27.11.2019 Views

D'HANDWIERK NOVEMBRE 2019

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

MAGAZINE<br />

FORMATION<br />

„Je selbstkritischer wir<br />

uns mit persönlichen<br />

Denkmustern und möglichen<br />

Fehlerquellen beschäftigen,<br />

desto geringer wird die<br />

Fehlerquote bei der<br />

Beurteilung der Mitarbeiter<br />

oder Bewerber.“<br />

Wirtschaftspädagogin Barbara Seidl, Personalentwicklerin<br />

und Coach aus München/Deutschland, berät<br />

und unterstützt Handwerksbetriebe bei den Themen<br />

Kundenorientierung, Personalführung, Kommunikation<br />

und betriebliche und persönliche Veränderungen<br />

und Weiterentwicklung: www.barbara-seidl.de<br />

MITARBEITERBEURTEILUNG<br />

So minimieren<br />

Sie Fehler bei der<br />

Mitarbeiterbeurteilung.<br />

Laufend nehmen wir bewusst und<br />

unbewusst eine sehr große Zahl von<br />

Informationen wahr. Das geschieht nicht<br />

unmittelbar, sondern diese werden<br />

im Gehirn durch individuelle Denkmuster<br />

gefiltert. Durch das Zusammenwirken<br />

von Beobachtungen, unreflektierte<br />

Bewertungen, Vorurteile und Interpretationen<br />

entstehen Fehler bei<br />

der Einschätzung der Mitarbeiter.<br />

Auch wenn wir es uns wünschen,<br />

wertneutrale und objektive<br />

Bewertungen gibt es nicht. Die<br />

Einschätzung einer Person, seines Verhaltens,<br />

seiner Stärken und Schwächen,<br />

seiner Arbeitsleistung und die Beziehung<br />

zum Bewertenden haben mit den<br />

Verarbeitungsprozessen im Gehirn zu<br />

tun. Wahrnehmungsverzerrung, unterschiedlichen<br />

Gewichtung und Bewertung<br />

der beobachteten Details, unzureichende<br />

Information und mangelnden Reflektion<br />

führen zu fehlerhaften Einschätzungen.<br />

Wie intrapersonelle Einflüsse das Ergebnis<br />

verfälschen<br />

• Eine intrapersonelle, in der beurteilenden<br />

Person begründete Fehlerquelle ist<br />

die selektive Wahrnehmung.<br />

Der individuelle Filter schränkt die<br />

Wahrnehmung und Auswahl dessen,<br />

was gesehen, gehört und bewertet wird,<br />

ein. Andere Signale schaffen es nicht<br />

durch die persönliche „Brille“.<br />

• Ebenso schränken Vorurteile, soziale<br />

Stereotypen und herrschende<br />

Meinungen, eigene Vermutungen die<br />

Bewertung ein. Beispiel: „Junge<br />

Menschen haben keine Lust auf<br />

Leistung.“<br />

• Jeder Mensch hat ein eigenes Wertesystem,<br />

das er gerne zum Vergleich<br />

heranzieht. Eigene Werte werden<br />

unreflektiert übernommen, unbewusste<br />

Übertragungen werden auf den<br />

Mitarbeiter projektiert.<br />

• Verzerrungen und Bewertungsfehler<br />

ergeben sich auch aus der Auswahl des<br />

Maßstabes. Welcher Beurteilungstyp ist<br />

der Vorgesetzte? Tendenz zur Milde<br />

oder Strenge, ebenso eine Tendenz zur<br />

Mitte als Ausgleich der Extremen.<br />

• Egoismen sind meist bewusste<br />

Verfälschungen, um für sich selbst<br />

Vorteile zu erlangen. Z. B. werden<br />

andere Personen besonders kritisch<br />

beurteilt (auch aus persönlicher<br />

Rache), damit man selbst besser da<br />

steht oder ein qualifizierter Bewerber<br />

nicht gefährlich werden kann.<br />

Teammitglieder werden zu gut<br />

bewertet, um ein positives Licht auf<br />

die eigenen Führungsqualitäten zu<br />

werfen oder weggelobt, damit ein<br />

Mitarbeiter befördert wird und das<br />

Team verlässt.<br />

Wie interpersonelle Einflüsse das Ergebnis<br />

verzerren<br />

• Bei interpersonellen Einflussfaktoren<br />

beeinträchtigen die Beziehungen der<br />

Personen die Bewertung. Ein Bereich<br />

ist Sympathie oder Antipathie - kann<br />

der Beurteilende den Mitarbeiter leiden<br />

oder nicht.<br />

• Beim Primacy-Effekt prägt der erste<br />

Eindruck die weitere Wahrnehmung,<br />

beim Recency-Effekt werden die<br />

kürzlich zurückliegenden Vorkommnisse<br />

stärker gewertet und es<br />

wird nicht der gesamte Zeitraum<br />

wahrgenommen.<br />

• Der Kontakt- oder Nähe Effekt kann<br />

zum Stolperstein werden, denn je mehr<br />

Kontakt besteht, desto größer ist die<br />

Auswirkung auf die Bewertung.<br />

• Beim Halo-Effekt – benannt nach dem<br />

englischen Wort „halo“ für Heiligenschein<br />

–überstrahlt eine Eigenschaft<br />

alle anderen und beeinflusst die<br />

Bewertung unverhältnismäßig.<br />

Eine nahezu unabhängige oder mäßig<br />

korrelierende Eigenschaft wird zusammenhängend<br />

wahrgenommen. z.B.<br />

einer eloquenten Mitarbeiterin wird<br />

eine hohe Durchsetzungsfähigkeit<br />

zugetraut.<br />

• Bei dem Andorra-Effekt handelt es<br />

sich um eine selbsterfüllende Prophezeiung,<br />

Mit der Bewertung passt man<br />

sich der Meinung anderer an, der<br />

Beurteiler erwartet eine bestimmte<br />

Rolle oder Eigenschaften, z.B.<br />

Branchenfremde können nie die<br />

Leistung von Fachleuten erreichen.<br />

• Beim Klebe-Effekt werden Veränderungen<br />

nicht wahrgenommen, eine<br />

einmal erfolgte Leistungseinschätzung<br />

bleibt am Mitarbeiter kleben.<br />

• Beim Reihenfolge-Effekt können<br />

fehlerhafte Einschätzungen dadurch<br />

entstehen, je nachdem mit wem die<br />

Mitarbeiter (in welcher Reihenfolge)<br />

verglichen werden. Besonders ist dies<br />

bei Bewerbereinschätzungen zu<br />

berücksichtigen. Häufig wird der erste<br />

Kandidat zum Benchmark oder bei<br />

drei schwachen Personen wird der am<br />

wenigsten Schwache gut bewertet.<br />

Wenn Führungskräfte ihre blinden Flecken kennen, begehen Sie weniger<br />

Beurteilungsfehler und Fehlentscheidungen. Sie reduzieren die nachteiligen Folgen<br />

für Mitarbeiter und für das gesamte Unternehmen. Gute Strategien sind:<br />

• Trennen Sie Beobachtung (was habe ich gesehen/gehört) und Bewertung (in Bezug auf<br />

vorher definierte Kriterien).<br />

• Führen Sie systematisch und kontinuierlich Mitarbeiterbeurteilungen durch, legen<br />

Sie Verfahren fest z.B. Beurteilungsbögen, Zeitpunkt und Häufigkeit, Personenkreis.<br />

• Gewichten Sie Kriterien in Bezug auf die betrieblichen Aufgaben bzw. Stelle.<br />

• Berücksichtigen Sie positive und negative Eigenschaften Erholsame gleichermaßen. Urlaubstage wünscht Ihnen<br />

• Nehmen Sie die Bewertungen und Aussagen über Ihre Mitarbeiter/innen regelmäßig Barbara Seidl<br />

und selbstkritisch unter die Lupe. Reflektieren Sie, aus welchem Grund Sie eine Person<br />

sympathisch oder unsympathisch einschätzen.<br />

/11/<strong>2019</strong><br />

54<br />

55

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!