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DRUCKPUNKT • Ausgabe 2/2011<br />
Blutdruckanstieg (mm Hg)<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
-10<br />
-10<br />
0 10 20 30 40 50 60<br />
Zeit (Minuten)<br />
Quelle: Jordan et al. Circulation 2000; 101: 504-509.<br />
oberer<br />
Blutdruck<br />
unterer<br />
Blutdruck<br />
Herzfrequenz<br />
Bei Patienten, die unter einer seltenen Störung der Kreislaufregulation<br />
leiden, wurden der Blutdruck und die Herzfrequenz vor und nach dem<br />
Wassertrinken gemessen. Nach einer Ruhephase tranken die Patienten<br />
knapp einen halben Liter Wasser (Messzeitpunkt: 0 Minuten). Danach<br />
stiegen der obere Blutdruck und der untere Blutdruck rasch an. Der<br />
Blutdruckanstieg hielt über mehr als eine Stunde. Die Herzfrequenz<br />
änderte sich dabei kaum.<br />
Wasser beobachtet, nicht jedoch nach dem Trinken einer<br />
Kochsalzlösung mit gleicher Osmolarität wie das Blut. Insgesamt<br />
sprachen diese Befunde dafür, dass die Aktivierung des<br />
sympathischen Nervensystems durch Sensoren vermittelt<br />
wird, die im Blut Veränderungen der Osmolarität messen.<br />
Diese Reaktion, der so genannte Osmopressor Refl ex, war<br />
bis zu dem Zeitpunkt unbekannt.<br />
Forschungsergebnisse nutzen<br />
Durch die enge Kooperation von klinischen Forschern und<br />
Grundlagenforschern konnte der Mechanismus genauer<br />
untersucht und aufgedeckt werden. Die Forscher richteten<br />
dabei ihr Augenmerk auf die Leber: Wird Flüssigkeit aus<br />
dem Darm in den Organismus aufgenommen, so gelangt<br />
sie mit dem Blutstrom zunächst in die Leber. Bei Versuchstieren<br />
konnte nachgewiesen werden, dass Nervenzellen in<br />
der Leber durch Wassertrinken aktiviert werden. Diese Aktivierung<br />
wird anschließend an das Rückenmark weitergeleitet.<br />
Während der Aktivierung wird in den Nervenzellen<br />
ein Ionenstrom ausgelöst, der einen bestimmten Ionenkanal<br />
(Transient Receptor Potential 4 Kanal) erfordert. Wird der Ionenkanal<br />
entfernt, können die Nervenzellen nicht mehr oder<br />
nur geringfügig auf Änderungen der Osmolarität reagieren.<br />
Insgesamt sprechen die Befunde dafür, dass es sich bei den<br />
Nervenzellen in der Leber, die diesen Ionenkanal tragen, um<br />
periphere Osmorezeptoren handelt.<br />
Die Forschungsergebnisse werden bereits jetzt für Therapien<br />
genutzt (siehe Tabelle rechts). Patienten, die unter niedrigem<br />
Blutdruck im Stehen oder nach Mahlzeiten leiden, können<br />
durch Wassertrinken eine rasche Besserung der Symptome<br />
erzielen. Diese „Wassertherapie“ funktioniert nicht nur bei<br />
Patienten mit seltenen Erkrankungen des sympathischen<br />
Indikation Wirksamkeit<br />
Blutdruckabfall im Stehen<br />
oder nach dem Essen<br />
Herzrasen im Stehen +<br />
Autor<br />
+++<br />
„Ohnmachtsanfälle“ ++<br />
› Professor Dr. med. Jens Jordan ist<br />
Direktor des Instituts für Klinische<br />
Pharmakologie an der Medizinischen<br />
Hochschule Hannover. Seine Arbeitsschwerpunkte<br />
sind unter anderem arterielle<br />
Hypertonie, Humanpharmakologie<br />
und Pharmakogenetik des vegetativen<br />
Nervensystems sowie Pathophysiologie<br />
vegetativer Funktionsstörungen.<br />
FORSCHUNG<br />
Nervensystems, sondern auch bei den häufi ger vorkommenden<br />
Kreislaufproblemen. Wird Betroffenen bei langem<br />
Stehen oder nach dem Sport schwindelig, dann bringt das<br />
Trinken von Wasser rasche Linderung. Außerdem erleiden<br />
viele Menschen beim Blutabnehmen einen Ohnmachtsanfall.<br />
Inzwischen wurde nachgewiesen, dass bei Blutspendern<br />
Wassertrinken unmittelbar vor der Blutspende Ohnmachtsanfälle<br />
verhindern kann. Allerdings ist es nicht sinnvoll,<br />
mehr als zwei bis drei Liter Flüssigkeit pro Tag zu sich zu<br />
nehmen. Die Betroffenen sollten deshalb nur dann ein Glas<br />
Wasser zur Blutdrucksteigerung trinken, wenn es erforderlich<br />
ist. Wir empfehlen Patienten, die unter häufi gen und<br />
stark ausgeprägten Blutdruckabfällen im Stehen leiden, am<br />
Morgen vor dem Aufstehen, vor längerem Stehen und gegebenenfalls<br />
vor den Mahlzeiten ein Glas Wasser zu trinken.<br />
Von der Theorie in die Praxis<br />
Auch in der heutigen Zeit können durch die Befragung von<br />
Patienten und einfache klinische Untersuchungen wichtige<br />
Forschungsergebnisse erzielt werden. Die moderne Technologie<br />
erlaubt es, diese Mechanismen auf zellulärer und<br />
molekularer Ebene aufzuklären. Ziel sollte dabei sein, die<br />
neuen Entdeckungen rasch für therapeutische Anwendungen<br />
zu nutzen. Dabei ist eine enge Kooperation von Ärzten<br />
und Grundlagenforschern erforderlich, um den Weg vom<br />
Patienten zum Molekül und wieder zurück in kurzer Zeit zu<br />
bewältigen.<br />
Gewichtsreduktion Wird derzeit noch geprüft<br />
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