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HFB<br />
P.178<br />
Harald Fricke, Berlin.<br />
UNTER FREMDER FLAGGE<br />
WAFFEN BAUEN, GLÜHBIRNEN WECHSELN:<br />
STRATEGIEN DES KULTURELLEN TAUSCHS IN<br />
DEN ARBEITEN UND PROJEKTEN VON JENS HAANING<br />
Nichts muss aus Zwang geschehen, wenn alles funktioniert. Der Weg zur perfekten<br />
Einheit führt im Sozialen über die Sinnbilder der Kultur: So hatte sich der deutsche<br />
Friedrich Schiller in seiner Erziehung zum Menschengeschlecht das<br />
Zusammenwirken von Gesellschaft wie in einem Tanz vorgestellt, bei dem die<br />
Paare sich jeweils an die frei Werdende Stelle eines anderen bewegen, so dass<br />
ständig für alle genügend Platz bleibt. Heute findet sich dieses Prinzip in der<br />
Zuversicht wieder, dass jeder gesellschaftlichen Erscheinungsform ein ausdifferenziertes<br />
System zugrunde liegt, in dem vom Rand bis zum Zentrum sämtliche Plätze<br />
und Positionen variierbar, zumindest aber flexibel sind. Das gilt auch für die Kunst.<br />
Seit Marcel Duchamps Urinoir gibt es nicht mehr nur den einen Ort der Kunst, der<br />
sie museal erhebt; seit Andy Warhols Marilyn Monroe-Siebdurcken gibt es nicht<br />
mehr nur die eine Klientel, die sich ihre "feinen Unterschiede" (Pierre Bourdieu)<br />
durch ihre Kenntnisse im Umgang mit Kunst erwirbt, sondern eine Vielzahl besser<br />
oder schlechter über den Kunstmarkt informierte Konsumenten zwischen High-,<br />
Low und No-Brow. 1<br />
Umgekehrt gehen auch die theoretischen Ansätze, die das System der Kunst<br />
definieren, von unterschiedlichen und wandelbaren Rezeptionsweisen aus. Ständig<br />
verändern sich die Richtlinien, die den Zusammenhang des Systems ebenso wie<br />
dessen Abgrenzung zu anderen Gebieten reflektieren. Mal ist es die Geschichte der<br />
Kunst, die Vorgaben macht und Wechselwirkungen ermöglicht; dann wieder läßt<br />
der Zeichencharakter von Kunst Beziehungen und Vergleiche auf der Ebene der<br />
Codes zu. Für die Soziologie der Kunst gelten Parameter, die sich von denen der<br />
Kunstpsychologie unterscheiden und entsprechend ergänzen können; die<br />
Anthropologie wiederum liefert Anschlüsse, die sich in Korrespondenz mit cultural<br />
studies als handhabbar erweisen, wenn es um die Essentials künstlerischer<br />
Produktion geht - von der Anwendbarkeit im Sinne von Architektur/Urbanismus<br />
oderMedien/Technologien ganz zu schweigen. Zuletzt muss man sich auch darüber<br />
verständigen, welche Konsequenzen etwa Ökonomie oder Politik für die<br />
Herstellung, Wahrnehmung und Interpretation von Kunst haben. Durch die