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LEO Juli/August 2019

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30 POLITIK<br />

FOTO: SIMULATION: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

KOLUMNE VON FELIX MÜLLER<br />

Vom Radler-Streit und<br />

frühen „Farbenspielen“<br />

im Rathaus<br />

In seiner kommunalpolitischen<br />

Kolumne schreibt AZ-Lokalchef<br />

Felix Müller in dieser Ausgabe<br />

über den großen Radler-Streit im Glockenbachviertel,<br />

den OB-Kandidaten<br />

der Linkspartei, der aus der Community<br />

kommt – und über schwarzgrüne<br />

Partygänger-Allianzen.<br />

Der Streit um den Straßenraum im Viertel<br />

spitzt sich immer mehr zu. Trauer und Wut<br />

dominierten bei mehreren Kundgebungen<br />

an der Corneliusbrücke, nachdem dort im<br />

Mai ein elfjähriger Bub nach einem Unfall<br />

mit einem Lkw ums Leben gekommen war.<br />

Elternvertreter und Politiker forderten, diese<br />

– und viele andere gefährliche Kreuzungen<br />

– sicherer für Kinder und auch für erwachsene<br />

Radler zu machen.<br />

Im Rathaus gehört unterdessen die Frage,<br />

wie viel Platz künftig auf der Fraunhoferstraße<br />

den Radlern gegönnt sein soll,<br />

zu den am heißesten diskutierten. Eine<br />

Bürgerversammlung hat gefordert, alle (!)<br />

Parkplätze auf der Straße abzuschaffen, die<br />

Stadtverwaltung zeigte sich kritisch. Doch<br />

der Stadtrat hat inzwischen entschieden:<br />

Die 120 Parkplätze kommen tatsächlich<br />

weg, dafür gibt es mehr Platz für Radler und<br />

Fußgänger.<br />

Simulation<br />

Die Diskussion aber ist noch lange nicht<br />

zu Ende. Tage nach der Entscheidung<br />

besuchte CSU-Bürgermeister Manuel<br />

Pretzl die alteingesessenen Geschäftsleute<br />

an der Straße. Von denen befürchten viele<br />

Umsatz-Einbußen, weil alte Stammkunden<br />

wegfallen, wenn sie nicht mehr so einfach<br />

mit dem Auto kommen können. Das nächste<br />

Parkhaus sei das an der Schrannenhalle,<br />

klagte Martin Kilian vom gleichnamigen<br />

Traditions-Schlüsseldienst in der AZ, „aber<br />

das ist so extrem teuer, das kann man den<br />

Kunden fast nicht empfehlen“. Und nicht<br />

nur Kundenparkplätze, auch Anlieferzonen<br />

seien wichtig. Eine zeitliche Beschränkung<br />

dabei, wie etwa in der Kaufingerstraße,<br />

bringe aber nichts. Die Anlieferungen ließen<br />

sich nicht auf solche Zeitfenster beschränken.<br />

Die CSU griff die „autofeindliche Verkehrspolitik“<br />

der Stadtrats-Mehrheit an.<br />

Grüne und SPD hingegen sehen die Fraunhoferstraße<br />

erst als den Anfang einer großen<br />

Verkehrswende. Den Autos soll mehr<br />

Platz genommen werden – für Fußgänger,<br />

Radler. Und auch Gastronomie? Gerade im<br />

Glockenbach, wo viel über zu viel Partyvolk<br />

geklagt wird, schwingt diese Sorge mit.<br />

Unterdessen hat die Linkspartei selbstbewusst<br />

einen eigenen OB-Kandidaten gekürt.<br />

Und der kommt aus der Community: Thomas<br />

Lechner. Die führenden beiden Münchner<br />

Linken-Politiker, Nicole Gohlke und Ates<br />

Gürpinar, hatten den Plan, mit Lechner<br />

anzutreten, in der AZ öffentlich gemacht.<br />

Man wolle die Protestbewegungen von der<br />

Straße ins Rathaus holen, sagte Gürpinar.<br />

Lechner, der einst auch für die Rosa Liste<br />

Politik gemacht hat, hatte bei der Organisation<br />

der Großdemos 2018 eine prägende<br />

Rolle gespielt. „Niemand steht für diese<br />

Bewegungen so sehr wie Thomas Lechner“,<br />

sagt Gürpinar. Nicole Gohlke betonte, wie<br />

aktiv Lechner auch in der queeren Szene<br />

seit vielen Jahren sei. „Und er ist einer, der<br />

Brücken bauen kann – von der katholischen<br />

Kirche bis zur radikalen Linken.“<br />

Gohlke und Gürpinar kokettieren schon<br />

mit einem möglichen Bündnis mit SPD und<br />

Grünen im Rathaus. Überhaupt werden frühe<br />

Farbenspiele die nächsten Monate prägen.<br />

Die Münchner Kommunalpolitik blickt in<br />

Richtung Wahl 2020. Schwarz-Rot weicht<br />

im Rathaus-Alltag schon immer mehr auf.<br />

So haben CSU und Grüne in diesen Wochen<br />

eine unübliche Party-Allianz geschmiedet. In<br />

der Verkehrspolitik, wo sie sich sonst spinnefeind<br />

sind, forderten sie in einem gemeinsamen<br />

Antrag, Münchens U-Bahnen endlich<br />

nachts durchfahren zu lassen – zumindest<br />

von Donnerstag bis Sonntag.<br />

FOTO: PRIVAT

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