LEO Juli/August 2019
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10 SZENE<br />
35 JAHRE MÜNCHNER AIDS-HILFE E. V.<br />
WIR LEBEN VIELFALT<br />
Sie ist die älteste regionale<br />
Aids-Hilfe Deutschlands, eine<br />
Institution im Gefüge der städtischen<br />
Sozialträger und natürlich<br />
ein fester Bestandteil der Münchner<br />
LGBTIQ*-Community. Die Münchner<br />
Aids-Hilfe feiert ihr 35-jähriges<br />
Bestehen.<br />
Noch immer werden HIV-Positive von<br />
Nachbarn gemobbt, von Familienmitgliedern<br />
gemieden, von Arbeitgebern abgelehnt,<br />
von Ärzten abgewiesen. Fast schon<br />
Alltag bei der Münchner Aids-Hilfe – und<br />
Meldungen, die deren Mitarbeiter schier<br />
verzweifeln lassen, denn medizinisch hat<br />
man die Krankheit seit Jahren im Griff: Wer<br />
sich heute mit HIV infiziert, kann auf ein<br />
langes Leben mit wenig Einschränkungen<br />
hoffen. Ansteckend ist niemand, der von<br />
seiner Infektion weiß und entsprechend<br />
behandelt wird. So weit die gute Nachricht.<br />
Die schlechte: Noch immer sind die Bilder<br />
vom „alten“ Aids in den Köpfen, noch immer<br />
sind irrationale Ängste und fast schon<br />
panische Reaktionen auf HIV-Positive an<br />
der Tagesordnung. Daher steht der Einsatz<br />
für Betroffene, inklusive eines geradezu<br />
windmühlenhaften Kampfs gegen Vorurteile<br />
und Diskriminierung, bei der Münchner<br />
Aids-Hilfe an erster Stelle – und das<br />
seit 35 Jahren.<br />
Ansonsten hat sich aber viel verändert,<br />
seitdem sich im Januar 1984 eine Gruppe<br />
schwuler Männer im Saal des Münchner<br />
Vollmarhauses (heute Oberangertheater)<br />
getroffen hatte, um die erste regionale<br />
Aids-Hilfe der Republik zu gründen. Viel<br />
wusste man damals nicht von dieser<br />
„Schwulenkrankheit“, aber der Schrecken<br />
über die tödliche Gefahr und das Leid der<br />
Betroffenen saß allen gehörig im Nacken.<br />
Vier Jahrzehnte nach seiner Entdeckung<br />
ist das HI-Virus noch immer nicht besiegt.<br />
Aber es hat, zumindest hierzulande, dank<br />
enormer medizinischer Anstrengungen<br />
seinen Schrecken verloren. Mit dem<br />
medizinischen Fortschritt wandelte sich<br />
auch das Gesicht der Münchner Aids-Hilfe.<br />
Noch immer steht HIV an erster Stelle,<br />
doch mittlerweile ist die MüAH ein breit<br />
aufgestelltes Gesundheitsunternehmen<br />
mit knapp sechzig Angestellten und einem<br />
Jahresetat von drei Millionen Euro. Der<br />
wird breit gestreut, denn in diesem Haus<br />
hat man sich eine umfangreiche Expertise<br />
erworben, vor allem im LGBTIQ*-Bereich:<br />
Hier gibt es Wohnen und Betreuung für<br />
Lesben, Schwule, trans* und inter Menschen,<br />
das Projekt rosaAlter kümmert<br />
sich um Seniorinnen und Senioren aus der<br />
Community, das Tagungszentrum sowie<br />
das Café Regenbogen sind nicht nur Ausbildungsstellen,<br />
sondern bieten Chancen<br />
für Langzeitarbeitslose und Menschen, die<br />
in den ersten Arbeitsmarkt zurückgeführt<br />
werden sollen. Nicht zuletzt: Mit der Trans*<br />
Inter* Beratungsstelle ist Bayerns einzige<br />
städtische Beratungs- und Vernetzungsstelle<br />
ihrer Art unter dem Dach der MüAH<br />
untergebracht. Kein Wunder, dass die<br />
Münchner Aids-Hilfe unter anderem mit<br />
dem Slogan „Wir leben Vielfalt“ wirbt. Auf<br />
ihre lange Geschichte kann sie mit Stolz<br />
zurückblicken, für die Zukunft wird sie sich<br />
den Umständen weiter anpassen müssen.<br />
Nur wenn es gelingt, das Vielfaltsmodell<br />
langfristig erfolgreich umzusetzen, wird sie<br />
als Institution dieser Größe weiter bestehen<br />
können. An den Weichenstellungen<br />
dafür arbeiten Mitarbeiter und Mitarbeite-