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Das Erbe

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<strong>Das</strong> <strong>Erbe</strong> – Aktionsforschung im lokalen Aushandlungsfeld von Wertschätzung, Sinn und Bedeutung<br />

Ich frage nach, wer denn so etwas brauche in Pfullingen. Daraufhin verweist er auf einen Aspekt,<br />

der ihm ein besonderes Anliegen zu sein scheint und den ich „milieuübergreifende Begegnungskultur“<br />

nennen möchte. Er führt diesen Nutzenaspekt in unserem Gespräch mit folgenden<br />

Worten ein „was ich hoch indressant fend, dass sich au hier sehr verschiedne Leut<br />

droffa hen“. Dann skizziert er beispielhaft unterschiedliche Gruppierungen, die aus seiner<br />

Sicht im Haus von Peter Kramer und durch sein „Schaffwerk“ zusammengekommen sind:<br />

• Leute, die vom Handwerklichen her − „jetzt rein vom Handwerklicha“ gekommen<br />

seien bzw. Kollegen von Peter Kramer waren<br />

• „die Kreise der Höhlenforscher“ oder, wie er auch sagt: Leut, so aus der Fachwelt eines<br />

Faches, mit sich der „Schaffer“ beschäftigt hat<br />

• „dann sicher au oifach Leut, die künschtlerisch erkennad, was des isch“<br />

• „dann au von dr Bergwacht“<br />

Der Pfullinger Künstler betont, dass Peter Kramer<br />

zu unterschiedlichen Menschen und Kreisen und<br />

Themen „a Offaheit ghabt hat“. Für das Haus fände<br />

er es wünschenswert, „wenn mar des in dem<br />

Sinn weiter beläba kann“.<br />

Ich merke auf und notiere mir: Zwar deutet, wie<br />

ich mittlerweile weiß, vieles darauf hin, dass sich<br />

● ● ●<br />

„Was ich hoch interessant finde:<br />

<strong>Das</strong>s sich hier sehr verschiedene<br />

Leute getroffen haben<br />

● ● ●<br />

die unterschiedlichen Menschen aus unterschiedlichen Gruppierungen bzw. Milieus tatsächlich<br />

oft nicht gleichzeitig im Haus von Peter Kramer aufgehalten haben, sondern oft eher unterschiedliche<br />

Gruppierungen zu unterschiedlichen Anlässen gekommen sind. Wichtiger als<br />

die Frage des tatsächlichen milieuübergreifenden Zusammenseins zu Peter Kramers Lebzeiten<br />

erscheint es mir im Hinblick auf Frage- und Zielstellung unseres Aktionsforschungsprojektes<br />

allerdings, dass der Pfullinger Künstler diesen Aspekt offenbar am „Schaffwerk“ sehr geschätzt<br />

hat, dieser von ihm wahrgenommene Nutzen ihm im Hinblick auf die zukünftige<br />

Nutzung des Hauses offenbar besonders wertvoll bzw. „nützlich“ erscheint.<br />

Beachtenswert ist auch, dass der Interviewpartner sich im Gespräch sehr positiv auf bisherige<br />

Überlegungen der Tochter zur späteren Nutzung des Schaffwerks als möglichem Begegnungs-<br />

und Anregungsort bezieht – Überlegungen, die teilweise auch auf Impulse von mir<br />

zurückgehen und auf der Leitidee einer Notwendigkeit solcher Orte für milieuübergreifende<br />

Gemeinwesenentwicklung basieren. <strong>Das</strong>s der Pfullinger Künstler im <strong>Erbe</strong> Peter Kramers Potenziale<br />

für die Inszenierung milieuübergreifender Aktivitäten zu sehen scheint, könnte auf<br />

entsprechende Handlungsspielräume für die Zukunft des Hauses deuten.<br />

Unser Interviewgast stellt im Verlauf des Gespräches mehrfach Verbindungen zwischen Nutzungsvorstellungen<br />

für das <strong>Erbe</strong> und seinen eigenen Interessen und einschlägigen Erfahrungen<br />

mit Aktivitäten in Pfullingen her. Er erzählt, dass er mit anderen Bürgerinnen und Bürgern<br />

1995 einen Initiativkreis für ein Kulturhaus in Pfullingen gegründet habe, der es sich<br />

zum Ziel gesetzt habe, Leute bzw. Kulturen zusammenzubringen, „die sonscht so in ihrm<br />

Gsangsverein ond ihn ihrer Rockgruppe völlig unabhängig vonanander läbad“.<br />

Dann berichtet er von einer Ausstellung, die sein Initiativkreis im Brecht-Jubiläumsjahr organisiert<br />

hatte. Leute aus Pfullingen stellten dabei aus, was sie gerne machen und gut können –<br />

„Do hat der eine Wetterbeobachtunga gmacht, dar andere war an Tüflter. Ond so diese Leute<br />

zamma zu bringa, oifach, wo mar zeigt: S´ gibt viel mehr, als des was emmer so im Großen<br />

und im Offiziellen eifach verbreided wird“. Ein zentrales Ziel unseres Interviewpartners ist es,<br />

das macht er im Laufe des Gespräches sehr deutlich, dass die Kompetenzen der Pfullinger<br />

Bürgerinnen und Bürger viel mehr als in seinen Augen bisher geschehen zur Entwicklung<br />

eines lebendigen Gemeinwesens genutzt werden. Die Stadtverwaltung solle, sagt er, mit der<br />

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