Technik in der Schule // Schulsozialarbeit - b:sl-Beruf Schulleitung
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Kann die Soziale Arbeit<br />
die Probleme <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> lösen?<br />
Möglichkeiten und Grenzen <strong>der</strong> <strong>Schulsozialarbeit</strong><br />
Der umfassende Ausbau <strong>der</strong> <strong>Schulsozialarbeit</strong> <strong>in</strong> den letzten Jahren deutet<br />
darauf h<strong>in</strong>, dass die <strong>Schule</strong> bei <strong>der</strong> Erfüllung <strong>der</strong> vielfältigen Aufgaben<br />
Unterstützung braucht. In <strong>der</strong> Tat ist die aktuelle Situation <strong>der</strong> <strong>Schule</strong><br />
nicht e<strong>in</strong>fach. Die Wirtschaft und die Hochschulen for<strong>der</strong>n besser ausgebildete<br />
Schüler und Schüler<strong>in</strong>nen, <strong>der</strong>en Kompetenzen den jeweiligen<br />
Bedürfnissen entsprechen. Gleichzeitig entwickelt sich das verfügbare<br />
Wissen schnell weiter und neue Themengebiete und Fächer bieten sich<br />
für e<strong>in</strong>e Aufnahme <strong>in</strong> den Lehrplan an. Neben diesen Bildungsaufgaben<br />
wird die <strong>Schule</strong> zunehmend mit Aufgaben konfrontiert, die wenig<br />
mit Bildung und viel mit allgeme<strong>in</strong>er (psychosozialer) Erziehung zu tun<br />
haben. Sie soll Sexualerziehung machen, die K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen<br />
zu mehr Bewegung und gesun<strong>der</strong> Ernährung motivieren und sie dazu<br />
br<strong>in</strong>gen, e<strong>in</strong>en respektvollen, gewaltfreien Umgang untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> und<br />
mit an<strong>der</strong>n Menschen zu pflegen. Die Bedeutung dieser Erziehungsaufgaben<br />
wird durch die massenmediale Thematisierung von Phänomenen<br />
wie Jugendgewalt, Suchtmittelmissbrauch o<strong>der</strong> ungesundem Körpergewicht<br />
verstärkt. 1<br />
Die <strong>Schule</strong> zwischen Bildung,<br />
Erziehung und Selektion<br />
Nicht, dass die Erziehungsfunktion <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> etwas Neues wäre: Gerade<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Frühphase des Schulwesens hatte die <strong>Schule</strong> vornehmlich<br />
Erziehungsaufgaben zu erfüllen. Erst mit dem zunehmenden Wohlstand<br />
etablierte sich die <strong>Schule</strong> im deutschsprachigen Europa als Bildungs<strong>in</strong>stitution<br />
und lagerte die allgeme<strong>in</strong>e psychosoziale Erziehung zunehmend<br />
aus – im Bereich <strong>der</strong> professionellen Erziehung <strong>in</strong> die ausserschulische<br />
Jugendarbeit und Sozialpädagogik und im Privatbereich <strong>in</strong> die sich eta-<br />
:Sozialarbeit an <strong>Schule</strong>n<br />
Autor: Prof. Dr. Mart<strong>in</strong> Hafen Fotos: Fotolia (2), privat (1)<br />
Für die <strong>Schule</strong> wird es immer schwieriger, die Vielfalt an Aufgaben befriedigend zu erfüllen, die ihr durch die<br />
Gesellschaft aufgetragen werden. Zu ihrer Entlastung greift sie vermehrt auf <strong>Schulsozialarbeit</strong> zurück. Für die<br />
Soziale Arbeit eröffnet sich damit e<strong>in</strong> ebenso <strong>in</strong>teressantes wie komplexes Handlungsfeld. Gleichzeitig sieht sie<br />
sich mit Erwartungen von <strong>Schule</strong>, Familie und <strong>der</strong> übrigen Gesellschaft konfrontiert, die sie unmöglich erfüllen<br />
kann – umso mehr als die knapp bemessenen Stellenprozente <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel kaum mehr als Krisen<strong>in</strong>terventionen<br />
zulassen. Die Herausfor<strong>der</strong>ung ist nun, Bed<strong>in</strong>gungen für e<strong>in</strong>e <strong>Schulsozialarbeit</strong> zu schaffen, die zwar nicht alle<br />
Probleme <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> lösen kann, aber doch mehr ist, als e<strong>in</strong>e Feuerwehr für Brandherde im Schulalltag.<br />
blierende Kle<strong>in</strong>familie. 2 Seit e<strong>in</strong>igen Jahrzehnten beobachtet die Gesellschaft<br />
mit Besorgnis, dass die ausserschulische Erziehung immer weniger<br />
gewährleistet ist. Dafür werden unterschiedliche Gründe geltend<br />
gemacht: die Emanzipationsbewegung, welche die Vielfalt <strong>der</strong> beruflichen<br />
Perspektiven für Frauen erweitert hat; <strong>der</strong> Umstand, dass immer<br />
mehr Elternpaare und Alle<strong>in</strong>erziehende ihre K<strong>in</strong><strong>der</strong> aus f<strong>in</strong>anziellen<br />
Gründen unbetreut lassen, weil sie Geld verdienen müssen und ke<strong>in</strong>e<br />
ausreichenden Betreuungsangebote vorhanden s<strong>in</strong>d, und schlies<strong>sl</strong>ich die<br />
zunehmende Individualisierung, die Erziehung zu e<strong>in</strong>er Privatangelegenheit<br />
macht und die allgeme<strong>in</strong>e soziale Kontrolle und Unterstützung<br />
abnehmen lässt.<br />
Die Schwierigkeit für die <strong>Schule</strong> ist, dass die zusätzlichen Aufgaben im<br />
Bereich <strong>der</strong> psycho-sozialen Erziehung nur sehr langsam zur Anpassung<br />
<strong>der</strong> Schulstrukturen führen, die für ihre Erfüllung eigentlich nötig wären<br />
– im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er <strong>Schule</strong>, welche die SchülerInnen <strong>in</strong> ihrer gesamten<br />
psychosozialen Entwicklung begleitet und för<strong>der</strong>t, so wie dies <strong>in</strong> Län<strong>der</strong>n<br />
wie F<strong>in</strong>nland und Schweden mit Nachdruck angestrebt wird. Weil<br />
die Zahl <strong>der</strong> als ‚schwierig’ wahrgenommenen K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen<br />
laufend zunimmt, die Strukturen <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> nicht ausreichend angepasst<br />
werden und die notwendige Zeit für diese anspruchsvollen Erziehungsaufgaben<br />
fehlt, fühlen sich viele Lehrkräfte trotz grossem Engagements<br />
immer weniger <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, den unterschiedlichen Ansprüchen angemessen<br />
zu genügen. Zusätzlich wird die Situation dadurch erschwert,<br />
dass die <strong>Schule</strong> – dem humanistischen Bildungsideal entsprechend – die<br />
herkunftsbed<strong>in</strong>gten Ungleichheiten beheben sollte, zur gleichen Zeit<br />
aber mit ihren (oft viel zu früh e<strong>in</strong>setzenden) Selektionsprozessen für<br />
neue Ungleichheiten sorgt. 3<br />
1 E<strong>in</strong>ige Abschnitte dieses Textes orientieren sich an Hafen, Mart<strong>in</strong>; Gabriel-Schärer, Pia; Gschw<strong>in</strong>d, Kurt. E<strong>in</strong>e Diszipl<strong>in</strong> – viele<br />
Aufgaben. <strong>Schulsozialarbeit</strong> zwischen Prävention, Früherkennung und Behandlung. Sozial Aktuell Nr. 1, Januar 2008.<br />
2 Zur geschichtlichen Entwicklung von <strong>Schule</strong> und Sozialer Arbeit vgl. S. 40ff. <strong>in</strong> Hafen, Mart<strong>in</strong>. Soziale Arbeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> zwischen<br />
Wunsch und Wirklichkeit. E<strong>in</strong> theorie-geleiteter Blick auf e<strong>in</strong> professionelles Praxisfeld im Umbruch. <strong>in</strong>teract-Verlag, Luzern,<br />
2005.<br />
3 Vgl. dazu auch S. 62ff. <strong>in</strong> Luhmann, Niklas. Das Erziehungssystem <strong>der</strong> Gesellschaft. Herausgegeben von Dieter Lenzen, Suhrkamp,<br />
Frankfurt am Ma<strong>in</strong>, 2002.<br />
23<br />
b:<strong>sl</strong> 04:2009<br />
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