Evolutionsbiologie und Schöpfungsglaube - KOBRA - Universität ...
Evolutionsbiologie und Schöpfungsglaube - KOBRA - Universität ...
Evolutionsbiologie und Schöpfungsglaube - KOBRA - Universität ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Quelltext: Das Alter der Erde (Theologie)<br />
Die Theologie macht keine konkrete<br />
Aussage zum Alter der Erde. Kessler<br />
(2009) äußert sich jedoch zum Verständ-<br />
nis der Schöpfungstexte am Anfang der<br />
Bibel wie folgt:<br />
„Der einst Priesterschrift <strong>und</strong> heute die<br />
ganze Bibel eröffnende Text Gen 1,1-<br />
2,4a ist kein Schöpfungsbericht, auch<br />
keine Schöpfungserzählung, sondern ein<br />
Hymnus (Lied); weil er sehr nüchtern<br />
<strong>und</strong> lehrhaft ist, kann man auch sagen<br />
ein Lehrgedicht. Die 6 oder 7 Tage sind<br />
nicht die inhaltliche Aussage, sondern<br />
gehören zur Form des Liedes oder Lehr-<br />
gedichts (wie 7 Strophen). […] Das Lehr-<br />
gedicht […] hat also nicht die Funktion<br />
zu erklären, wie die Dinge entstanden<br />
sind, sondern möchte dazu einladen, in<br />
den vielfältigen Erfahrungen von Chaos<br />
<strong>und</strong> Lebensbedrohung auf Gott als den<br />
Halt gebenden Urgr<strong>und</strong> sein Vertrauen<br />
zu setzen <strong>und</strong> den von ihm zugesicher-<br />
ten guten Lebensraum dankbar zu erle-<br />
ben <strong>und</strong> zu gestalten. Es geht, wie oben<br />
dargelegt, nicht um etwas, was früher<br />
einmal passiert ist, sondern um das, was<br />
(von Anfang an) immer gilt“ (Kessler,<br />
2009, S. 61).<br />
„Die vom Jahwisten stammende soge-<br />
nannte Paradieserzählung Gen 2,4b-<br />
3,24 ist auch kein Bericht über eine pa-<br />
radiesische Urstands-Idylle <strong>und</strong> den<br />
35<br />
dann leider folgenden Sündenfall, der<br />
zur Vertreibung aus dem Paradies führt,<br />
sondern eine poetisch-bildhafte Erzäh-<br />
lung“ (Kessler, 2009, S. 64).<br />
„Beide Schöpfungstexte am Anfang der<br />
Bibel (Gen 1 <strong>und</strong> Gen 2f) wurden um<br />
500 v. Chr. von einem Redaktor aneinan-<br />
dergefügt. Beide Texte differieren in ih-<br />
ren Vorstellungen stark, vor allem auch<br />
in der Reihenfolge der Schöpfungswerke<br />
[…]. Dadurch, dass der Redaktor beide<br />
Teile zusammenstellte, gab er auch zu<br />
erkennen, dass es ihm nicht auf ihre un-<br />
terschiedlichen weltbildlichen Vorstellun-<br />
gen ankam, dass er (anders als die<br />
Kreationisten <strong>und</strong> ihre atheistischen<br />
Kontrahenten) gerade keine naturk<strong>und</strong>li-<br />
che Aussage machen wollte, dass es<br />
ihm vielmehr um die religiösen Gr<strong>und</strong>-<br />
aussagen der beiden Texte ging, die ein-<br />
ander nicht widersprechen, sondern er-<br />
gänzen.<br />
Die beiden Texte denken natürlich nicht<br />
evolutiv, sie denken aber auch nicht anti-<br />
evolutiv. Von Evolutionsdenken wissen<br />
sie – wie der ganze alte Orient – nichts,<br />
deswegen können sie es auch nicht ab-<br />
lehnen. […] Würden die Verfasser heute<br />
leben, so würden sie ihre Botschaft im<br />
Rahmen einer evolutiven Weltsicht dar-<br />
legen […]“ (Kessler, 2009, S. 71f).