LEO Juli/August 2019
- No tags were found...
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
darauf also verzichten kann, freuen wir uns<br />
immer. Außerdem hätten Penisse vielleicht<br />
auch zu sehr abgelenkt von der eigentlichen<br />
Schönheit der Geschichte. Sicherlich<br />
werden sich einige „Messer im Herz“ in der<br />
Hoffnung auf heiße Sexszenen anschauen.<br />
Doch ich hoffe, diese Zuschauer sind dann<br />
am Ende nicht enttäuscht, sondern verzaubert<br />
von der Zärtlichkeit und den tiefen<br />
Gefühlen, die sie stattdessen entdecken.<br />
Waren Sie eigentlich ein Fan von dem<br />
platinblonden Seventies-Look, der<br />
Ihnen für den Film verpasst wurde?<br />
Das können Sie laut sagen. Mein Vorbild,<br />
was Haare und Make-up angeht, war<br />
Debbie Harry, die ich immer schon<br />
großartig fand!<br />
Auch musikalisch?<br />
Klar. Überhaupt sind die Siebzigerjahre für<br />
mich das tollste Jahrzehnt, was die Musik<br />
angeht. Zusammen mit den Sechzigern. Ich<br />
liebe auch Jazz, aber was mich selbst als<br />
Sängerin und Musikerin immer schon am<br />
meisten beeinflusst hat, waren die Siebziger.<br />
Auch wenn man das vielleicht nicht<br />
allen meinen Songs auf Anhieb anhört.<br />
Erst vor einem halben Jahr ist Ihr<br />
neustes Album „Les Sources“ erschienen,<br />
nun ist „Messer im Herz“<br />
nach „Das Familienfoto“ bereits Ihr<br />
zweiter Kinofilm in diesem Jahr. Sind<br />
die Schauspielerei und die Musik für<br />
Sie gleichermaßen wichtig?<br />
Hmmm ... Fast gleichermaßen, würde ich<br />
sagen. Musik ist für mich wie die Luft<br />
zum Atmen. Ohne sie könnte ich nicht<br />
leben, glaube ich. Ganz so weit würde ich<br />
bei der Schauspielerei nicht gehen. Was<br />
aber nicht heißt, dass ich freiwillig darauf<br />
verzichten würde.<br />
Vor rund zwei Jahren erschütterte<br />
#MeToo nicht nur, aber vor allem<br />
die Filmbranche, seither scheint<br />
sich einiges zu verändern, wie mit<br />
Themen wie sexuellem Missbrauch<br />
und Belästigung, aber auch allgemein<br />
Gleichberechtigung und Diskriminierung<br />
umgegangen wird. Wie erleben<br />
Sie diese Entwicklung?<br />
All die Dinge, die seit 2017 an die Öffentlichkeit<br />
gekommen sind und zum Thema<br />
wurden, betreffen uns<br />
alle und gehen uns<br />
alle an. Niemand kann<br />
sagen, er habe damit<br />
nichts zu tun. Und ich<br />
finde es gut und wichtig,<br />
dass wir über all<br />
diese Dinge öffentlich<br />
sprechen, denn das<br />
ist bereits der erste<br />
Schritt zur Lösung<br />
eines Problems. Wir<br />
erleben gerade, wie<br />
Frauen mehr denn<br />
je eine Stimme<br />
bekommen und sich<br />
nicht nur unsere<br />
Branche, sondern die<br />
Gesellschaft allgemein<br />
dahingehend verändert, dass wir vielleicht<br />
den Platz bekommen, der uns zusteht. Das<br />
alles geschieht ziemlich langsam, keine Frage,<br />
denn unsere Welt ist ein Dinosaurier, der<br />
sich nicht gerade schnell bewegt. Aber ich<br />
blicke sehr positiv auf alles, was da gerade<br />
passiert.<br />
Haben Sie selbst als Frau an Filmsets<br />
häufig schlechte Erfahrungen<br />
gemacht?<br />
Im Leben allgemein sicherlich, wie wohl jede<br />
Frau. In der Arbeit hatte ich aber eigentlich<br />
FILM<br />
immer viel Glück. Ich war fast immer von<br />
sehr netten Menschen umgeben, die mich<br />
sehr anständig behandelt haben. In der<br />
Musikbranche übrigens genauso.<br />
Ihre Tochter Lily-Rose Depp ist<br />
inzwischen zwanzig Jahre alt und<br />
auch schon als Schauspielerin und<br />
Model erfolgreich. Erkennen Sie, die<br />
auch sehr jung durchstartete, sich<br />
in ihr wieder?<br />
Ich glaube, diese neue<br />
Generation ist ganz anders,<br />
als wir damals waren.<br />
Allein schon durch all die<br />
technischen Möglichkeiten,<br />
mit denen diese Kids<br />
aufwachsen, entwickeln<br />
sie ganz andere Persönlichkeiten<br />
als wir früher.<br />
Außerdem kommt im Fall<br />
meiner Kinder dazu, dass<br />
sie in den USA zur Schule<br />
gegangen sind, und die<br />
Privatschulen dort ermutigen<br />
die Schüler sehr,<br />
eigene starke Persönlichkeiten<br />
zu entwickeln. Das<br />
ist nicht vergleichbar mit<br />
dem rigiden Bildungssystem<br />
in Frankreich. Selbstbewusstsein<br />
wird in Amerika sehr gefördert, das hat mir<br />
immer gut gefallen. Ich selbst brauchte<br />
damals viel länger, um herauszufinden, wer<br />
ich bin und was ich will. Deswegen freue<br />
ich mich umso mehr zu sehen, was für ein<br />
kluges, tolles und starkes Mädchen meine<br />
Tochter ist.<br />
*Interview: Jonathan Fink<br />
„Messer im Herz“,Kinostart: 18. <strong>Juli</strong>,<br />
salzgeber.de