22.07.2015 Views

la revue de presse - Le Théâtre du Soleil

la revue de presse - Le Théâtre du Soleil

la revue de presse - Le Théâtre du Soleil

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

sich spätestens am sonnenüberfluteten Swimmingpool wie im Ur<strong>la</strong>ub vor.Gelebter Surrealismus.Solche Absurditäten bestimmen Kabul, das Großstadtdorf aus Bitterkeitund Hoffnung mit vermutlich vier Millionen Einwohnern. Nur wenigeStraßen sind asphaltiert, viele Häuser noch in Schutt und Asche, dieViertel am Berghang haben kein Wasser, Elektrizitätsausfälle sind an <strong>de</strong>rTagesordnung. Was Stadt und Land am meisten brauchen, das weiß je<strong>de</strong>r,ist Stabilität, Normalität und Wie<strong>de</strong>raufbau. Und die kriegen sie auch,vielleicht zu wenig und sicher zu <strong>la</strong>ngsam, aber es geschieht, und das istpositiv.Inhalt geht vor FormEin Steinchen im Puzzlebild <strong>de</strong>s neuen Afghanistan ist das Theaterfestival,das seit 2004 alljährlich stattfin<strong>de</strong>t und in seiner vierten Saison fünfzigVorstellungen aus allen Teilen <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s präsentiert. Es sindAufführungen, bei <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Inhalt wichtiger ist als die Form, meist nichtlänger als dreißig Minuten, ohne Bühnenbild und Technik. KnappeGeschichten, die von Krieg und Gewalt han<strong>de</strong>ln, vonFrauenunterdrückung, Polizeikorruption o<strong>de</strong>r Aberg<strong>la</strong>uben - politischengagiertes Amateurtheater, das die Wun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s vorzeigt undmanchmal auch <strong>de</strong>ren Heilung. Es wird vorwiegend von Männern gespielt,aber es gibt ein paar Frauengruppen, bei <strong>de</strong>nen junge Mädchen mit vielLust und ein bisschen Rache böse o<strong>de</strong>r <strong>du</strong>mme Männer darstellen. Und esgibt Aufführungen, die <strong>du</strong>rch ihre Direktheit große Kraft entwickeln, so diefast Dario-Fo-reife Terror-Komödie „What for?“ aus <strong>de</strong>r Provinz Nangarharo<strong>de</strong>r „Dissent“ aus <strong>de</strong>r Provinz Bakh, die Sowjetbesetzung, Bürgerkriegund Talibandiktatur anrührend als Pantomime darstellt.Seltene Chance, <strong>de</strong>n Alltag zu vergessenDie meisten Stücke sind selbstgeschrieben und han<strong>de</strong>ln vom Alltag mitseinen großen Problemen und kleinen Freu<strong>de</strong>n, von <strong>de</strong>r blutigenVergangenheit und <strong>de</strong>r Sehnsucht nach Gerechtigkeit. Die Stu<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>rFaculty of Fine Arts <strong>de</strong>r Kabul University versuchen sich an Heiner Müllers„Horatiern“, an Tschechow-Novellen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r „Mandrago<strong>la</strong>“ vonMachiavelli, aber ihre Arbeiten gehören zu <strong>de</strong>n schwächsten. Bei <strong>de</strong>nSchauspielern <strong>la</strong>ssen sich <strong>du</strong>rchaus Begabungen erkennen, aber Regiefin<strong>de</strong>t nicht statt. Denn das neu erstan<strong>de</strong>ne afghanische Theater steht

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!