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Katholische Kirche im Lebensraum St.Gallen - (Dekanat) St.Gallen

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2<br />

Nr . 6/2010<br />

vO M z I r k U s l e r n e n<br />

Dieses Jahr gibt es während des Knie-Gastspiels keinen Zirkusgottesdienst aus Gründen,<br />

die nachvollziehbar sind . Muss <strong>St</strong> .<strong>Gallen</strong> also auf die so beliebte Zirkusfeier verzichten?<br />

Eine Alternative wäre: die eigenen Zirkustalente zu entdecken und sie jährlich<br />

bei einem Freiluftgottesdienst wirbeln zu lassen .<br />

Er gehörte bereits zur Jahresagenda, der Gottesdienst<br />

am Sonntagmorgen <strong>im</strong> Zelt des Zirkus<br />

Knie . Eine ungezwungene Feier an ungewohntem<br />

Ort und mit viel Herzblut gestaltet:<br />

durch regionale Gospelchöre, Unterrichtskinder,<br />

Instrumentalisten . Und natürlich mit Ernst<br />

Heller, dem Zirkuspfarrer, der als Clown Gottes<br />

die Nachdenklichen zum Lachen und die Lachenden<br />

zum Nachdenken bringt .<br />

Gottesdienst fällt aus<br />

Dieses Jahr muss die Tradition jedoch unterbrochen<br />

werden, und dies aus einer Kumulation<br />

von mindestens zwei Gründen . Der erste besteht<br />

darin, dass Knie bei den engen Verhältnissen<br />

auf dem Spelteriniplatz nicht sein grösstes<br />

Zelt aufstellen kann . Das heisst aber, dass es<br />

hier besonders wichtig ist, genügend Vorstellungen<br />

abhalten zu können . Bei den hohen Fixkosten,<br />

die mit einem Zirkusunternehmen ver-<br />

Fa I B l e F ü r D e n z I r k U s<br />

Zirkuspfarrer Ernst Heller erstaunt es nicht,<br />

dass Zirkusgottesdienste so beliebt sind . Es ist<br />

die besondere Atmosphäre, die hier herrscht .<br />

«Zirkusleute sind mit Leib und Seele bei ihrem<br />

Beruf», sagt Heller . «Sie sind bei jeder Vorstellung<br />

voll bei der Sache, wollen ihr Bestes geben .<br />

Ihr Lächeln und <strong>St</strong>rahlen ist nicht gespielt, sondern<br />

echt .»<br />

Manche von ihnen haben denn auch einen besondern<br />

Bezug zur Religion . Bei ihren waghalsigen<br />

Kunststücken gehen sie oft bis an die<br />

Grenze . Seiltänzer zum Beispiel lassen das Netz<br />

weg, weil sie wissen, dass das Publikum den<br />

kribbelnden Schauder spüren möchte .<br />

Viele holen sich darum be<strong>im</strong> Zirkuspfarrer den<br />

Segen, bevor sie eine Tournee antreten . Ernst<br />

Heller muss auch die Bahnen der Schausteller<br />

Erinnerung an die Zirkusgottesdienste.<br />

bunden sind, kommt es auf jede Vorstellung<br />

und jeden Platz an . Weil der Zirkus nun während<br />

seines <strong>St</strong> .Galler Gastspiels einen grossen<br />

Firmenanlass an Land ziehen konnte, fehlt ihm<br />

eine Publikumsvorstellung . Das heisst aber, dass<br />

man den bisherigen Gottesdiensttermin vom<br />

Sonntagmorgen für eine Matinee braucht .<br />

Wie Heller sagt, seien das nachvollziehbare<br />

Gründe; denn die Zirkusleute müssten hart arbeiten,<br />

um die enormen Kosten einspielen zu<br />

können . Der andere traditionelle Zirkusgottesdienst,<br />

die Feier in Luzern, kann jedoch auch<br />

dieses Jahr stattfinden .<br />

«Farbtupfer sein»<br />

Warum aber sind die Zirkusgottesdienste so<br />

beliebt? Es sei die ungewohnte Umgebung,<br />

vermutet der Zirkuspfarrer: «Da kommt auch<br />

mancher, der keinen Fuss mehr in eine <strong>Kirche</strong><br />

setzen würde . Auf den Zirkusbänken kommt<br />

segnen . Selbst jene <strong>im</strong> Europapark . Zum Beruf<br />

kam er als junger Vikar in Luzern . Als der Zirkus<br />

damals ein Gastspiel gab, suchte der deutsche<br />

Pater, der die Tournee begleitete, eine geistliche<br />

Verstärkung . Und weil Ernst Hellers Pfarrei<br />

gleich neben der Allmend lag, war sein erster<br />

Auftritt mehr als naheliegend . Wer dem Zirkus<br />

den kleinen Finger gibt, dem n<strong>im</strong>mt er die ganze<br />

Hand . So kam Heller <strong>im</strong>mer mehr in diese<br />

wundersame Welt hinein, erst teil-, dann halb-,<br />

schliesslich vollamtlich . So reist er von Zirkus zu<br />

Zirkus und von Spital zu Spital . Denn den alten<br />

oder krank gewordenen Artistinnen und Artisten<br />

gehört seine ganz besondere Aufmerksamkeit<br />

. Zum Zirkuspfarramt gehört die Zirkustreue<br />

.<br />

Ernst Heller, der Clown Gottes<br />

© Erich Gmünder<br />

man nicht in den Verdacht, ein Frömmler zu<br />

sein .» Gebete, Bibeltexte wirken in diesem Umfeld<br />

denn auch wie neu . Im Zirkus darf auch<br />

einmal gelacht werden . Und wenn Pfarrer Heller<br />

sagt, man solle als Christ keine graue Maus,<br />

sondern ein Farbtupfer sein, dann merkt man<br />

plötzlich, wies gemeint ist . Im Zirkus des Lebens<br />

braucht es genauso farbige Akzente wie<br />

<strong>im</strong> Rund der Arena .<br />

spiegel des lebens<br />

«Der Zirkus spiegelt unser Leben ab», sagt Pfarrer<br />

Heller . Es gibt den Augenblick, bei dem man<br />

den Atem anhält und die Entspannung be<strong>im</strong><br />

Lachen, das <strong>St</strong>aunen über die Artisten und das<br />

Mitfiebern mit den Tieren – eine einzigartige<br />

Mischung von Musik, Gerüchen, Popcorn . Hinzu<br />

kommt das Wechselbad der Gefühle, wenn der<br />

Clown zum zehnten Mal über seine Schuhe gestolpert<br />

ist und man nicht mehr weiss, ob man<br />

mit ihm weinen oder über ihn lachen soll .<br />

Das Zirkuszelt ist ein unüblicher Rahmen für<br />

einen Gottesdienst . Doch gerade solche will<br />

die Arbeitsgruppe «<strong>Kirche</strong> in der City» aufsuchen<br />

. Dorthin gehen, wo die Menschen leben .<br />

In ihrem Lebensbereich präsent sein . Das<br />

Sprichwort weiss dies übrigens schon längst:<br />

«Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt,<br />

dann muss der Prophet zum Berg gehen .» (jo)<br />

zirkusgottesdienst ohne zirkus?<br />

Und wenn’s nicht nur dieses Jahr, sondern auch<br />

in den kommenden keinen Platz <strong>im</strong> Zirkus hätte?<br />

Dann müsste man auf den liebgewordenen<br />

Zirkusgottesdienst dennoch nicht verzichten .<br />

Nur müsste man dann den Zirkus-Rahmen selber<br />

machen . Zum Teil war das schon bisher der<br />

Fall; haben doch Musiker, Chöre, Kinder bereits<br />

<strong>im</strong> Knie-Zelt den Gottesdienst mit ihren Beiträgen<br />

angereichert .<br />

Es wäre ein Gottesdienst, der alte Inhalte in<br />

neue Formen kleidet: Gebete zum Beispiel können<br />

nicht nur rezitiert, sondern auch getanzt<br />

werden . Biblische Geschichten eigenen sich<br />

nicht nur zum Vorlesen, sondern auch für ein<br />

Rollenspiel . Und die Scherze eines Clowns können<br />

so hintersinnig sein wie die beste Predigt .<br />

Ein solcher Gottesdienst wäre ein aufwendiges<br />

Projekt . Doch Herausforderungen sind da, um<br />

ergriffen zu werden .

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