschäftsanteile an ein US-Unternehmen. 2004<br />

erließ das Finanzamt gegenüber dem Kläger einen Einkommensteuerbescheid<br />

für 2001, wonach der Kläger Einkommensteuer<br />

nachzuzahlen hatte. Der Einspruch gegen den Steuerbescheid<br />

blieb ohne Erfolg. Der Kläger meint, die Beklagte habe<br />

ihn im Zusammenhang mit der Veräußerung der Geschäftsanteile<br />

dahingehend falsch beraten, dass Gewinne aus dem Verkauf<br />

der Anteile nicht zu versteuern seien. Das Landgericht hat<br />

die Klage abgewiesen.<br />

Wesentliche Entscheidungsgründe<br />

Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.<br />

1. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass<br />

das Zustandekommen eines (Steuerberatungs-)Vertrages<br />

vom Kläger nicht bewiesen worden ist.<br />

Unstreitig ist ein schriftlicher Vertrag nicht geschlossen<br />

worden. Ein Steuerberatungsvertrag kann aber auch durch<br />

schlüssiges Verhalten der Vertragsparteien geschlossen werden.<br />

Dies setzt voraus, dass aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung<br />

aller Umstände des Einzelfalls das Verhalten<br />

des Auftraggebers vom Steuerberater nach Treu und<br />

Glauben als entsprechendes Vertragsangebot zu werten ist<br />

und sein eigenes nachfolgendes Verhalten als dessen Annahme<br />

gedeutet werden darf. Insoweit sind im Interesse der<br />

Rechtssicherheit strenge Anforderungen zu stellen.<br />

Im Vortrag des Klägers fehlen schon Angaben dazu, durch<br />

welche Erklärungen oder welches tatsächliches Tun Angebot<br />

und Annahme erklärt worden sein sollen. Die vom Kläger<br />

bezeichneten Indizien rechtfertigen keinesfalls den<br />

Abschluss eines Steuerberatungsvertrages zwischen den<br />

Parteien.<br />

Aus an die GmbH gerichteten Rechnungen und beigefügten<br />

Stundennachweisen, die nur stichwortartig die erfasste<br />

Tätigkeit der Beklagten bezeichnen, ergibt sich nicht,<br />

dass die Beklagte gerade für den Kläger und nicht für die<br />

GmbH tätig geworden ist. Nichts anderes gilt für das<br />

Schreiben der Beklagten an die Rechtsanwälte im Zuge der<br />

Veräußerung der GmbH-Geschäftsanteile. Es liegt auf der<br />

Hand, dass die Veräußerung sowohl die Interessen des<br />

Klägers als auch der GmbH berührten.<br />

2. Der Vertrag zwischen der GmbH und der Beklagten stellt<br />

auch weder einen Vertrag zugunsten des Klägers noch einen<br />

Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Klägers dar.<br />

Von vornherein kommt die Annahme eines echten, berechtigenden<br />

Vertrages zugunsten Dritter nicht in Be-<br />

tracht. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger als<br />

Dritter (und nicht in seiner Funktion als für die GmbH<br />

handelnder Geschäftsführer) nach dem übereinstimmenden<br />

Willen der Vertragsparteien einen eigenen Anspruch<br />

gegen die Beklagte „unmittelbar“ (§ 328 Abs. 1 BGB) hätte<br />

erwerben sollen. Der Vertrag zwischen der Beklagten und<br />

der GmbH stellt aber auch keinen Vertrag mit Schutzwirkung<br />

zugunsten Dritter – hier des Klägers – dar.<br />

Die Praxis hat mehrere Kriterien entwickelt, die den<br />

Zweck verfolgen, eine angemessene Begrenzung des Drittschutzes<br />

auf bestimmte Personenkreise zu erreichen, nämlich<br />

Leistungsnähe, Gläubigernähe und Erkennbarkeit. Der<br />

Dritte muss der Leistung des Schuldners so nahe stehen,<br />

dass er mehr oder minder zwangsläufig mit ihr in Berührung<br />

kommt, was vorliegend allenfalls für einen Teilbereich<br />

der Leistung der Beklagten gelten kann. Außerdem<br />

muss der Dritte dem Gläubiger so nahe stehen, dass dem<br />

Gläubiger eine ordnungsgemäße Erfüllung aller Hauptund<br />

Nebenpflichten gegenüber dem Dritten so wichtig ist<br />

wie gegenüber sich selbst, insbesondere, weil der Gläubiger<br />

für das „Wohl und Wehe“ des Dritten mitverantwortlich<br />

ist und diesem Schutz und Fürsorge schuldet.<br />

Schließlich muss diese besondere Nähe für den Schuldner<br />

erkennbar sein.<br />

Die „Wohl und Wehe“-Rechtsprechung des BGH passt auf<br />

das Verhältnis von Kapitalgesellschaft und Gesellschafter<br />

von vornherein nicht. Es müsste nämlich die GmbH sozusagen<br />

für das Wohl und Wehe des Dritten mitverantwortlich<br />

sein, weil deren Schädigung auch ihn trifft, indem sie ihm<br />

gegenüber zu Schutz und Fürsorge verpflichtet ist (vgl.<br />

BGHZ 51, 91, 96), was am ehesten für die familienrechtliche<br />

Unterhalts- und Fürsorgepflicht gilt, nicht aber für das Verhältnis<br />

der GmbH zu ihren Gesellschaftern und Geschäftsführern.<br />

Der Bundesgerichtshof hat nicht nur darauf hingewiesen,<br />

dass die Ausweitung vertraglicher Sorgfaltspflichten<br />

über den Kreis der Vertragsparteien hinaus von<br />

vornherein nur in engen Grenzen in Betracht kommen kann.<br />

er hat darüber hinausgehend betont, dass bei bloßen Sachund<br />

Vermögensschäden ein besonders strenger Maßstab zu<br />

gelten hat (BGH, NJW 1968, 1929, 1931).<br />

Der BGH ist in letzter Zeit zunehmend zurückhaltend damit,<br />

Dritte in den Schutzbereich eines Vertrages einzubeziehen,<br />

insbesondere dort, wo es lediglich um Vermögensschäden<br />

geht. In einem Urteil vom 6.4.2006 - III ZR 256/04 (<strong>WPK</strong><br />

<strong>Mag</strong>. 3/2007, Seite 41) spricht er im Zusammenhang mit der<br />

Dritthaftung von Wirtschaftsprüfern für falsche Testate ausdrücklich<br />

von einer „restriktiven“ Anwendung der Grundsätze<br />

der vertraglichen Dritthaftung. Hohe Anforderungen<br />

an eine Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich eines<br />

Vertrages finden sich auch in einem weiteren Urteil vom<br />

15.12.2005 - III ZR 424/04 (<strong>WPK</strong> <strong>Mag</strong>. 3/2007, Seite 40).<br />

Die Entscheidung wurde redaktionell überarbeitet.<br />

Den offiziellen Wortlaut finden Sie unter ➛ www.wpk.de/magazin/1-20<strong>08</strong>/

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