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Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

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Zur Anwendbarkeit von § 33 BauGB bei Aufhebung eines Bebauungsplans<br />

von Rechtsreferendar Sven-Sebastian Ohms (Bielefeld)<br />

A. EINLEITUNG<br />

Zur Genehmigung von an sich den planungsrechtlichen Anforderungen<br />

der §§ 34 <strong>und</strong> 35 BauGB nicht entsprechenden Bauvorhaben bei Übereinstimmung<br />

mit den Festsetzungen eines noch nicht in Form eines Satzungsbeschlusses<br />

öffentlich bekannt gemachten Bebauungsplanes hält das BauGB mit<br />

§ 33 eine Regelung bereit, aufgr<strong>und</strong> derer die zukünftige Rechtslage des Bebauungsplans<br />

<strong>für</strong> den Einzelfall bereits vorverlagert werden kann. Fraglich ist,<br />

ob eine entsprechende Vorverlagerung der zukünftigen Rechtslage über § 33<br />

BauGB auch bei zukünftigem ersatzlosem Wegfall eines Bebauungsplans mit<br />

der Folge der (Wieder-)Geltung der §§ 34 oder 35 BauGB möglich ist. In der<br />

Literatur findet sich dazu bis dato kein einheitliches Bild.<br />

Bevor in diesem Beitrag der Frage der Anwendbarkeit des § 33 BauGB oder<br />

wenigstens seines Recht sgedankens <strong>für</strong> den Fall des absehbaren ersatzlosen<br />

Wegfalls eines Bebauungsplans in einem Teil B erörtert werden soll, soll zu-<br />

vörderst die gr<strong>und</strong>legende Systematik der Vorschrift in einem Teil A heraus-<br />

gearbeitet werden.<br />

B. DIE SySTEMATIK DES § 33 BAUGB<br />

I. ALLGEMEINES<br />

<strong>Die</strong> Vorschrift des § 33 BauGB ermöglicht zugunsten des Bauherren einen<br />

Vorgriff auf die zukünftige Rechtslage eines in Aufstellung befindlichen Be-<br />

bauungsplans bereits vor dessen öffentlicher Bekanntmachung als Satzung<br />

<strong>und</strong> Rechtskrafterlangung in Form eines Satzungsbeschlusses der jeweili-<br />

gen Gemeinde bzw. des jeweiligen Gemeinderates. 1 In Betracht kommt die<br />

Anwendung des § 33 BauGB dabei immer in den Fällen, in denen ein Vor-<br />

haben den Anforderungen an die Regelungen <strong>für</strong> den unbeplanten oder<br />

jedenfalls nicht qualifiziert beplanten Bereich, den §§ 30, 34 <strong>und</strong> 35 BauGB,<br />

nicht entspricht, wobei diese Regelungen stets vorrangig zu prüfen sind. 2<br />

§ 33 BauGB enthält insoweit einen die zunächst negative Beurteilung nach<br />

den §§ 30, 34 <strong>und</strong> 35 BauGB aufhebenden zusätzlichen positiven Zulas-<br />

sungstatbestand, der gleichwertig – wenn auch subsidiär – neben die Zulas-<br />

sungstatbestände der §§ 30, 34 <strong>und</strong> 35 BauGB tritt 3 , ohne dabei jedoch ei-<br />

nen zusätzlichen planungsrechtlichen Bereich zu schaffen. Vielmehr gehö-<br />

ren die Gebiete, auf die sich § 33 BauGB bezieht, jeweils zu einem der pla-<br />

nungsrechtlichen Gebiete der §§ 30, 34 oder 35 BauGB. 4 <strong>Die</strong> Regelung des<br />

§ 33 BauGB stärkt dabei die Planungshoheit der Gemeinden, als nach ihren<br />

Wünschen <strong>und</strong> Planungen <strong>für</strong> die Zukunft „plankonforme“ Vorhaben trotz<br />

bisweilen zeitintensiver Durchführung des Planaufstellungsverfahrens als<br />

notwendiger Durchgangsstation zum bekannt gemachten, rechtswirksa-<br />

1 Instruktiv zur Baugenehmigung nach § 33 BauGB: Bartholomäi, <strong>Die</strong><br />

vorzeitige Zulässigkeit nach § 33 BauGB, BauR 2001, S. 725 ff.<br />

2 Vgl. statt vieler Krautzberger in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch,<br />

11. Auflage 2009, § 33 Rn. 2.<br />

3 Stollmann, Öffentliches Baurecht, 7. Auflage 2010, § 15 Rn. 2.<br />

4 Krautzberger in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 33 Rn. 1.<br />

<strong>Iurratio</strong><br />

Ausgabe 1 / 2011<br />

Ausbildung<br />

Sven-Sebastian Ohms, Jahrgang 1983, hat in Bielefeld Jura mit<br />

dem Schwerpunkt Umwelt-, Technik- <strong>und</strong> Planungsrecht <strong>stud</strong>iert.<br />

Im Zuge seines Referendariats am Landgericht Bielefeld<br />

darf er sich zurzeit im Bauamt der Stadt Bielefeld insbesondere<br />

mit bauplanungsrechtlichen Fragen auseinandersetzen, woraus<br />

auch dieser Beitrag resultiert. Der Beitrag stellt die Auffassung<br />

des Verfassers dar <strong>und</strong> spiegelt nicht unbedingt die Rechtsauffassung<br />

des Bauamtes der Stadt Bielefeld wieder.<br />

men Bebauungsplan in der gewünschten Form zulässig sind <strong>und</strong> bereits<br />

entstehen können. 5 Ferner wird durch die Regelung der Umfang der an der<br />

Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG festgemachten, durch Gesetz<br />

regelbaren Baufreiheit um einen weiteren gesetzlichen Genehmigungstat-<br />

bestand erweitert. 6 Aufgr<strong>und</strong> des subsidiären Anwendungsraumes kommt<br />

§ 33 BauGB stets nur positive, die Zulässigkeit eines an sich unzulässigen<br />

Vorhabens doch noch be gründende Funktion zu, niemals jedoch negative,<br />

die Zulässigkeit eines bereits nach allgemeinen Regeln zulässigen Vorha-<br />

bens doch noch verhindernde Funktion. Ist ein Vorhaben einmal nach all-<br />

gemeinen Regeln zulässig, bedarf es keines Rückgriffs auf § 33 BauGB mehr,<br />

sodass eine vorhabenausschließende Funktion ausgeschlossen ist. 7 Indes<br />

bedarf es einer derartigen verhindernden Funktion auch gar nicht, als mit<br />

der Veränderungssperre nach §§ 14, 16 BauGB <strong>und</strong> der Möglichkeit der Zu-<br />

rückstellung eines Bauvorhabens vor Beschluss einer Veränderungssperre<br />

nach § 15 BauGB hinreichende Sicherungsmöglichkeiten gegeben sind. 8<br />

II. ANWENDUNGSVORAUSSETZUNGEN<br />

1. § 33 ABS. 1 BAUGB<br />

Den Regelfall der Anwendung des §§ 33 BauGB stellt dessen Abs. 1 dar, bei<br />

dessen Vorliegen der Bürger einen Rechtsanspruch auf Erteilung der be-<br />

gehrten Baugenehmigung hat. 9 <strong>Die</strong> Voraussetzungen des Abs. 1 sind dabei,<br />

dass<br />

• ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist<br />

(Abs. 1 Halbs. 1),<br />

• die Öffentlichkeits- <strong>und</strong> Behördenbeteiligung nach § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 2<br />

<strong>und</strong> § 4a Abs. 2 bis 5 BauGB durchgeführt worden ist (sog. formelle Plan-<br />

reife, Abs. 1 Nr. 1),<br />

• anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Be-<br />

bauungsplans nicht entgegensteht (sog. materielle Planreife, Abs. 1 Nr. 2)<br />

– wobei die Möglichkeit von Ausnahmen <strong>und</strong> Befreiungen nach § 31<br />

5 Vgl. Stollmann, Öffentliches Baurecht, § 15 Rn. 3.<br />

6 Vgl. Stollmann, Öffentliches Baurecht, § 2 Rn. 3, 9.<br />

7 Krautzberger in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 33 Rn. 2.<br />

8 Vgl. Hellermann in: <strong>Die</strong>tlein/Burgi/Hellermann, Öffentliches Recht in<br />

Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl age 2009, § 4 Rn. 212.<br />

9 Statt aller Krautzberger in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 33<br />

Rn. 5, unter Berufung auf BVerwGE 20, 127, 131.<br />

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