ST. GALLER ORGELFREUNDE OFSG
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Eine weitere, für unsere Betrachtung wichtige elsässische Orgelbautradition stand etwas<br />
im Schatten der Silbermanns und geht auf Joseph Waltrin (1679–1747) zurück. Waltrin,<br />
1707 von Pruntrut ins Elsass ausgewandert, hatte bei seinem Vater gelernt und vererbte<br />
die Werkstatt seinem ältesten Sohn Jean Baptiste Waltrin (1708–1753). Dieser etablierte<br />
sich später in Ensisheim und wurde 1750 Bürger von St Ursanne. Dort beschäftigte er zwei<br />
hervorragende Orgelbauer: Louis Dubois (1726–1766) und Jacque Besançon (1735–<br />
1811) (historische Orgel in St. Ursanne 1776). Louis Dubois stammte, wie Bergöntzle<br />
übrigens auch, aus Ammerschwihr und wohnte später in Kaysersberg. Seine<br />
Orgelgehäuse kommen aspektmässig den klassischen Gehäusen des Dom Bédos deutlich<br />
näher als jenen von Johann Andreas Silbermann. Der Kunsttischler Martin Bergöntzle<br />
(1722–1803), im Zweitberuf Orgelbauer, hatte regelmässig für Dubois gearbeitet und führte<br />
die Tradition von Waltrin und Dubois weiter. Nachdem Dubois 1776 den Betrieb<br />
aufgegeben hatte, übernahm Martin Bergöntzle die Werkstatt in Ammerschwihr,<br />
zusammen mit seinem Sohn Joseph Bergöntzle (1754–1819), der daraufhin seine<br />
Ausbildung im Priesterseminar abbrach. Die Waltrin-Dubois-Linie fand ihren Höhepunkt in<br />
Valentin Rinkenbach (1792–1862), der als Neffe des unverheirateten und kinderlosen<br />
Bergöntzle 1819 dessen Werkstatt übernahm und seinen ehemaligen Meister an<br />
Bedeutung wesentlich übertraf. Von Martin und Joseph Bergöntzle sind vorwiegend<br />
Gehäuse erhalten geblieben. Beide vertreten einen ganz eigenständigen elsässischen Stil<br />
mit einem gegenüber Silbermann besonderen Charakter.<br />
Abb.<br />
Orgelprospekte von Bergöntzle und Silbermann<br />
Die Prospektskizzen vergleichen die Orgel in Bludesch mit<br />
zwei J.A. Silbermann-Orgeln. Das prächtige Gehäuse im<br />
Dom zu Arlesheim mit 5 Türmen und 4 Zwischenfeldern<br />
sowie einem Rückpositiv mit 3 Türmen ist in der<br />
Peterskirche Basel etwas einfacher ausgeführt (drei Türme<br />
und zwei Zwischenfelder) bei einem mehr oder weniger<br />
gleichen Rückpositiv in verkleinerter Form. Lässt man am<br />
Hauptgehäuse der Arlesheimer Orgel die beiden<br />
Zwischentürme weg, so kommt man auf die Gehäuseform<br />
der Bergöntzle-Orgel in Bludesch: Ein Mittelturm und zwei<br />
Aussentürme, dazwischen je zwei Zwischenfelder. Das<br />
Rückpositiv von Bludesch entspricht etwa jenem in der St.<br />
Peterskirche in Basel, ist jedoch etwas weniger elegant<br />
ausgeführt. Die Orgel in Tschagguns (Bergöntzle 1815/16;<br />
Gehäuse von früher) folgt dem gleichen Prinzip.<br />
Bulletin <strong>OFSG</strong> 21, Nr. 3, 2003