bvkm.aktuell Nr. 1 - Bundesverband für körper
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Recht & Politik<br />
gemäß § 25 Abs. 1 SGB X zusteht, ist Folge dieser Neuregelung<br />
eine begrüßenswerte Erhöhung der Transparenz und<br />
Nachvollziehbarkeit der Entscheidung der Pflegekasse.<br />
IV) § 19 SGB XI-PNG<br />
(Begriff der Pflegepersonen)<br />
Der <strong>bvkm</strong> begrüßt ausdrücklich die in § 19 SGB XI-PNG geplante<br />
Neuregelung. Bisher konnte eine Pflegeperson Rentenversicherungsbeiträge<br />
durch die Pflegeversicherung<br />
nur dann erhalten, wenn sich die Pflegetätigkeit der Pflegeperson<br />
auf mindestens 14 Stunden wöchentlich bei einem<br />
Pflegebedürftigen beläuft. Hierdurch kommt es insbesondere<br />
zu Benachteiligungen von Eltern, die zwar mehrere<br />
pflegebedürftige Kinder pflegen, jedoch nicht jeweils im<br />
Umfang von 14 Stunden. Durch die Neuregelung werden<br />
die Rentenansprüche von pflegenden Angehörigen erhöht<br />
und auf diese Weise die Gefahr einer späteren Altersarmut<br />
beschränkt.<br />
V) § 28 SGB XI-PNG<br />
(Leistungsarten, Grundsätze)<br />
Wie eingangs erwähnt, bedauert der <strong>bvkm</strong>, dass die längst<br />
überfällige Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs<br />
und eines entsprechenden Begutachtungsverfahrens<br />
erneut verschoben wird. Statt der Übergangslösung <strong>für</strong><br />
Versicherte mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz<br />
in § 28 Abs. 1 b PNG wäre vielmehr eine Neudefinition<br />
des Pflegebedürftigkeitsbegriffes erforderlich gewesen. Es<br />
bedarf endlich einer klaren politischen Richtungsentscheidung,<br />
dass der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff kommen<br />
soll,welches Finanzvolumen da<strong>für</strong> zur Verfügung steht und<br />
wie die Übergangsregelungen vom alten ins neue System<br />
auszugestalten sind.Welche „technischen Fragen“ der Neudefinition<br />
des Pflegebedürftigkeitsbegriffs entgegen stehen<br />
sollen, die in der Begründung zum PNG angeführt werden,<br />
ist nicht ersichtlich.<br />
Hingegen ist die Leistungserhöhung <strong>für</strong> Menschen mit eingeschränkter<br />
Alltagskompetenz gemäß § 123 SGB XI-PNG<br />
zu begrüßen. In der bisherigen Gesetzesfassung des SGB XI<br />
ist der Versorgungsbedarf von Menschen mit eingeschränkter<br />
Alltagskompetenz nahezu unberücksichtigt. Insofern<br />
ist es begrüßenswert und notwendig, dass diesem<br />
Personenkreis ab 2013 ein Anspruch auf höhere Leistungen<br />
eingeräumt wird. Durch die neu geschaffene Möglichkeit,<br />
zukünftig Leistungen der Verhinderungspflege nach § 39<br />
SGB XI und Pflegehilfsmittel und technische Hilfen in Anspruch<br />
nehmen zu können,werden zu dem Angehörige von<br />
Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz entlastet.<br />
VI) § 36 SGB XI-PNG (Pflegesachleistung)<br />
Der <strong>bvkm</strong> sieht die in § 36 SGB XI-PNG geplanten Regelungen<br />
als völlig verfehlt an. Der Sachleistungsanspruch soll<br />
um eine neue Pflegeleistung, die sogenannte „häusliche<br />
Betreuung“ erweitert und auf diese Weise dem Pflegebedürftigen<br />
eine größere Flexibilisierung bei der individuellen<br />
Auswahl der Pflegeleistungen ermöglicht werden.<br />
Sehr kritisch ist zunächst die Definition der häuslichen Be-<br />
treuung in § 36 Abs. 2 S. 2 SGB XI-PNG zu sehen. Bereits die<br />
gesetzliche Umschreibung der neuen Leistung (es sollen<br />
hierunter fallen „Hilfen zur Orientierung und Hilfen zur Gestaltung<br />
des Alltags und sozialer Kontakte“) weist Überschneidungen<br />
zu den in § 58 SGB IX benannten Hilfen zur<br />
Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben auf,<br />
bei denen es sich um Leistungen der Eingliederungshilfe<br />
handelt. Auch die Begründung zu § 75 SGB XI-PNG, wonach<br />
die Unterstützung bei Hobby und Spiel sowie Aktivitäten<br />
unter die neue Leistung fallen sollen, die dem Zweck der<br />
Kommunikation dienen, wie z.B. das Vorlesen aus einer Zeitung<br />
sowie Spaziergänge in der näheren Umgebung,<br />
macht deutlich, dass diese Vorschrift zu neuen Abgrenzungsschwierigkeiten<br />
zwischen Leistungen der Pflegeversicherung<br />
und Leistungen der Eingliederungshilfe führt.<br />
Dies sieht das Bundesministerium <strong>für</strong> Gesundheit offenbar<br />
genauso, denn es führt in der Begründung des Gesetzentwurfs<br />
zu § 75 SGB XI-PNG aus, dass durch die Mitwirkung<br />
der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände<br />
und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger<br />
der Sozialhilfe an den Rahmenvereinbarungen zu Art,<br />
Inhalt und Umfang häuslicher Betreuung sichergestellt<br />
werden soll, „dass eine sachgerechte Abgrenzung zu Leistungen<br />
der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege<br />
nach dem Zwölften Buch erfolgt“.<br />
Zu kritisieren ist in diesem Zusammenhang ebenfalls, dass<br />
gemäß § 75 Abs.8 SGB XI-PNG die nähere Definition von Art,<br />
Inhalt und Umfang häuslicher Betreuung durch Rahmenvereinbarungen<br />
erfolgen soll, die zwischen dem Spitzenverband<br />
Bund der Pflegekassen der Bundesvereinigung der<br />
kommunalen Spitzenverbände und der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
der überörtlichen Träger der Sozialhilfe zu<br />
schließen sind. Abgesehen davon,dass der Gesetzgeber seine<br />
Verantwortung, diese schwierige Rechtsfrage zu klären<br />
unzulässiger Weise auf die genannten Verbände verschiebt,<br />
stellt er die betreffenden Verbände zugleich auch<br />
vor eine unlösbare Aufgabe. Da es sich bei den Leistungen<br />
der Eingliederungshilfe um einen offenen Leistungskatalog<br />
handelt, muss jeder Versuch, diese Leistungen von der<br />
„häuslichen Betreuung“ abzugrenzen als zum Scheitern<br />
verurteilt angesehen werden.<br />
Die Verankerung des Nachranggrundsatzes von häuslicher<br />
Betreuung gegenüber Leistungen der Eingliederungshilfe<br />
durch die Streichung der Wörter „nach Satz 5“ in § 36 Absatz<br />
1 Satz 7 SGB XI-PNG und die Formulierung des letzten<br />
Halbsatzes in § 36 Abs. 2 S. 2 SGB XI-PNG offenbart schließlich<br />
die eigentliche Intention des Ministeriums: Menschen,<br />
deren erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz nicht<br />
auf einer altersbedingten Demenz beruht,sollen von der Inanspruchnahme<br />
häuslicher Betreuung ausgeschlossen<br />
werden. Da es sich im Kern bei den im PNG aufgezählten<br />
Leistungen der häuslichen Betreuung um klassische Leistungen<br />
der Eingliederungshilfe handelt, lässt sich eine Abgrenzung<br />
nur anhand der unterschiedlichen Ursachen der<br />
Beeinträchtigung vornehmen. Das führt zu neuen bisher<br />
systemfremden Kriterien des Leistungszugangs mit der<br />
Folge neuer Abgrenzungsprobleme und wird vom <strong>bvkm</strong><br />
mit Nachdruck abgelehnt. Das Ziel der Vorschrift, eine<br />
größere Flexibilisierung bei der individuellen Auswahl der<br />
18 Bitte heraustrennen und kopieren! <strong>bvkm</strong>.<strong>aktuell</strong> <strong>Nr</strong>. 1/12 Februar 2012