Neue Szene Augsburg 2015-09

36 Zoom
Familientreffen
mit 250 Mitgliedern – und einem Sofa
Der Titelverteidiger: Lars Ruppel (Foto: Marvin Ruppert)
Im
November
finden in
Augsburg die
Deutschsprachigen
Poetry Slam
Meisterschaften
statt
e
s soll sie tatsächlich noch geben: Augsburger,
die nicht wissen, was bei einem
Poetry Slam passiert. Und das, obwohl
der hiesige Slam einer der ältesten in Deutschland ist.
Doch spätestens nach dem 07. November dürfte sich
auch das erledigt haben. Augsburgs Slam-Master
Horst Thieme ist es gelungen, die „Deutschsprachigen
Poetry Slam Meisterschaften 2015“ in die Fuggerstadt
zu lotsen: Das bedeutet rund 250 Slammer, fünf Tage
lang gesprochene Wortkunst am laufenden Band, ausgebuchte
Unterkünfte, Partys.
Der internationale Dichterwettstreit ist die größte Literaturveranstaltung
im deutschsprachigen Raum,
Austragungsorte waren bis dato hauptsächlich Metropolen
wie Hamburg, Berlin oder München bzw. Städteverbünde
wie im Ruhrgebiet. Für das Jahr 2015 war
eigentlich Hannover gesetzt, doch als die Niedersachsen
überraschend eine Verschiebung ankündigten,
warf Thieme seinen Stift in den Ring beim jährlichen
Treffen der Slam-Veranstalter. „Zugegeben, eine gewagte
Aktion“, wie er heute erzählt, „ich hatte mich
vorher nur kurz mit meiner Freundin per SMS abgesprochen.“
Zwar hat er langjährige Erfahrung und
nicht zuletzt vor zwei Jahren den „Bayernslam“ in
Augsburg erfolgreich organisiert, aber dieser Krug ist
dann doch noch mal ein anderes Kaliber.
Der deutschsprachige Slampokal wird seit 1997 vergeben,
waren es beim Auftakt in Berlin noch 200 Zuschauer
an zwei Tagen, freute sich Zürich elf Jahre
später schon über 9500 an fünf. Den Rekord hält
Hamburg mit dem Finale in der O2-World vor 4000
und einer Gesamtzahl von 14.500 Besuchern, die ARD
Horst Thieme (Foto: Simon Schwager)
übertrug live. In Augsburg wird auf jeden Fall der
Bayerische Rundfunk mit im Boot sein.
Im Gegensatz zu seinen Vorgängern setzt Thieme auf
eine einzige Location. „Auch beim Bayernslam waren
wir über die ganze Stadt verteilt, ich möchte den
Messegedanken mehr betonen.“ Alle Wettbewerbe
finden also im Kongress am Park statt, lediglich zur
Eröffnung trifft man sich im Theaterfoyer. Neben den
Vorausscheiden, Halbfinals und Finalrunden gibt’s
Sonderslams und jeden Tag Aftershowpartys.
Im Wettbewerb gehen 120 Einzelkünstler aus
Deutschland, der Schweiz, Österreich und Luxemburg
an den Start, dazu kommen 20 Teams, beide Gruppen
überschneiden sich teilweise personell. Die Augsburger
Farben vertritt der Jungliterat Christian Weiblen.
„Christian ist vielleicht nicht der klassische Slam-
Kämpfertyp, aber so vielseitig - ich glaube, der wird
unsere Stadt gut repräsentieren“, sagt Thieme über
das Ensemblemitglied von Bluespots Productions. Das
allerdings mächtige Konkurrenz bekommt, die Teilnehmerliste
ist naturgemäß ein Who-is-who der Szene,
darunter bekannte Namen wie Vorjahressieger Lars
Ruppel oder Sven Kemmler, der regelmäßig mit dem
renommierten Kabarettisten Mathias Tretter auftritt.
Ein gerngesehener Gast in Augsburg ist auch Dalibor
Markovic, der mit der Schauspielerin und Lyrikerin Dominique
Macri im Teamwettbewerb an den Start geht
- als Titelverteidiger, versteht sich.
„Ein perfekter Überblick über die Entwicklungen der
jungen Literaturszene – im Fünfminutentakt!“,
schwärmt Thieme. Und es geht ja auch um was: Zwar
bekommen die Kombattanten „nur“ Kost und Logis,
Teamsieger 2015: Dominique Macri & Dalibor Markovic
(Foto: Marvin Ruppert)
aber den Siegern stehen die Türen im
Wortshowbusiness offen, nicht wenige
sind mittlerweile hauptamtliche
Kabarettisten, Comedians oder Autoren.
Wie Marc-Uwe Kling, der sich mit
Sebastian Krämer die Ehre teilt, bereits
zweimal den Pott geholt zu
haben, oder der einzige nichtdeutsche
Sieger bis dato, der Schweizer
Gabriel Vetter, der kurz nach seinem
Triumph in Stuttgart 2004 den renommierten
Kleinkunstpreis „Salzburger
Stier“ überreicht bekam. Bisher konnte nur eine
Frau den Titel holen, Tracy Splinter 1999 in Weimar.
Der Damenanteil bei der diesjährigen Ausgabe liegt
immerhin bei knapp einem Drittel.
Noch bis 15. September gibt’s die Early-Bird-Tickets,
mit denen man für 40 Euro (plus Gebühren) alle Veranstaltungen
außer der Eröffnungsgala besuchen
kann. „Wir müssen natürlich parallele Vorrunden fahren,
aber auch deswegen wollte ich den Kongress, um
schnell wechseln zu können“, erklärt Thieme, der sich
merklich freut, mal Gastgeber für die komplette „Slamily“
zu sein: „Viele der Teilnehmer haben schon bei
mir auf dem Sofa übernachtet, aber alle auf einen
Schlag, das toppt das Ganze natürlich!“ (flo)
Info:
Deutschsprachige Meisterschaften im Poetry
Slam 2015
03.-07. November, Kongress am Park
Eröffnung im Theater Augsburg
Tickets unter www.slam2015.de
Early-Bird-Festivalpässe bis 15.09.