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De Divina Proportione - Kunstlexikon Saar

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Elemente der Zahlen seien die Elemente aller Dinge, und der ganze Himmel sei Harmonie und<br />

Zahl.<br />

Pythagoras (580-501 v.Chr.) selber formte die Mathematik, wie er sie von Thales<br />

von Milet (624-544 v.Chr.) und seinen Nachfolgern kennen gelernt hatte, zur<br />

„exakten“ Wissenschaft um. Er führte als erster das logische Element, den<br />

nachvollziehbaren Beweis, ein und stellte damit die allgemeinen Grundsätze und<br />

den idealen Charakter der Mathematik für alle Zeit fest. 19<br />

Wenn die Pythagoreer die exakten mathematischen Verfahren zur Konstruktion<br />

der regulären Körper auch noch nicht kannten, so waren ihnen doch die<br />

erstaunlichen Zahlen- und Maßverhältnisse ihrer Kanten, Ecken und Seitenflächen<br />

bewußt und sie fügten sie in ihr Weltbild ein. Empedokles von Agrigent (492-432<br />

v.Chr.) lehrte als Erster, daß alles im Kosmos von den zwei Kräften Liebe und Haß<br />

und aus den vier Elementen Feuer, Erde, Wasser und Luft bestimmt sei, die<br />

ihrerseits aus kleinsten elementaren und unteilbaren Partikeln, den Atomen,<br />

bestünden. Diesen wiesen die Pythagoreer als wichtigste Eigenschaft die „Form“<br />

zu, und zwar in Gestalt der vier regulären Polyeder: Das Feuer bestand demnach<br />

aus Tetraedern, die Erde aus Würfeln, die Luft aus Oktaedern und das Wasser aus<br />

Ikosaedern. Das Dodekaeder aber sei der elementare Bestandteil des Äthers, der<br />

das Weltganze umschließenden „äußeren“ Schicht.<br />

Durch diese Bedeutung mag das Dodekaeder eine kultische Rolle gespielt haben.<br />

<strong>De</strong>m entspräche der Bericht des Iamblichos von einem Geheimnisverrat: es habe<br />

nämlich einer der „Eingeweihten“ das mathematische Wissen um den Dodekaeder<br />

„solchen eröffnet, die nicht würdig waren, an den Lehren teilzuhaben“ und sei dafür von den<br />

Göttern bestraft worden: 20<br />

Von Hippasos insbesondere berichten sie, er habe zwar zu den Pythagoreern gehört, da er aber<br />

erstmals schriftlich das Geheimnis der Sphäre aus zwölf Fünfecken an die Öffentlichkeit gebracht<br />

habe, sei er als Gottloser im Meer umgekommen. <strong>De</strong>r Erfinderruhm sei ihm freilich<br />

(fälschlicherweise) zuteil geworden, obwohl doch alles von „Ihm“ stammt; denn so bezeichnen<br />

sie Pythagoras und nennen ihn nicht mit Namen.<br />

Woher die Pythagoreer die Kenntnis der regulären Polyeder hatten, ist nach wie vor<br />

nicht ganz geklärt. Die von antiken Geschichtsschreibern21 überlieferten<br />

Vermutungen, daß Pythagoras sie von seiner Studienreise in Ägypten und Babylon<br />

mitgebracht habe, ist zum mindesten für das Pentagondodekaeder höchst<br />

unwahrscheinlich. Das Pentagon (Fünfeck) wie auch das durch Diagonalenbildung<br />

daraus entstehende Pentagramm (Fünfstern) waren in vorpythagoreischen Zeiten<br />

weder im Zweistromland (Babylon), noch in Ägypten bekannt, auch nicht im<br />

mykenischen Kulturbereich. 22 Sie müssen den Pythagoreern auf anderem Wege<br />

bekannt geworden sein. Vage Hinweise hierzu findet man bei Zeller, der eine<br />

Überlieferung zitiert, nach der Pythagoras von den „gallischen Druiden“ unterrichtet<br />

19 Sturm, Gesch. d. Mathematik, S. 8 ff.<br />

20 Iamblichos, Vita Pythagorica, 18, 88.<br />

21 z.B. Porphyrius, <strong>De</strong> vita Pythagorae cap. 7<br />

22 Lindemann, Zur Geschichte der Polyeder, § 19. S. 731 f.<br />

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