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Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

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28<br />

Schwerpunkte<br />

Mitglieder der Beiräte ist, dass diese zunächst meist über unzureichende<br />

juristische Kenntnisse bzgl. des Strafvollzuges verfügen, sodass „die Anstalt<br />

„insgeheim“ die Arbeit der Beiräte leitet“. Bammann <strong>und</strong> Feest bezeichnen<br />

die Aufgabe der Anstaltsbeiräte daher als „Alibifunktion“ 55 .<br />

Gegen eine Einführung des Ombudsmanns wird weiterhin angeführt, dass<br />

er sich außerhalb der JVA befindet <strong>und</strong> somit keinen Überblick über das<br />

Alltagsleben in der Anstalt hat <strong>und</strong> „folglich kleine Missstände im Alltägli-<br />

chen nur zufällig <strong>und</strong> wahrscheinlich noch schwerer feststellen, als dies<br />

den mit „ihrer“ Anstalt vertrauten Anstaltsbeiräten möglich wäre“ 56 . Ande-<br />

rerseits kann ihm dies gerade zugute kommen, da er nicht als „zum System<br />

gehörend“ gesehen wird.<br />

<strong>Die</strong> Beiräte können diese Missstände jedoch auch nur dann feststellen,<br />

wenn sie den Problemen des Vollzuges offen <strong>und</strong> engagiert gegenüber ste-<br />

hen 57 . Doch engagiert kann nur sein, wer auch Informationen über seine<br />

Rechte <strong>und</strong> Aufgaben erhält <strong>und</strong> sich diese nicht selbst beibringen muss 58 .<br />

So hat das Engagement von Politikern eher den Beigeschmack, dass sie nur<br />

auf Gr<strong>und</strong> ihrer Parteizugehörigkeit mit entsprechenden Einstellungen in<br />

den Beirat bestellt werden <strong>und</strong> auf Gr<strong>und</strong> ihrer umfassenden sonstigen<br />

Aufgaben diese eher etwas weniger hingebungsvoll erledigen 59 .<br />

Andererseits wird argumentiert, dass der Ombudsmann den Anstaltsbeirat<br />

nicht ersetzen kann, da die verlangte Öffentlichkeitsarbeit nur einen klei-<br />

nen Ausschnitt des Tätigkeitsbereiches der Beiräte darstelle 60 .<br />

Gerade in Bezug auf die erwünschte <strong>und</strong> vor allem geforderte Öffentlich-<br />

keitsarbeit der Beiräte gibt es einiges zu kritisieren, denn sie findet größten-<br />

teils nicht statt. So gibt es Tätigkeitsberichte, die nicht veröffentlicht wer-<br />

den 61 oder die landesrechtlichen Verordnungen verbieten den Kontakt mit<br />

der Presse, es sei denn er findet mit Einvernehmen der Anstaltsleitung statt<br />

so bspw. in Thüringen, Brandenburg, <strong>und</strong> Rheinland-Pfalz. Allerdings<br />

sehen nach einer Untersuchung von Gerken auch nur die wenigsten Beirats-<br />

mitglieder ihre Aufgabe darin, öffentlichkeitswirksam tätig zu werden 62 .<br />

Der Ombudsmann hätte im Gegensatz zu den Beiräten jedoch die Ver-<br />

pflichtung einmal jährlich einen Bericht zu veröffentlichen <strong>und</strong> könnte<br />

dementsprechend dieser Aufgabe besser nachkommen.<br />

3. VOR- UND NACHTEILE DES OMBUDSMANNES GEGENüBER<br />

DEN SONSTIGEN BESCHWERDERECHTEN<br />

Auch bezüglich der sonstigen Beschwerderechte besitzt der Ombudsmann<br />

diesen gegenüber einige Vorteile. So besteht bei den <strong>Die</strong>nstaufsichtsbe-<br />

schwerden zunächst das Problem, dass der Beschwerdeführer tagtäglich<br />

mit seinen Aufsichtsbeamten zu tun hat <strong>und</strong> auch auf ihn angewiesen ist.<br />

Beschwert sich der Gefangene muss er mit Aversionen des angegriffenen<br />

Beamten gegen sich <strong>und</strong> andere Häftlinge rechnen 63 . Zumal die Beschwer-<br />

den meist nicht sachlich verfasst werden <strong>und</strong> somit vom Betroffenen als<br />

55 Bammann/Feest in AK-StVollzG Vor § 162 Rn. 5ff., § 162 Rn 7.<br />

56 Gerken (1986) S. 271.<br />

57 Kaiser/Kerner/Schöch Strafvollzug § 12 Rn. 12.<br />

58 Was nach Gerken (1986) S. 61 der Fall zu sein scheint.<br />

59 Koeppel (1999) S. 112.<br />

60 Münchbach in ders. Strafvollzug <strong>und</strong> Öffentlichkeit unter besonderer<br />

Berücksichtigung der Anstaltsbeiräte S. 85 (im weiteren Münchbach 1973).<br />

61 Siehe Koeppel (1999) S.111.<br />

62 Nur ein Mitglied von 7 Befragten sah dies als wichtigste Aufgabe an, vgl.<br />

Gerken (1986) S. 207.<br />

63 <strong>Die</strong>penbruck in ders. Rechtsmittel im Strafvollzug S. 48 f..<br />

<strong>Iurratio</strong><br />

Ausgabe 1 / 2011<br />

unberechtigter persönlicher Tadel verstanden werden kann. 64 <strong>Die</strong>penbruck<br />

merkt dazu an, dass „eine <strong>Die</strong>nstaufsichtsbeschwerde einzureichen, (...)<br />

schon einer gewissen Portion Mut“ 65 bedarf, zumal die Gefahr besteht, dass<br />

der Anstaltsleiter die Angegriffene Maßnahme eventuell <strong>für</strong> in Ordnung be-<br />

findet <strong>und</strong> dem Bediensteten generell mehr glauben schenkt als dem<br />

Beschwerdeführer 66 . Das hängt auch damit zusammen, dass gegenüber den<br />

Inhaftierten immer noch gewisse Negativ-Einstellungen bestehen, die es<br />

abzubauen gilt 67 . Der Inhaftierte kann seine Lage durch die <strong>Die</strong>nstaufsichts-<br />

behörde also nicht unbedingt verbessern. Wird jedoch ein Ombudsmann<br />

eingesetzt so können die Probleme in einem Gespräch direkt geklärt werden<br />

<strong>und</strong> auch eventuelle Missverständnisse können sofort beseitigt werden, ohne<br />

dass sich einer der beiden Beteiligten persönlich angegriffen fühlen müsste.<br />

Auch die Beschwerde bei Ausschüssen enthält etliche Nachteile gegenüber<br />

dem Ombudsmann. Denn <strong>für</strong> die Ausschüsse gilt, dass sie nur dann aktiv<br />

werden, wenn es eigentlich schon zu spät ist <strong>und</strong> medienwirksam über<br />

bestimmte Vorfälle berichtet worden ist. Sie können somit nicht den Effekt<br />

nutzen allein durch die Möglichkeit einer Kontrolle die Verwaltung zu opti-<br />

mieren 68 <strong>und</strong> besitzen kein Eigeninitiativrecht.<br />

Im Gegenteil zu den Ausschüssen hat der Ombudsmann zudem den Vorteil,<br />

dass es sich bei ihm nicht um jemanden anonymes handelt, „sondern als<br />

konkrete Einzelperson zur Verfügung steht“ 69 <strong>und</strong> auch nicht durch Wahlen<br />

bedingten personellen Veränderungen unterliegt, wodurch eher eine Vertrau-<br />

ensbasis entstehen könnte. Ferner ist er unabhängig von Parteien <strong>und</strong> Frak-<br />

tionen <strong>und</strong> unterliegt keinerlei versteckten Fraktionszwängen. Daher ist eine<br />

objektive <strong>und</strong> neutrale Behandlung der Angelegenheit durch einen Ombuds-<br />

mann wahrscheinlicher als durch einen Ausschuss. Denn, so stellt Franke fest,<br />

bei vielen Abstimmungen „werden letztlich den parteipolitischen Mehrheits-<br />

verhältnissen gemäß entschieden“ 70 .<br />

Auf Gr<strong>und</strong> der Zusammensetzung aus etlichen Mitgliedern benötigen die<br />

Ausschüsse einen erheblichen Zeitrahmen um eine Entscheidung treffen bzw.<br />

sich verständigen zu können71 .<br />

Daneben besteht bei Ausschussmitgliedern bezüglich der Arbeitsauslastung<br />

ein ähnliches Problem wie bei den Richtern der Strafvollstreckungskammern,<br />

sie sind nicht nur in einem Ausschuss tätig, sondern gehören noch weiteren<br />

an <strong>und</strong> müssen auch noch Fraktionsarbeit leisten72 .<br />

Der Ombudsmann ist daher als unpolitische Instanz eine Alternative zu den<br />

Ausschüssen, der allein durch seine Besuche in den Anstalten <strong>und</strong> seine regelmäßigen<br />

Sprechst<strong>und</strong>en „näher am Bürger“ ist. Da er unabhängig von den<br />

Parlamenten etc. ist hat er zudem den Vorteil, dass er sich nicht um die Kontrolle<br />

der Funktionserfüllung der Regierung kümmern muss73 , sondern er<br />

kann unmittelbar die Verwaltungstätigkeit kontrollieren.<br />

64 Kaiser/Kerner/Schöch Strafvollzug § 8 Rn. 8.<br />

65 <strong>Die</strong>penbruck Rechtsmittel im Strafvollzug S. 48.<br />

66 <strong>Die</strong>penbruck Rechtsmittel im Strafvollzug S. 49; Kamann/Volckart in AK-<br />

StVollzG § 108 Rn. 15.<br />

67 Eschke (1993) S. 140 m.w.N..<br />

68 Franke in ders. Ein Ombudsmann <strong>für</strong> Deutschland? S. 91.<br />

69 Franke in ders. Ein Ombudsmann <strong>für</strong> Deutschland? S. 215.<br />

70 Franke in ders. Ein Ombudsmann <strong>für</strong> Deutschland? S. 71.<br />

71 Vgl. auch Franke in ders. Ein Ombudsmann <strong>für</strong> Deutschland? S. 69.<br />

72 Matthes (1981) S. 82 f.<br />

73 Vgl. Wild (1970) S. 118.

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