D'HANDWIERK NOVEMBRE 2019
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MAGAZINE<br />
FORMATION<br />
„Je selbstkritischer wir<br />
uns mit persönlichen<br />
Denkmustern und möglichen<br />
Fehlerquellen beschäftigen,<br />
desto geringer wird die<br />
Fehlerquote bei der<br />
Beurteilung der Mitarbeiter<br />
oder Bewerber.“<br />
Wirtschaftspädagogin Barbara Seidl, Personalentwicklerin<br />
und Coach aus München/Deutschland, berät<br />
und unterstützt Handwerksbetriebe bei den Themen<br />
Kundenorientierung, Personalführung, Kommunikation<br />
und betriebliche und persönliche Veränderungen<br />
und Weiterentwicklung: www.barbara-seidl.de<br />
MITARBEITERBEURTEILUNG<br />
So minimieren<br />
Sie Fehler bei der<br />
Mitarbeiterbeurteilung.<br />
Laufend nehmen wir bewusst und<br />
unbewusst eine sehr große Zahl von<br />
Informationen wahr. Das geschieht nicht<br />
unmittelbar, sondern diese werden<br />
im Gehirn durch individuelle Denkmuster<br />
gefiltert. Durch das Zusammenwirken<br />
von Beobachtungen, unreflektierte<br />
Bewertungen, Vorurteile und Interpretationen<br />
entstehen Fehler bei<br />
der Einschätzung der Mitarbeiter.<br />
Auch wenn wir es uns wünschen,<br />
wertneutrale und objektive<br />
Bewertungen gibt es nicht. Die<br />
Einschätzung einer Person, seines Verhaltens,<br />
seiner Stärken und Schwächen,<br />
seiner Arbeitsleistung und die Beziehung<br />
zum Bewertenden haben mit den<br />
Verarbeitungsprozessen im Gehirn zu<br />
tun. Wahrnehmungsverzerrung, unterschiedlichen<br />
Gewichtung und Bewertung<br />
der beobachteten Details, unzureichende<br />
Information und mangelnden Reflektion<br />
führen zu fehlerhaften Einschätzungen.<br />
Wie intrapersonelle Einflüsse das Ergebnis<br />
verfälschen<br />
• Eine intrapersonelle, in der beurteilenden<br />
Person begründete Fehlerquelle ist<br />
die selektive Wahrnehmung.<br />
Der individuelle Filter schränkt die<br />
Wahrnehmung und Auswahl dessen,<br />
was gesehen, gehört und bewertet wird,<br />
ein. Andere Signale schaffen es nicht<br />
durch die persönliche „Brille“.<br />
• Ebenso schränken Vorurteile, soziale<br />
Stereotypen und herrschende<br />
Meinungen, eigene Vermutungen die<br />
Bewertung ein. Beispiel: „Junge<br />
Menschen haben keine Lust auf<br />
Leistung.“<br />
• Jeder Mensch hat ein eigenes Wertesystem,<br />
das er gerne zum Vergleich<br />
heranzieht. Eigene Werte werden<br />
unreflektiert übernommen, unbewusste<br />
Übertragungen werden auf den<br />
Mitarbeiter projektiert.<br />
• Verzerrungen und Bewertungsfehler<br />
ergeben sich auch aus der Auswahl des<br />
Maßstabes. Welcher Beurteilungstyp ist<br />
der Vorgesetzte? Tendenz zur Milde<br />
oder Strenge, ebenso eine Tendenz zur<br />
Mitte als Ausgleich der Extremen.<br />
• Egoismen sind meist bewusste<br />
Verfälschungen, um für sich selbst<br />
Vorteile zu erlangen. Z. B. werden<br />
andere Personen besonders kritisch<br />
beurteilt (auch aus persönlicher<br />
Rache), damit man selbst besser da<br />
steht oder ein qualifizierter Bewerber<br />
nicht gefährlich werden kann.<br />
Teammitglieder werden zu gut<br />
bewertet, um ein positives Licht auf<br />
die eigenen Führungsqualitäten zu<br />
werfen oder weggelobt, damit ein<br />
Mitarbeiter befördert wird und das<br />
Team verlässt.<br />
Wie interpersonelle Einflüsse das Ergebnis<br />
verzerren<br />
• Bei interpersonellen Einflussfaktoren<br />
beeinträchtigen die Beziehungen der<br />
Personen die Bewertung. Ein Bereich<br />
ist Sympathie oder Antipathie - kann<br />
der Beurteilende den Mitarbeiter leiden<br />
oder nicht.<br />
• Beim Primacy-Effekt prägt der erste<br />
Eindruck die weitere Wahrnehmung,<br />
beim Recency-Effekt werden die<br />
kürzlich zurückliegenden Vorkommnisse<br />
stärker gewertet und es<br />
wird nicht der gesamte Zeitraum<br />
wahrgenommen.<br />
• Der Kontakt- oder Nähe Effekt kann<br />
zum Stolperstein werden, denn je mehr<br />
Kontakt besteht, desto größer ist die<br />
Auswirkung auf die Bewertung.<br />
• Beim Halo-Effekt – benannt nach dem<br />
englischen Wort „halo“ für Heiligenschein<br />
–überstrahlt eine Eigenschaft<br />
alle anderen und beeinflusst die<br />
Bewertung unverhältnismäßig.<br />
Eine nahezu unabhängige oder mäßig<br />
korrelierende Eigenschaft wird zusammenhängend<br />
wahrgenommen. z.B.<br />
einer eloquenten Mitarbeiterin wird<br />
eine hohe Durchsetzungsfähigkeit<br />
zugetraut.<br />
• Bei dem Andorra-Effekt handelt es<br />
sich um eine selbsterfüllende Prophezeiung,<br />
Mit der Bewertung passt man<br />
sich der Meinung anderer an, der<br />
Beurteiler erwartet eine bestimmte<br />
Rolle oder Eigenschaften, z.B.<br />
Branchenfremde können nie die<br />
Leistung von Fachleuten erreichen.<br />
• Beim Klebe-Effekt werden Veränderungen<br />
nicht wahrgenommen, eine<br />
einmal erfolgte Leistungseinschätzung<br />
bleibt am Mitarbeiter kleben.<br />
• Beim Reihenfolge-Effekt können<br />
fehlerhafte Einschätzungen dadurch<br />
entstehen, je nachdem mit wem die<br />
Mitarbeiter (in welcher Reihenfolge)<br />
verglichen werden. Besonders ist dies<br />
bei Bewerbereinschätzungen zu<br />
berücksichtigen. Häufig wird der erste<br />
Kandidat zum Benchmark oder bei<br />
drei schwachen Personen wird der am<br />
wenigsten Schwache gut bewertet.<br />
Wenn Führungskräfte ihre blinden Flecken kennen, begehen Sie weniger<br />
Beurteilungsfehler und Fehlentscheidungen. Sie reduzieren die nachteiligen Folgen<br />
für Mitarbeiter und für das gesamte Unternehmen. Gute Strategien sind:<br />
• Trennen Sie Beobachtung (was habe ich gesehen/gehört) und Bewertung (in Bezug auf<br />
vorher definierte Kriterien).<br />
• Führen Sie systematisch und kontinuierlich Mitarbeiterbeurteilungen durch, legen<br />
Sie Verfahren fest z.B. Beurteilungsbögen, Zeitpunkt und Häufigkeit, Personenkreis.<br />
• Gewichten Sie Kriterien in Bezug auf die betrieblichen Aufgaben bzw. Stelle.<br />
• Berücksichtigen Sie positive und negative Eigenschaften Erholsame gleichermaßen. Urlaubstage wünscht Ihnen<br />
• Nehmen Sie die Bewertungen und Aussagen über Ihre Mitarbeiter/innen regelmäßig Barbara Seidl<br />
und selbstkritisch unter die Lupe. Reflektieren Sie, aus welchem Grund Sie eine Person<br />
sympathisch oder unsympathisch einschätzen.<br />
/11/<strong>2019</strong><br />
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