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ST. GALLER ORGELFREUNDE OFSG

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Die Orgel in der Pfarrkirche Bludesch 7<br />

Martin und Joseph Bergöntzle ca. 1780/rest. Ferdinand Stemmer, Zumikon 1997/99<br />

Franz Lüthi<br />

Die erste urkundliche Erwähnung einer Kirche in Bludesch geht auf das Jahr 830 zurück.<br />

1570 wurde eine Pfarrei errichtet. Nach dem Abbruch der alten Kirche entstand in den<br />

Jahren 1650–1652 die heutige Pfarrkirche St. Jakobus – die erste von Michael Beer<br />

geplante Barockkirche. Die Gemeinde zählt heute gut 2000 Einwohner.<br />

Eine erste Orgel erhielt die Pfarrkirche Bludesch vermutlich um 1662 durch ein<br />

Vermächtnis eines 1655 verstorbenen Landvogts des Klosters Weingarten, Johann<br />

Rudolf von Halden. Aus der Tatsache, dass die Orgel 1802 an die Gemeinde Stallehr<br />

verkauft werden konnte, wo sie vermutlich durch Joseph Bergöntzle montiert wurde,<br />

war sie sicher noch ordentlich brauchbar – dies offensichtlich bis gegen 1900. Es ist<br />

daher nicht ganz klar, warum man sich in Bludesch um 1801 mit einem Orgelneubau<br />

befasste. Zu dieser Zeit arbeitete der elsässische Orgelbauer Joseph Bergöntzle im<br />

benachbarten Thüringen (Vorarlberg), den man nun auch mit dem Auftrag für eine<br />

neue Orgel in Bludesch betraute. Bergöntzle stellte diese Orgel mit 21 Registern auf<br />

zwei Manualen und Pedal im Jahre 1804 fertig. Das aus der ersten Orgel von 1662<br />

stammende Wappen der Familie von Halden wurde dabei offensichtlich auf den<br />

Mittelturm der heutigen Orgel übertragen.<br />

Joseph Bergöntzle und die elsässische Orgelbautradition<br />

Joseph Bergöntzle (1754–1819) (im Elsass als "Bergäntzel" geschrieben), 8 ist geboren und<br />

gestorben in Ammerschweiher oder Ammerschwihr/Elsass. Sein Vater, Martin Bergöntzle<br />

(1722–1803), war eigentlich Kunsttischler, hat aber für den berühmten Elsässer Orgelbauer<br />

Louis Dubois hervorragende Gehäuse gefertigt und sich vermutlich so auch die Kenntnisse<br />

im Orgelbau angeeignet. Von Vater und Sohn Bergöntzle sind mehrere Arbeiten im Elsass<br />

nachgeweisen, aber nur sehr wenige erhalten. In den Wirren der Französischen<br />

Revolution, vor allem auch wegen finanzieller Schwierigkeiten bei insolventer Kundschaft,<br />

wanderte Joseph Bergöntzle nach Vorarlberg aus. Bereits 1798 wurde er aber schon<br />

wieder zu Aufträgen ins Elsass gerufen.<br />

In der Schweiz sind folgende Arbeiten von Bergöntzle bekannt: 1795 vermutlich Neubau in<br />

der Klosterkirche Gnadenthal, 1796 Umbauten in Reiden und 1797 in Einsiedeln. 1798<br />

Neubau in Truns-Acladira. Im Vorarlberg sind die wichtigsten Arbeiten ein Neubau in<br />

Thüringen 1801 und 1815/16 der Neubau in Tschagguns (III/38; restauriert 1994). Über<br />

Bergöntzle hörte man nur positive Urteile. In Einsiedeln war man mit seiner Arbeit sehr<br />

zufrieden. Auch das Kloster Muri hat sich scheinbar um ihn beworben, da er speditiv<br />

arbeitete, wenn auch scheinbar etwas weniger preisgünstig als Orgelbauer Liberat Amann<br />

aus Rankweil.<br />

Zweifellos die bekanntesten Orgelbauer im Elsass waren jene der Familie Silbermann: Der<br />

Vater Andreas Silbermann (1678–1734), 1699 von Sachsen ins Elsass ausgewandert,<br />

machte in der Zeit von 1704–1706 gewissermassen eine Zusatzausbildung bei Thierry in<br />

Paris. Dessen Bruder Gottfried Silbermann (1683–1753) folgte ihm ins Elsass und lernte<br />

dort das Orgelbauhandwerk, kehrte aber wieder früh nach Sachsen zurück.<br />

Der ältere Sohn von Andreas Silbermann, Johann Andreas Silbermann (1712–1783)<br />

übernahm den väterlichen Betrieb im Elsass, während sein jüngerer Bruder, Johann<br />

Daniel Silbermann (1717–1766) in das Geschäft seines Onkels Gottfried in<br />

Freiberg/Sachsen einstieg.<br />

7 Korrekturen / Ergänzungen siehe Bulletin <strong>OFSG</strong> 21, Nr. 4, 2003, Seite 58 www.ofsg.org/bulletins/bull_034.pdf<br />

8 Man findet noch weitere verschiedenste Schreibweisen: Bergansel, Bergensel, Bergenzel, Bergenzle,<br />

Bergönzle, Birgaentzle, Birgänsel, Birgänzle, Bürgantzel.<br />

Bulletin <strong>OFSG</strong> 21, Nr. 3, 2003

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