100 Jahre Sozialdienste
gehts zum Download - SKFM - Wattenscheid eV
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<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Sozialdienste</strong> in Wattenscheid<br />
erstattung stand. Im selbstkritischen Rückblick kamen<br />
dabei die Menschen, die den SKFM verkörpern, seine<br />
Ideale tragen und einen existenziell wichtigen sozialen<br />
Dienst an der Gesellschaft leisten, sprichwörtlich zu<br />
kurz. Die Hauptrollen spielten in jedem der zahlreichen<br />
Artikel, die ich verfasste, jene Zeitgenossen, die auf die<br />
Schattenseite der Bürgertums geraten waren, und von<br />
denen die „Spaß“-Gesellschaft eigentlich gar nichts wissen<br />
wollte. „Schreib doch mal positiv“, mahnten mich<br />
manche, die sich berufen fühlten, mir „gut“ zu raten.<br />
Doch ist das, was in den <strong>Jahre</strong>sberichten des SKFM akribisch<br />
dokumentiert ist, schön zu schreiben?<br />
„Jede Begegnung hat<br />
meinen Horizont erweitert.“<br />
Nun, nach dem Abschied aus meinem Berufsleben, bin<br />
ich dankbar, dass ich in Form eines Gastbeitrages den<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des SKFM einige Zeilen<br />
widmen kann, die meine tief empfundene Wertschätzung<br />
zum Ausdruck bringen. Jede Begegnung mit ihnen<br />
hat meinen Horizont erweitert, mich sensibilisiert und<br />
mein Leben reicher gemacht. Und ich empfinde es als<br />
äußerst wohltuend, so etwas sagen zu können.<br />
Nach meiner Ansicht sind die heute 145 haupt- und die<br />
152 ehrenamtlich für den SKFM tätigen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter „Überzeugungstäter“ im positiven<br />
Sinne, sie zählen zu der rar gewordenen Spezies der<br />
„Kümmerlinge“. Sie stehen nämlich denen, die nicht,<br />
oder noch nicht auf eigenen Beinen stehen, oder solchen,<br />
denen die Gefahr droht, den Boden unter den Füßen zu<br />
verlieren, mit Rat und Tat zur Seite; sie kümmern sich,<br />
sie lassen jene Menschen nicht mit ihrer Not und ihren<br />
Existenzängsten alleine.<br />
Der Reformpädagoge Johann Heinrich Pestalozzi hat<br />
gesagt: „Man muss das Elend dieser Welt nicht mit dem<br />
Maul, sondern mit den Händen anpacken.“ Man kann in<br />
diesem Kontext auch den Evangelisten Johannes (1 Joh.<br />
3,18) zitieren, der im Brief an seine Glaubensbrüder postuliert:<br />
„Lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der<br />
Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit.“<br />
Dass dieser Aufruf zur Nächstenliebe auch eine Herausforderung<br />
ist, wird jedem, der für den SKFM tätig ist,<br />
Tag für Tag vor Augen geführt. Denn nicht jeder, der bei<br />
ihnen Rat und Hilfe sucht, erscheint auf den ersten, und<br />
manchmal auch nicht auf den zweiten Blick<br />
„liebenswert“. Es bedarf zweifelsfrei einer ausgeprägten<br />
mentalen Stärke, vielleicht aber auch eines gewissen<br />
Gottvertrauens, menschlicher Not und oft auch dokumentiertem<br />
menschlichen Versagen ins Antlitz zu blicken.<br />
„Man kann das, was wir tun, nicht als Job bezeichnen“,<br />
sagte mir einmal eine in der Schwangerschaftsberatung<br />
des SKFM tätige Fachkraft. „Man muss sich dazu berufen<br />
fühlen, sonst hält man das nicht aus.“ Und dann fügte<br />
sie hinzu: „Es geht auch nicht, wenn man von der eigenen<br />
Familie nicht getragen wird, oder es an Teamgeist<br />
mangelt. Dienst nach Vorschrift, das geht bei uns einfach<br />
nicht, Flexibilität ist angesagt.“ Und zum Ende unseres<br />
Gespräches sagte sie mir ausgenzwinkernd: „Das Leben<br />
macht doch nur Spaß und Sinn, wenn man gebraucht<br />
wird.“ Das kann man unkommentiert so stehen lassen.<br />
Erwähnenswert erscheint mir, dass Druck nicht nur von<br />
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