100 Jahre Sozialdienste

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100 Jahre Sozialdienste in Wattenscheid Ausstieg der Kirche veränderte das Angebot Die Schwangerschaftsberatung des SKFM will auch nach der Geburt helfen. D ie Schwangerschaftsberatung ist eine vielseitige Aufgabe. Alle Bereiche des täglichen Lebens können Thema sein: Beziehungen, Erziehungsfragen, Gesundheit, Existenzsicherung, Ausbildung, Befürchtungen, Traumata und Verletzungen, Ausländerrechtliche Belange, häusliche Gewalt, Frühgeburt, Totgeburt, Umgang mit Behörden usw. Eine Schwangerschaft wirkt wie eine Lupe. Mit der Brille: „Bald bekomme ich ein Baby“, werden die bestehenden Lebensbedingungen noch einmal ganz genau überprüft, latente oder verdrängte Fragen und Probleme deutlicher benannt und tragfähige Antworten gesucht. Tatsächlich bringt eine Schwangerschaft, egal ob erwünscht oder ungeplant, für jede Frau und oft auch für die Partner viele Veränderungen mit sich, die bewältigt werden müssen. In vielen Fällen kommt es nicht nur zu Vorfreude, sondern auch zu schmerzlichen Erfahrungen wie Trennung, Ablösung von der Familie oder vom Freundeskreis, Verlust der Arbeit oder Ausbildung, Ablehnung bei der Wohnungssuche, unfreundliche Behandlung bei Ämtern, Befürchtungen im Hinblick auf vorgeburtliche Diagnostik, Schmerzen, gesundheitliche Einschränkungen, Angst vor der Geburt, Angst vor der Verantwortung usw. Wie alle wissen, geht es dann nach der Geburt ja erst so richtig los. In all diesen Situationen soll die Schwangerschaftsberatung beraten, begleiten, stärken, entlasten, spiegeln, anregen, vermitteln. 38 Der Hauptteil der Unterstützung findet in Beratungen mit den Frauen und Familien statt, die sich an unsere Beratungsstelle wenden. Zusätzlich haben wir Angebote entwickelt, die hilfreich sind und auch direkt genutzt werden können. Und natürlich sind die Beraterinnen in Anbetracht der Fülle von Themen und Anforderungen darauf angewiesen, sich gut in der sozialen Landschaft von Wattenscheid und Bochum zu vernetzen. Die Vernetzung findet tagtäglich im persönlichen Kontakt bei gemeinsam bearbeiteten Fällen statt, hat ihre Basis auch in Öffentlichkeitsarbeit, Arbeitskreisen, Sozialraumkonferenzen, Bistumskonferenzen, Lobbyarbeit im Landtag und Kooperationen. Auf diese Weise ist die Schwangerenberatung in Wattenscheid bestens verwurzelt. Die Fallzahlen steigen seit Jahrzehnten kontinuierlich. Seit Beginn der Schwangerschaftsberatung hat sich die personelle Ausstattung nicht wesentlich verändert. Es steht seit 1977 eine Vollzeitstelle für die Beratung zur Verfügung (aktuell besetzt mit zwei Teilzeitkräften), seit 1989 unterstützt durch eine Halbtagsstelle in der Verwaltung. Im Hintergrund steht das Fachteam ehrenamtlich zur Verfügung: ein Geistlicher Beirat, eine Psychologin, eine Rechtsanwältin, ein Frauenarzt. Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der sozialen Dienste ist es interessant, sich die Wurzeln einmal anzusehen: Die Schwangerschaftsberatungsstelle hat ihre Tradition in der Frauen- und Mädchenarbeit bzw. der Fami-
100 Jahre Sozialdienste in Wattenscheid Ein Kind bedeutet auch eine große Verantwortung: Die Schwangerschaftsberatung begleitet Eltern bei der Erziehung des Nachwuchses. lienfürsorge, die der katholische Fürsorgeverein Frauen, Mädchen und Kinder seit seiner Gründung ca. 1909 geleistet hat. Schon damals waren unerwünschte, oft auch nichteheliche Schwangerschaften ein großes Problem für die betroffenen Frauen, die dadurch in der Regel einen tiefen, häufig negativen Einschnitt in ihr Leben erfuhren. Seit 1871 war der Schwangerschaftsabbruch durch den Paragrafen 218 des Strafgesetzbuches unter Strafe gestellt. Im Nachkriegsdeutschland war ein Schwangerschaftsabbruch straffrei nur bei einer vorliegenden medizinischen Indikation (Gefahr für das Leben der Mutter) möglich. Im Jahr 1976 gab es dann eine Reform des Paragrafen 218, die die Bedingungen, unter denen ein Schwangerschaftsabbruch straffrei möglich war, erweiterte. Voraussetzung für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch war das Vorliegen bestimmter Indikationen: medizini- 39
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