"Flucht und Vertreibung" ausstellen - aber wie? - Bibliothek der ...
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Ein an<strong>der</strong>es Beispiel für ein fragwürdiges Phänomen musealer Präsentationstechnik<br />
ist die bereits erwähnte Foto-Inszenierung in <strong>der</strong> Ausstellung<br />
„Vor 40 Jahren – <strong>Flucht</strong> <strong>und</strong> Vertreibung – Teilung Deutschlands“ (siehe<br />
Abb. 6) – fragwürdig deshalb, weil bei diesem medialen Ensemble <strong>der</strong> Absicht,<br />
Emotionen zu wecken, offensichtlich Vorrang gegenüber einer eigentlich<br />
nötigen quellenkritischen Präsentation eingeräumt wurde. So hätte es<br />
<strong>der</strong> historischen Aufklärung <strong>und</strong> Bildung sehr gedient, wenn <strong>der</strong> Besucher<br />
über den Quellenwert des in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Vitrine platzierten Fotos in<br />
Kenntnis gesetzt worden wäre. Doch darüber, dass diese Aufnahme – so<br />
<strong>wie</strong> viele <strong>der</strong> überlieferten Fotografien über die Ereignisse <strong>der</strong> <strong>Flucht</strong> – im<br />
Kontext nationalsozialistischer Propaganda entstanden war, 99 wurden die<br />
Besucher we<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Ausstellung noch im zugehörigen Katalog informiert.<br />
Die Präsentation dieser Fotografie zielte einzig auf eine (im eigentlichen<br />
Sinne nicht mögliche) Vergegenwärtigung von Gefühlen <strong>der</strong> dargestellten<br />
Flüchtlinge <strong>und</strong> somit auf die Erzeugung von Stimmungen in <strong>der</strong><br />
Vorstellungswelt <strong>der</strong> Betrachter.<br />
In einer zukünftigen SFVV-Dauerausstellung <strong>aber</strong> sollten Fotografien <strong>wie</strong><br />
diese – genauso <strong>wie</strong> jede an<strong>der</strong>e Quellengattung – nicht ausschließlich zur<br />
Illustration <strong>der</strong> zweifellos schlimmen <strong>und</strong> mitunter lebensbedrohlichen Situation<br />
<strong>der</strong> Zwangsmigranten verwendet werden. Aus geschichtsdidaktischer<br />
Sicht müssen sie in jedem Fall quellenkritisch hinsichtlich ihrer Entstehung,<br />
Wirkung <strong>und</strong> Rezeption aufbereitet werden, damit die SFVV ihrem<br />
historischen Aufklärungsanspruch gerecht werden kann.<br />
Dieser quellenkritische Umgang sollte auch <strong>und</strong> beson<strong>der</strong>s für die Zeitzeugenberichte<br />
gelten, <strong>der</strong>en Aussagen, so Philipp Ther, „nicht einfach als<br />
authentische Beschreibung eines bestimmten historischen Vorgangs“ verstanden<br />
werden dürften. 100 Ein Manko bisheriger Ausstellungsprojekte war<br />
099 Vgl. dazu im Allgemeinen <strong>und</strong> speziell zu dieser Treck-Fotografie Gerhard Paul, Der<br />
Flüchtlingstreck. Bil<strong>der</strong> von <strong>Flucht</strong> <strong>und</strong> Vertreibung als europäische lieux de mémoire, in:<br />
<strong>der</strong>s. (Hrsg.), Das Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong>. 1900 bis 1949, Göttingen 2009, S. 666–673 so<strong>wie</strong><br />
Scholz, Schmerzens-Mutter-Liebe (2010), S. 184.<br />
100 Vgl. Ther, Erinnern o<strong>der</strong> aufklären (2003), S. 40. Vgl. mit einer ähnlichen Argumentation<br />
für ein an<strong>der</strong>es geschichtskulturelles Medienformat Maren Röger, Zeitzeugen von <strong>Flucht</strong>,<br />
Vertreibung <strong>und</strong> Heimatverlust im deutschen Geschichtsfernsehen. Funktionen <strong>und</strong> Funk-