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Textus - Szabó Lőrinc

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wenn einer nicht bezahlen kann.«<br />

»Walther, du zürnst ohne Grund:<br />

Du sollst hier bei mir bleiben.<br />

Bedenke doch, wieviel Ehre ich dir verschaffte<br />

und wie sehr ich deinen Wünschen nachkam,<br />

sooft du mich darum batest.<br />

Es tat mir herzlich leid, daß du so selten etwas wolltest.<br />

Bedenke: Du hast ein gutes Leben.<br />

Wenn du dich ganz von mir lossagst,<br />

so wirst du nie mehr glücklich sein.«<br />

»Frau Welt, ich bin zu lange an deiner Brust gelegen:<br />

Ich will mich entwöhnen, es wird Zeit.<br />

Deine Zärtlichkeiten haben mich beinahe hereingelegt,<br />

denn sie sind voller süßer Freuden.<br />

Als ich dir gerade ins Gesicht sah,<br />

da warst du in deiner Schönheit wirklich herrlich anzusehen.<br />

Doch als ich dich von hinten sah,<br />

waren die Scheußlichkeiten allzu viel,<br />

daß ich dich immer schelten werde.«<br />

»Da ich dich nicht umstimmen kann,<br />

so erfülle mir doch einen Wunsch:<br />

Denke an die vielen heiteren Tage,<br />

und schau doch manchmal her,<br />

jedenfalls, wenn du dich langweilst.«<br />

»Das täte ich überaus gerne, würde ich nicht deine Schliche fürchten,<br />

vor denen sich niemand schützen kann.<br />

Gott gebe Euch, edle Frau, eine gute Nacht:<br />

Ich will meine Ruhe finden.«<br />

[RICHARD SCHAEFFER]:<br />

Abschied von der Welt 131<br />

Walther:<br />

„Frau Welt, Ihr sollt dem Wirte sagen,<br />

daß ich ihn voll bezahlet habe.<br />

Die Rechnung ist längst abgetragen:<br />

sagt, daß er mich vom Schuldbrief schabe.<br />

Wer ihm was schuldet, mag wohl sorgen:<br />

eh ich ihm lange schuldig blieb, wollt ich bei einem Juden borgen.<br />

Er schweigt wohl eine Frist, doch dann<br />

nimmt er erbarmungslos ein Pfand, wenn man ihn nicht bezahlen kann.”<br />

Frau Welt:<br />

„Du zürnest, Walther, ohne Not;<br />

ach, bleibe länger noch bei mir!<br />

Denk, was ich dir an Freuden bot;<br />

stets ließ ich deinen Willen dir,<br />

wenn du von mir etwas erbatest.<br />

Nur war es mir von Herzen leid, daß du es nur so selten tatest.<br />

Besinne dich, hier lebst du gut,<br />

doch kündigst du den Dienst mit auf, dann wird dir nie mehr froh zumut!”<br />

Walther:<br />

„Frau Welt, ich hab zu lang gesogen,<br />

entwöhne mich won deiner Brust.<br />

Dein Liebesblick hat mich betrogen,<br />

weil er versprochen süße Lust.<br />

Als ich dir ins Gesicht gessehen,<br />

da tat mir deine Schönheit anzusschauen wohl, muß ich gestehen.<br />

Doch grauenvoll dein Anblick war,<br />

als ich von hinten dich erblickt: ich muß dich schmähen immerdar.”<br />

Frau Welt:<br />

„Da ich dich nicht bekehren mag,<br />

tu eines nur, was ich begehr:<br />

gedenk an manchen Sonnentag<br />

und schau beisweilen nach mir her,<br />

wird dir einmal die Zeit zu lange.”<br />

Walther:<br />

„Das tät ich auch von Herzen gern, doch macht mich deine Arglist bange,<br />

vor der sich nie ein Mensch bewahrt.<br />

Gott geb Euch gute Nacht, Frau Welt: zur letzten ruh geht meine Fahrt.”<br />

131 WvV.145,147<br />

132 WG.103<br />

133 Ms 4657/454.I.-II. (kézírás)<br />

[PETER WAPNEWSKI]: [SZABÓ LŐRINC]:<br />

16

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