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Der lange Atem der Provokation - Historisches Institut

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I. Zur Morphologie <strong>der</strong> Bewegungen<br />

"Es gibt keine soziale Befreiung <strong>der</strong><br />

Menschheit ohne die soziale Unabhängigkeit<br />

und Gleichstellung <strong>der</strong> Geschlechter." 54<br />

Woher kamen die Anhängerinnen <strong>der</strong> neuen Frauenbewegungen in Frankreich und<br />

<strong>der</strong> Bundesrepublik? Welche Frauen waren es, die maßgeblich die Mobilisierung<br />

vorantrieben und wen erreichten sie? Für die klassischen sozialen Bewegungen hat<br />

die soziale Bewegungsforschung die soziale Trägerschaft ausnahmslos anhand sozioökonomischer<br />

Kriterien bestimmt. Die Forschungen zu den neuen sozialen Bewegungen<br />

haben dagegen gezeigt, dass ihre Anhänger sich nicht mehr über Klassen<br />

son<strong>der</strong>n über Werte und "issues" zusammenfinden. 55 Geben die Arbeiter- und auch<br />

noch die Studentenbewegung bereits mit ihrem Namen einen - wenn auch sehr allgemeinen<br />

- Hinweis auf ihre soziale Grundlage, sucht man einen solchen Bezug zur<br />

sozialen Trägerschaft beispielsweise in den Bezeichnungen für die Anti-Atom-,<br />

Friedens- o<strong>der</strong> Ökologiebewegung vergeblich. Die Bezeichnung "Frauenbewegung"<br />

legt zudem die Annahme einer sozial heterogenen Trägerschaft nahe, die sich einzig<br />

über die Geschlechtszugehörigkeit als Kollektiv definiert. Dennoch werden die Anhängerinnen<br />

<strong>der</strong> Frauenbewegung meistens den "Mittelschichten mit überdurchschnittlicher<br />

formaler Bildungsqualifikation" 56 zugerechnet. Im Folgenden geht es<br />

darum, diese Annahme nach Län<strong>der</strong>n zu spezifizieren und gegebenenfalls zu modifizieren.<br />

Lässt sich die Entstehung <strong>der</strong> Frauenbewegungen aus Strukturverän<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> französischen und <strong>der</strong> westdeutschen Gesellschaft erklären?<br />

1. Das soziale Profil <strong>der</strong> Akteurinnen<br />

Wie alle sozialen Bewegungen waren auch die Frauenbewegungen ein fluides Phänomen,<br />

was für eine Analyse <strong>der</strong> Sozialstruktur erhebliche Probleme aufwirft. Die<br />

Grenzen zwischen Aktiven, Anhängerinnen und Sympathisierenden sind nicht eindeutig<br />

zu ziehen. Damit ist die soziale Verortung <strong>der</strong> Trägerschaft <strong>der</strong> Frauenbewegungen<br />

nur begrenzt möglich. Außerdem verän<strong>der</strong>te sich die Trägerschaft, als die<br />

Protestbewegungen im Zeichen ihres Erfolges eine räumliche und soziale Ausdeh-<br />

54 August Bebel, zitiert nach: Sozialdemokratischer Informationsdienst 1988, 8.<br />

55 Vgl. Dalton/Kuechler/Bürklin 1990, 12.<br />

56 Rucht 1994, 200.<br />

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