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Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

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4. ALTERNATIVEN ZUM OMBUDSMANN: RICHTER ALS MEDIATOR?<br />

Statt der Einführung einer neuen Institution könnten auch die bisherigen<br />

Möglichkeiten des Inhaftierten seine Rechte geltend zu machen <strong>und</strong> die Haft-<br />

bedingungen zu verbessern, reformiert werden. Um somit einen Ombuds-<br />

mann überflüssig zu machen. Auch diese Alternativen sollen mit Hinblick auf<br />

ihre Vor- <strong>und</strong> Nachteile zum Ombudsmann betrachtet werden.<br />

Überlegungen könnten bspw. dahingehend gemacht werden, den Richter der<br />

StVK als Mediator einzubinden, anstatt einer neuen Institution wie den Om-<br />

budsmann da<strong>für</strong> einzusetzen. Doch auch hier spricht zunächst das Zeitargu-<br />

ment dagegen, insbesondere wenn es darum gehen soll, dem Gefangenen<br />

auch eine gleichzeitige Rechtsberatung zu gewähren. Da<strong>für</strong>, so Kamann, sei<br />

nicht einmal „in durchschnittlichen Sachen (...) die nötige Ruhe <strong>und</strong> Zeit“ 74 .<br />

Desgleichen dürfte sich auch die Anstaltsleitung zur Wehr setzen, wenn der<br />

Richter dem Gefangenen erst eine umfassende Rechtsberatung erteilt <strong>und</strong><br />

dann anschließend über seine Beschwerde entscheiden soll 75 .<br />

Das Problem der Form- <strong>und</strong> Fristeinhaltung kann jedoch auch nicht mit Hilfe<br />

eines Mediators gelöst werden, sofern der Gefangene sich erst nach abgelau-<br />

fener Frist an ihn wendet 76 .<br />

Überlegungen könnten lediglich dahingehend gemacht werden, dass der<br />

Richter im Rahmen der Mediation auf Vergleichsabschlüsse abzielen sollte.<br />

Solche können jedoch nur zustande kommen, wenn den Anstalten bei ihrer<br />

Entscheidung auch ein Ermessen zusteht. <strong>Die</strong>s dürfte allerdings, wie oben<br />

dargestellt, das geringste Problem darstellen, da es sich bei den meisten Ent-<br />

scheidungen um solche mit Ermessen handelt.<br />

Gegen ein Mediationsverfahren spricht ferner, dass sich bei der Mediation<br />

möglichst auf einer Ebene stehende Konfliktpartner gegenüber stehen sollten,<br />

wovon beim Verhältnis Gefangener <strong>und</strong> Anstalt nicht ausgegangen werden<br />

kann. So könnte es vorkommen, dass sich bspw. Abteilungsleiter nicht wie<br />

Verfahrensbeteiligte aufführen sondern wie „ein Vorgesetzter, den ein Unter-<br />

gebener unrechtmäßigerweise zur Rechenschaft zu ziehen sucht“ 77 . Auch die<br />

Möglichkeit an Autorität zu verlieren, sofern man Zugeständnisse machen<br />

sollte, könnte eher dazu führen, dass man nicht von gleichberechtigten<br />

Konfliktparteien sprechen kann. Schon gar nicht, wenn die Gefangenen<br />

(natürlich) jede noch so kleine „Niederlage“ der Anstalt - auch wenn sich<br />

nichts an der Situation ändern sollte - bejubelt wird 78 . Es herrscht also gr<strong>und</strong>-<br />

sätzlich ein Klima des Misstrauens, das es gilt abzubauen.<br />

Hinzu kommt, dass die Anstalt insbesondere dann kein Interesse an einem<br />

Vergleich zu haben scheint, wenn sie da<strong>für</strong> zu einer Anhörung vor die StVK<br />

muss anstatt alles schriftlich abzuwickeln, was Arbeit ersparen würde 79 . Und<br />

nicht nur Arbeit würde es sparen, auch kann es nur von Vorteil sein, wenn es<br />

ein rein schriftliches Verfahren gibt, wenn man bedenkt, dass die meisten In-<br />

haftierten wie oben bereits erwähnt sich nicht schriftlich ausdrücken können.<br />

<strong>Die</strong> Anstalt würde also durch ein schriftliches Verfahren „alle Karten in der<br />

Hand behalten“ 80 . Der Richter kann daher nicht tiefer in den „Definitionsbe-<br />

reich der totalen Institution (...) eindringen“ 81 . Eine Mediation durch den Rich-<br />

74 Kamann KrimJ 1993, 13 (17).<br />

75 Vgl. Kamann KrimJ 1993, 13 (17).<br />

76 Kamann KrimJ 1993, 13 (15 f.).<br />

77 Kamann KrimJ 1993, 13 (21).<br />

78 Kamann KrimJ 1993, 13 (18 ff.).<br />

79 Kamann (1991) S. 208.<br />

80 Kamann (1991) S. 81.<br />

81 Kamann (1991) S. 212.<br />

<strong>Iurratio</strong><br />

Ausgabe 1 / 2011<br />

Schwerpunkte<br />

ter bzw. eine Vergleichslösung scheint daher nicht möglich. Und das, obwohl<br />

eine Untersuchung zum Strafvollzug ergab, dass Aushandlungsprozesse in<br />

Anstalten üblich seien, <strong>und</strong> eine Kompromisslösung durchaus möglich sei. 82<br />

Eventuell kann diese jedoch durch den Ombudsmann erreicht werden. Der<br />

eigentliche Nachteil, dass er keine Entscheidungsbefugnis hat könnte hier<br />

zum Vorteil werden. <strong>Die</strong> Anstaltsleitung kann die Anregungen annehmen<br />

oder auch nicht, ihr wird die Entscheidung jedoch nicht wie vom Gericht<br />

aufgezwungen. Und vielleicht ist sie so auch eher bereit einen Kompromiss zu<br />

suchen.<br />

Weiterhin verlangt ein Mediationsverfahren ein erhebliches Maß an Einfüh-<br />

lungsvermögen <strong>und</strong> Sachkenntnis der StVK, was zumindest Kamann bei eini-<br />

gen Richtern der StVK anzweifelt, zumal es sich meist obendrein um Richter<br />

aus anderen rechtlichen Bereichen handelt, die quasi in die StVK „zwangsver-<br />

setzt“ wurden weil sich sonst niemand <strong>für</strong> das Amt finden konnte 83 . <strong>Die</strong>se<br />

setzen alles daran um möglichst schnell das Ressort zu wechseln, was zu er-<br />

heblichen Wechseln in der Besetzung führt, sodass sie nicht die spezifischen<br />

kriminologischen <strong>und</strong> strafvollzugswissenschaftlichen Erfahrungen <strong>und</strong><br />

Kenntnisse erlangen können 84 .<br />

Dabei es würde vermutlich schon ausreichen, wenn der Richter ein Einzelge-<br />

spräch mit dem Gefangenen führen würde, um ihm „die rechtliche Aussichts-<br />

losigkeit seines Antrags nachvollziehbar zu erklären“ 85 <strong>und</strong> so vielleicht auch<br />

da<strong>für</strong> zu sorgen, dass der Inhaftierte, wenn alle Missstände geklärt sind, sei-<br />

nen Antrag zurücknimmt. Mit Hilfe eines unabhängigen Ombudsmannes<br />

könnten sie hingegen eine Kompromisslösung direkt mit der Anstalt ausar-<br />

beiten <strong>und</strong> müssten diese Ängste nicht ausstehen.<br />

5. ZUSAMMENFASSUNG<br />

Es lässt sich also zusammenfassend sagen, dass es scheinbar kein von der Voll-<br />

zugsbehörde unabhängiges Inspektionsgremium gibt. Und es trotz einem<br />

umfangreichen Rechtsschutzsystems nicht gelingt, den Gefangenen das Ge-<br />

fühl zu vermitteln nach „Recht <strong>und</strong> Gesetz behandelt zu werden“ 86 .<br />

III. AUFGABEN EINES OMBUDSMANNES IM STRAFVOLLZUG<br />

Nach dieser allgemeinen Darstellung soll nun kurz skizziert werden, wie die<br />

Aufgaben eines Ombudsmannes im Strafvollzug ausgestaltet sein sollen um<br />

den besonderen Verhältnissen in den Justizvollzugsanstalten gerecht werden<br />

zu können.<br />

So muss der Ombudsmann gr<strong>und</strong>sätzlich zwei Aufgaben nachkommen, zum<br />

einen dem Gr<strong>und</strong>rechtsschutz <strong>und</strong> zum anderen die Kontrolle des Verwal-<br />

tungshandelns. Insoweit unterscheiden sich die Anforderungen nicht zu den<br />

oben genannten Institutionen. Auch in dem ihm einzuräumendem Recht auf<br />

Akteneinsicht, Auskunftsrecht <strong>und</strong> Anwesenheitsrecht 87 bestehen keine Un-<br />

terschiede.<br />

82 Vgl. Feest/Lesting/Selling (1997) S. 77.<br />

83 Müller-<strong>Die</strong>tz in Eser/Kaiser (Hrsg.): Zweites deutsch-ungarisches Kolloqium<br />

über Strafrecht <strong>und</strong> Kriminologie; Strafrechtsreform, Strafver-fahrensrecht,<br />

Wirtschafts- <strong>und</strong> Umweltstrafrecht; Strafvollstreckungsrecht S. 294 (im<br />

weiteren Müller-<strong>Die</strong>tz 1995; vgl. Kamann (1991) S.17.<br />

84 Laubenthal Strafvollzug Rn. 833.<br />

85 Laubenthal Strafvollzug Rn. 836.<br />

86 Vgl. Rotthaus FS <strong>für</strong> Blau (1985), S. 335.<br />

87 Kretschmar, ZfStrVO 2005,217 (220 f.); Lesting KrimJ 1993, 48 (52 f.).<br />

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